Schäden durch Mufflons? Dieser Fachmann widerspricht Bielefelds Waldbesitzern

Bielefeld. Die Mufflons sieht er oft. Er kennt sie. Walther Baumann fütterte 1962 die gerade ausgewilderten Tiere noch aus der Hand, wurde mit ihnen groß, wohnt am Rande des Klasingschen Waldes. Er könnte locker als Bielefelds &bdquo;Mister Mufflon" durchgehen. Denn: Er hat die Herde nicht nur über gut 57 Jahre begleitet, nein, er gehört auch zu den Gründern der Mufflonpetitionen – 2013 stellten sich 20.000 Menschen hinter die Wildschafe, 2019 mehr als 80.000. Mit der Klasingschen Familienstiftung, die die Herde loswerden will, hatte er lange keine Probleme, seit 20 Jahren aber umso mehr. Er erinnert sich: &bdquo;Ich war elf, als der für die Klasings arbeitende Förster Lothar Kraak die Mufflons auswilderte. Damit die Tiere blieben, stand in einem Tal unterhalb der Hünenburg eine Futterkrippe – hier konnte ich die Tiere aus der Hand mit Zuckerrüben füttern." Mufflons im Teuto? Das sei zwischen Oberförster Eberhard Frohne und Kraak einvernehmlich organisiert worden – zwischen Stadt und Stiftung. &bdquo;Ich habe damals oft mit Kraak gesprochen, es ging bei der Mufflon-Auswilderung um die Artenvielfalt sowie darum, dass es einfach wunderschöne Tiere sind", erinnert sich Baumann. &bdquo;Es wurde damals wahrlich nicht nur rein jagdlich argumentiert." In den ersten acht Jahren sei auch quasi kein Mufflon geschossen worden. Die von der Tierhandlung Mohr aus Ulm gelieferten vier Lämmer (drei weibliche) und zwei erwachsenen Tiere (ein Widder, ein Schaf) hätten sich schnell stabilisiert. Die Ulmer Tierhandlung war bekannt für Mufflonauswilderungen – so stammen auch Tiere bei Bad Berka nahe Jena aus Ulm. Mitnichten sind die Tiere also aus Olderdissen ausgebrochen. Jahrelang keine Probleme In den folgenden Jahrzehnten, so Baumann, habe es keine Probleme mit den kräftigen Wildschafen gegeben; die Herde sei auf fast 30 Tiere angewachsen – und mal habe sie mehr verbissen, mal weniger, mal über Jahre fast nichts. Verändert habe sich aber der Blick der Klasings auf den Wald. Die vor 140 Jahren gekauften Flächen sollten anfangs &bdquo;zur Erholung und Erbauung der Bevölkerung dienen", sagt Baumann. Dazu hätten auch die Mufflons gepasst – wie auch der (gescheiterte) Versuch wenige Jahre zuvor, Damwild auszuwildern. Baumann hat aus Nachlässen Schriften vorliegen, in denen die Geschichte der Mufflons detailliert aufgearbeitet worden ist. Während &bdquo;der alte August Klasing noch eine enge Beziehung zum Wald hatte und oft lange mit Förster Kraak im Wald saß und die Natur genoss", so Baumann, sei die heutige Stiftung nur noch an der Waldwirtschaft interessiert. Der Blick auf den Wald habe sich spürbar gewandelt, als Kraak als letzter Klasingscher Förster in den Ruhestand gegangen sei und die Stiftung das Land NRW (heute: &bdquo;Wald und Holz NRW") mit der Betreuung der Wälder beauftragt habe. &bdquo;Der jetzt verantwortliche Förster stellt den Wald weit über das Wild, am besten gefällt ihm ein Wald ohne Wild", sagt Baumann verärgert. "Wie Rasenmäher"? Seither werde das Muffelwild für angebliche Schäden verantwortlich gemacht. Höhe: 5.000 Euro. Erst für Schälschäden an der Rinde, neuerdings dafür, dass angeblich kein junger Baum mehr wachsen könne. Hanns-Christian Klasing beschreibt das Mufflon’sche Fressverhalten so: &bdquo;Wie Rasenmäher." Für Baumann ist das Unsinn. Und so will er schnell in den Teuto, will zeigen, wie der Wald bei ihm vor der Haustür (mitten im Muffelgebiet) aussieht. Er weiß, wo die Tiere gerne stehen, er sieht sie oft vom Haus aus auf Freiflächen, er kennt die Täler, in denen sie Schutz suchen vor Regen und Sturm. Und er zeigt beim Rundgang auf all die vielen jungen Buchen und Ahorne am Boden. Haufenweise Naturverjüngung. &bdquo;Es gibt hier keine Probleme mit einem Verbiss, Laubbäume wachsen hier überall nach – es braucht aber eben alles im Wald seine Zeit." Tödlich sind Borkenkäfer, nicht Mufflons Dass zuletzt Bäume wegen Schälschäden der Mufflons gefällt werden mussten, sei nicht wahr. Es seien schlicht kranke Bäume gewesen, sagt er – und zeigt auf aufgestapelte Baumstämme mit dunklen Flecken im Inneren. Tödlich für den Wald seien Borkenkäfer und Stürme. Nicht Mufflons. Längst hätten sich die Klasings verrannt, gehe es &bdquo;nur noch um einen Gesichtsverlust". Baumann: &bdquo;Ihre Argumente ziehen nicht mehr, aber keiner wagt einen Rückzieher – dabei würde das der Familie sehr sehr gut tun." Er bedauert die vertrackte Situation. Und hofft, dass er und die Bielefelder noch lange kämpfende Mufflons am Waldrand genauso erleben können wie heimlich im Wald stehende Schafe mit ihren Lämmern. &bdquo;Die Tiere zu sehen, löst einfach Glücksgefühle aus."

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