"Nicht zielführend": Das halten NW-Leser von Pit Clausens Verkehrsplänen

Bielefeld. Der jüngste Appell von Oberbürgermeister Pit Clausen, sich für die Verkehrswende zu engagieren und die Halbierung des Autoverkehrs in Bielefeld zu erwirken, ist vielen Bielefeldern zu einseitig gedacht. Die Argumentation der Stadt den Radverkehr zu fördern, um den Autoverkehr zu reduzieren, scheint einen ganz wichtiger Aspekt auszulassen. Mehrere Leser reagierten darauf: &bdquo;Die Konzentration nur auf den Rad- und Fußverkehr ist zu einseitig und daher nicht zielführend", schreibt Bernd Rüdiger Maskos. &bdquo;In einer Flächenstadt wie Bielefeld ist der Öffentliche Personennahverkehr der entscheidende Faktor zur Verkehrswende." Wenn der ÖPNV nicht durch mehr &bdquo;Park+Ride"-Angebote, günstigere oder kostenlose Tickets, kürzere Taktzeiten und Schnellbahnen ausgeweitet wird, sei die Bielefelder Verkehrswende zum Scheitern verurteilt. Aktuell seien Bus und Stadtbahn zu teuer und zu umständlich. "Pit Clausen vergisst bewusst den ÖPNV" Der FDP-Ratsherr Rainer Seifert hält den Ansatz der Stadt &bdquo;für falsch oder für viel zu einseitig". Als Lösung und auch als Ziel nenne der Oberbürgermeister immer wieder und ausschließlich den Ausbau des Rad- und Fußverkehrs, damit der Autoverkehr von 50 auf 25 Prozent sinkt. &bdquo;Pit Clausen vergisst oder ignoriert aber bewusst bei dieser Rechnung den ÖPNV, aber auch klimaschonendes Fahren, intelligente Mobilitätssysteme, klimafreundliche Kraftstoffe, neue Technologien und vieles mehr. Zum Thema: So soll das Stadtbahnnetz ab 2022 weiter ausgebaut werden Wer diese Wege vergisst, betreibe Symbolpolitik, so Seifert, &bdquo;bei der viel zu oft das Ziel mit dem Weg verwechselt wird." Das Ziel sei Klimaschonung. Die Wege dahin seien die Förderung klimaschonender Mobilitätssysteme – dazu gehören ÖPNV und das Fahrrad. Die Radverkehrsförderung allein als das Ziel auszurufen, sei falsch: &bdquo;Das ist ein Weg, ein Weg von vielen, nicht aber das Ziel." "18 Euro für eine vierköpfige Familie ist zu viel" Auch Leser Wolfgang Pollhans schreibt, dass man ohne Stärkung des ÖPNV nicht zum Ziel komme: &bdquo;Um Ihr Ziel zu erreichen ist es zwingend notwendig, den ÖPNV auszuweiten und – ganz wichtig –, er muss preiswerter oder sogar ganz kostenlos sein." Eine vierköpfige Familie bezahlt laut Pollhans für Bus und Stadtbahn 9 Euro für die Hinfahrt und 9 Euro, um zurückzukommen. &bdquo;Das kann sich kaum eine Familie erlauben, zumal die Tageskarte im Parkhaus ab 4 Euro zu haben ist. So wird das nichts mit der Verkehrswende." Wer eine Halbierung des Autoverkehrs anstrebe, der müsse den Bürgern auch entgegenkommen. Sein Vorschlag: Der Ausbau von &bdquo;P+R" und ein Tagesticket für maximal fünf Personen zum Preis einer Tageskarte im Parkhaus. &bdquo;Wenn Sie diesen Weg gehen, haben Sie Erfolg, und das schneller, als Sie denken. Mut zur Wende Herr OB." "Fehlende Kompromissbereitschaft in der Altstadt" Leser Maskos hat für den Oberbürgermeister in Sachen Altstadt noch einen weiteren Vorschlag: Man könne die Halbierung des Verkehrs auch erreichen, &bdquo;indem die Stadt die Shopping-Kunden aus der Altstadt vertreibt. Aber ob die Folgen auch so gewollt sind?" Er fordert, die Planer sollten &bdquo;mehr Kompromissbereitschaft zeigen und nicht nach Gutsherrenart vorgehen". Manchmal sei es besser 90 Prozent des Ziels zu erreichen und die Menschen mitzunehmen, als 100 Prozent zu wollen, viel Streit und Kritik zu ernten, und die Mehrheit der Menschen zieht nicht mit. &bdquo;Die fehlende Kompromissbereitschaft zeigt sich insbesondere an der Sperrung des Waldhofs. Wäre der vorgeschlagene Kompromiss, Fahrradstraße und Erlaubnis für den Autoverkehr angenommen worden, wäre der Verkehrsversuch nicht so in die Kritik geraten." Manchmal sei es besser, auf die Vernunft und nicht auf die Grünen zu hören, so Maskos. Thomas Schwade gibt zu bedenken, dass Rad- und Fußverkehr angesichts der Beschleunigung der Fahrräder kaum mehr gemeinsam zu denken sei. Während der innerstädtische Autoverkehr tendenziell in Richtung Tempo 30 abgebremst wird, tendierten die E-Bikes von unten gegen dieselbe Marke. &bdquo;Welchen Sinn hat es da, den Fußverkehr mit 3 bis 4 km/h in denselben Topf wie den Radverkehr zu werfen?" Das schlimmste Beispiel dafür sei die neue Radrennstrecke entlang der Stadtbahnlinie in Sieker, die sich Radfahrer mit 20 bis 25 km/h mit Kinderwagen und Rollatoren teilen sollen. &bdquo;Das kann niemals aufgehen." Auch Lob und Bestärkung für den Oberbürgermeister Doch es gibt nicht nur Kritik für Pit Clausen und seine Stadtverwaltung: Wieland Fingberg kritisiert die konservativen Politiker, weil sie nicht bereit seien, weltweite Notlagen wie Nord-Süd-Konflikt, Arm-Reich-Problematik, Rüstung und natürlich die desolate Klimasituation nachhaltig in den Blick zu nehmen. &bdquo;Diese ’weiter so’-Politik ist obsolet." Deshalb bittet er, Pit Clausen, weiterzumachen. &bdquo;Lassen Sie sich nicht abbringen vom eingeschlagenen Kurs. Wir müssen bereit sein für schmerzhafte Einschnitte." So könnten mit einem Zwei-Euro-Preis für einen Liter Benzin weitere Radschnellwege und Preisnachlässe im ÖPNV finanziert werden. &bdquo;Wie wär’s mit kostenlosem Nahverkehr zwischen 10 und 15 Uhr?" Er plädiere für den weiteren Rückbau von vierspurigen Straßen. Allerdings warnt er vor dem millionenschweren Fahrradparkhaus. &bdquo;Das könnte ein Rohrkrepierer werden. Wir brauchen hunderte von Metallbügeln zum Anketten der Fahrräder." Zum Thema: Kommentar: Klima-Appell des Bielefelder Oberbürgermeisters reicht nicht aus

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