
Berlin/Münster (epd). Politaktivisten haben aus Protest gegen die EU-Flüchtlingspolitik bundesweit aus Kirchen zwei der heiligen drei Könige von den dortigen Weihnachtskrippen entfernt. Betroffen seien Kirchenkrippen in Berlin, Bielefeld, Darmstadt, Frankfurt, Freiburg, Köln und Münster, wie ein Sprecher der Aktivisten, die sich als „Künstlerkollektiv" bezeichnen, erläuterte.
In Nordrhein-Westfalen sind seinen Angaben nach insgesamt zwölf überwiegend katholische Kirchen betroffen. In Bielefeld fehlten die Figuren der Krippe nicht wie ursprünglich angegeben in der evangelischen Versöhnungsgemeinde, sondern in der katholischen Gemeinde St. Jodokus in Bielefeld-Mitte. Die Stadt sei wie alle anderen ausgewählt worden, "weil es hier Leute gab, die unsere Aktion mittragen wollten", sagte der Sprecher.
Aufgrund zahlreicher Beschwerden seien allerdings die Figuren bereits am Sonntag wieder dorthin zurückgebracht worden, erklärte der Sprecher des Kollektivs. Die Beschwerden stammen nach Informationen von nw.de aus der Gemeinde selbst.
Das bestätigte Norbert Nacke, Dechant des Dekanats Bielefeld-Lippe. Er habe den Aktivisten geschrieben, die Aktion erfülle den Tatbestand des Diebstahls und Hausfriedensbruchs. Gegen ihr Anliegen sei nichts einzuwenden, betont er, und in St. Jodokus sei man "durchaus auch für experimentelle Kunst zu haben". Aber die Entwendung sei "in keiner Weise vorher abgestimmt" gewesen.
Die Figuren waren am Samstag aus den Kirchen entfernt worden und seien - mit Ausnahme von denen aus Bielefeld - derzeit an einem sicheren Ort aufbewahrt, hieß es.
Aktion soll auf humanitäre Notlage in Flüchtlingslagern aufmerksam
Mit der Aktion „ausgeGRENZT - Dreikönige vor den Toren Europas" vor dem Dreikönigstag am 6. Januar solle auf die gravierende humanitäre Notlage in den Flüchtlingslagern an den europäischen Außengrenzen aufmerksam gemacht werden, heißt es. Zudem gehe es um die „menschenunwürdige Unterbringung" von Flüchtlingen in Ankerzentren in Deutschland. Am Dreikönigstag feiern die Christen weltweit die Ankunft der heiligen drei Könige bei dem Jesuskind im Stall von Bethlehem.
Die EU-Abschottungspolitik habe verhindert, dass die beiden Könige das neugeborene Flüchtlingskind Jesus von Nazareth begrüßen können, erklärte das Kollektiv. Ein König sitze im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos fest. Die Situation dort sei eine humanitäre Katastrophe, die Menschen hungerten und seien kaum vor Kälte und Regen geschützt. Die Aktion solle „aufrütteln und das Thema Lagerunterbringung neu in die gesellschaftliche Diskussion einbringen".
Auf Twitter veröffentlichte das Künstlerkollektiv ein Foto, dass das Krippenbild in Bielefeld mit und ohne die entfernten Figuren zeigen soll. Norbert Nacke sagte allerdings, dass es sich bei den abgebildeten nicht um die korrekten Figuren handele:
Die Kirchengemeinden seien vorab nicht über die Aktion benachrichtigt worden, bestätigte der Sprecher. Es sei um den Überraschungseffekt gegangen. Auch habe man den Gemeinden nicht die Verantwortung für die Entfernung der Figuren aufbürden wollen. Nacke findet das "unfair". Die Gruppe habe sich selbst disqualifiziert, ihr eine Plattform zu geben. Ihr Vorgehen sei "nicht geeignet, der Gruppe zu vertrauen.
Weitgehend sei die Aktion in den Gemeinden auf Verständnis gestoßen. Der Berliner Pfarrer Lukas Pellio sagte dem RBB: "Die Aktion trifft bei uns natürlich auf offene Türen." Auch das ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche zeigte Verständnis für die Aktion:
Es gebe aber auch kritische Reaktionen, sagte der Sprecher des Künstlerkollektivs. Ab dem 7. Januar würden die fehlenden Krippenfiguren wieder in die Kirchen zurückgebracht. Diese Nachricht stehe auch auf Schreiben, die das Kollektiv in den Kirchen hinterlassen hat.
Betroffen sind nach Angaben des Kollektivs neben Bielefeld in Münster St. Clemens, St. Mauritz, St. Michael, St. Stephanus, St. Petronilla, St. Konrad, die Heilig-Geist-Kirche und die Dyckburg-Kirche. Die drei betroffenen Kirchen in Köln sind St. Pankratius, Christi Auferstehung und das Jugendpastoralzentrum Crux.
Mit Material von epd.