Lockdown wird verlängert: 500 Bielefelder Betriebe vor dem Aus

Bielefeld. Der bundesweite Corona-Lockdown wird verlängert – voraussichtlich bis zum 7. März. Das hat Folgen für alle. Auch für den Bielefelder Einzelhandel. &bdquo;Seit drei Monaten sind mehr als 40 Prozent der Geschäfte geschlossen", sagt Thomas Kunz, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Ostwestfalen-Lippe. &bdquo;Wir müssen davon ausgehen, dass 500 Betriebe in Bielefeld in ihrer Existenz gefährdet sind. Das ist dramatisch, vor allem weil überhaupt keine Perspektiven aufgezeigt werden." Christian Wolf betreibt seit 2013 ein Musikgeschäft in Bielefeld Schildesche. &bdquo;Während der Einzelhandel trotz sicherer Lösungen weiterhin geschlossen bleiben muss, kanalisiert die Regierung den Kundenstrom auf die geöffneten Supermärkte", schreibt der Bielefelder in einer Email an die NW. &bdquo;Die vorgeschriebenen 20 Quadratmeter pro Kunde werden nirgends eingehalten und eine Entschärfung der Eingangs- und Kassenbereiche, sowie durch eine Einbahnstraßenregelung in den Gängen findet kaum statt." In seinem eigenen Geschäft hingegen sei es kein Problem, diese Standards zu erfüllen. Wolf verkauft quasi alles, was mit Musik zu tun hat: von der Blockflöte, übers Saxofon bis zur Lichtanlage. Mehr Infografiken finden Sie bei Statista "Lockdown mit dem Dampfhammer" &bdquo;Dieser Lockdown wird mit dem Dampfhammer umgesetzt, ohne zu fragen, wo denn was möglich, ist, da fehlt mir die Kreativität", sagt Wolf. Dass die Friseure als einzige schon ab 1. März wieder öffnen sollen, mache die Sache nicht besser. Sein Laden umfasst eine Fläche von 350 Quadratmetern – der gesamte Bereich befindet sich auf einer Ebene. Genug Platz, so Wolf, dass sich die Kunden weitläufig im Geschäft verteilen könnten. &bdquo;Wenn ich mal drei Kunden gleichzeitig im Haus habe, ist das eher der Standard. &bdquo;Dann steht der eine bei den Blasinstrumenten, der andere bei den Gitarren, dazwischen sind 50 Meter Abstand." In der Corona-Schutzverordnung des Landes NRW heißt es für &bdquo;Verkaufsstellen mit gemischtem Sortiment", das auch Lebensmittel und Getränke umfasst: &bdquo;Bilden diese Waren den Schwerpunkt des Sortiments, ist der Betrieb der Verkaufsstelle insgesamt zulässig, anderenfalls ist nur der Verkauf dieser Waren zulässig." Unter Umständen dürfen diese Läden – meist größere Ketten und Supermärkte – also auch Waren verkaufen, die nicht dem täglichen Bedarf dienen und die normalerweise in Fachgeschäften angeboten würden. Die wiederum müssen geschlossen bleiben. &bdquo;Der Mittelstand stirbt dahin", sagt Henner Zimmat von der Kaufmannschaft Altstadt Bielefeld. Wenn die verbliebene Ware über Ebay verkauft wird &bdquo;Weiter aktiv bleiben, erreichbar sein, Verkauf über Soziale Medien und Click-and-Collect-Angebote übers Internet", damit versuchten die Händler durch die Krise zu kommen, sagt Zimmat. Für die einen geht das ganz gut – manche Einzelhändler verzeichnen im Lockdown sogar ein Plus, doch dazu gehörten die Läden in der Bielefelder Innenstadt eher nicht, sagt Kunz vom Handelsverband. Besonders betroffen sei laut Zimmat die Textilbranche: &bdquo;Die Frühjahrsware kommt jetzt in die Läden, die Winterware wurde kaum verkauft, dann steht schon die Bestellung der Herbstkollektion an. Da stellt sich die Frage: Bestelle ich neue Ware oder verkaufe ich erst mal die von der letzten Saison?" Auch für Christian Wolf ist traditionell die Weihnachtszeit die umsatzstärkste Zeit im Jahr. Entsprechend hatte er vorgesorgt, dann kam Mitte Dezember der Lockdown. &bdquo;Jetzt bin ich bemüht, Sachen über Ebay zu verkaufen, ich habe viel telefoniert und Waren verschickt", berichtet er. &bdquo;Ich habe einige sehr liebe Kunden, die teilweise nicht mehr in Bielefeld leben, die sich aber darauf besinnen: ich habe jetzt Zeit, Musik machen. Die haben bewusst bei mir bestellt, anstatt irgendwo im Internet einzukaufen." Mehr Infografiken finden Sie bei Statista 250 Millionen Umsatzverluste Denn tatsächlich setzt sich im Lockdown ein Trend in verschärfter Form fort, der schon vorher begonnen hat: Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes wuchs der Umsatz des Einzelhandels in Deutschland 2020 zwischen 3,9 Prozent und 4,3 Prozent. Allerdings erzielte das größte Umsatzplus mit 23,4 Prozent der Internet- und Versandhandel. Deutlich unter Vorjahresniveau dagegen schnitt der Handel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren ab – er büßte von Januar bis November 21,5 Prozent des Umsatzes ein. &bdquo;Der Einzelhandel in Bielefeld hätte 2,3 Milliarden Umsatz im Jahr machen sollen", sagt Kunz. &bdquo;Wir erwarten bis März Umsatzverluste von 250 Millionen Euro seit der Schließung im Dezember." Besonders zu schaffen mache den Händlern die Unsicherheit, so Zimmat. Sei es das Warten auf die versprochenen Corona-Hilfen, sei es die Frage, ob man noch mit dem Verkauf seiner Winterware zum Jahresbeginn rechnen darf: &bdquo;Wir brauchen klare Prognosen, damit wir Planungssicherheit haben."

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