Bielefelder erschüttert: "Meine Heimat verschwindet unter Gebäuden und Asphalt"

Bielefeld. Zwischen den Firmen Tuxhorn und Klocke an der Senner Straße, nach hinten Richtung Nordfeldweg, erstrecken sich bislang nur Acker und Grünland, mittendrin Baumstreifen, Hecken und die alte Hofstelle Steinkröger. Vorn an der Senner Straße stehen zwei Privathäuser. "Eine der letzten intakten Flächen für Tiere, Pflanzen und Bäume", meint ein Anwohner. Durch die umliegenden Unternehmen und das Neubaugebiet Breipohls Hof sei der Raum für die Natur hier immer kleiner geworden. Nun befürchtet er weiteren Flächenverbrauch. Denn die Bielefelder Beteiligungs- und Vermögensverwaltung (BBVG) hat dort vor einem Jahr ein über acht Hektar großes Areal gekauft. Der Senner, der ungenannt bleiben möchte, befürchtet, dass ein großes Stück seiner ländlichen Heimat unwiederbringlich unter Gebäuden und Asphalt verschwindet - inklusive Flora und Fauna. Deshalb hat er sich an die BBVG mit der Bitte gewandt, bei der Gebietsentwicklung, so sie denn nicht zu verhindern sei, zumindest einige Punkte zu beachten: Die Hofstelle, Windschutzwald und alte Eichen sowie die Feuchtwiese am Hof sollten erhalten bleiben, ebenso wie die Baumreihen und die hohen Hecken auf der Fläche. Das neue Gewerbegebiet sollte mit Grünzügen aufgelockert, die Anwohner sollten in die Planung eingebunden und gegen Lärm und Immissionen durch entsprechende Auflagen geschützt werden. Der Anwohner, der von der BBVG für sein rund 2.000 Quadratmeter großes Grundstück ebenfalls ein Kaufangebot erhalten hat, hätte sich auch vorstellen können, sein Land gegen die - größere - Hofstelle zu tauschen und diese inklusive Bäume und Feuchtwiese zu erhalten. Das allerdings sei von der BBVG abgelehnt worden. Ein Erwerb des Hofs wiederum könne er sich nicht leisten. Nun will er zunächst die Parteien in Senne sowie die Bezirksvertretung um Unterstützung bitten. Anfragen bei der Verwaltung hätten bislang zu nichts geführt. Die nun erworbenen acht Hektar gehören zum Gewerbegebiet Senner Straße, das seit 2004 im Flächennutzungsplan als Gewerbefläche eingetragen sei, erklärt Andree Schmidt von der BBVG auf Anfrage. 2008 sei dort ein Bebauungsplan für die Erweiterung der Firma Tuxhorn aufgestellt worden, beschlossen von der Senner Bezirksvertretung. Damals sei auch das Gesamtareal betrachtet worden. "Wir wollen die Fläche gewerblich entwickeln", unterstreicht Schmidt, und: "Wir stehen in den Startlöchern." Interessierte Unternehmen gebe es bereits. Doch bis dort eines zum Zuge kommt und bauen darf, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Denn zunächst muss das gesamte Bauleitverfahren abgewickelt werden. Gutachten - Lärm, Schall, Umwelt - müssen erstellt, die Politik muss beteiligt werden. Und so kurz nach der Kommunalwahl ist noch alles im Fluss, die neue Bezirksvertretung muss sich erst einmal konstituieren. Solange sollen die Ackerflächen auf dem Areal noch landwirtschaftlich genutzt werden. Die Hofgebäude seien vermietet oder verpachtet, erläutert Schmidt weiter. Sie ständen jedoch nicht unter Denkmalschutz und seien "von ihrer Substanz her" nicht erhaltenswert. Was von den Bäumen rund um den Hof schützenswert sei, werde gutachterlich geprüft. Gleiches gelte für die Feuchtwiese. "Wir werden kein Biotop zerstören", betont Schmidt. Auch was mit der am südlichen Rand des verkauften Grundstücks verlaufenden dichten Wallhecke geschieht, ist noch völlig offen. "Höchstwahrscheinlich werden wir da nicht eingreifen." Schmidt weist darauf hin, dass überall in der Stadt Gewerbeflächen fehlten - auch in Senne. Zahlreiche Bielefelder Firmen suchten händeringend nach Bebauungsmöglichkeiten. Die ersten Interessenten hätten "über drei Ecken" von dem neuen Gewerbegebiet im Bielefelder Süden gehört. Aber, so Schmidt: "In absehbarer Zeit wird sich hier nichts tun."

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