Kesselbrink: Im Grünen Würfel diskutieren die Bürger- draußen verticken Dealer Drogen

Bielefeld. Die Szenerie zeigt, wie schwierig es ist, eine Lösung für den Kesselbrink zu finden: Im Würfel diskutiert Sozialdezernent Ingo Nürnberger (SPD) mit rund 100 Bürgern über Ideen und Angebote in dem Gebäude. Auf der Treppe davor albert eine Gruppe der Trinkerszene. Und hinter den Würfel, wo es dunkler ist, verticken mehrere Dealer Drogen. Der vor sechs Jahren für 12,4 Millionen Euro neu gestaltete zentrale Platz hat zwar recht gut laufende Teile wie Skater- und BMX-Anlage, den neuen Calisthenics- und Spielbereich sowie samstags den Wochenmarkt. Aber er bleibt Sorgenkind und steht wegen der Trinker- und Drogenszene und dem Gefühl der meisten, dass es an Ordnung, Sicherheit und Ordnung fehlt, in der Kritik. Zentrum für Jugend und Kultur Nachdem zwei Gastro-Konzepte im Würfel gescheitert sind, versucht jetzt der Sozialdezernent mit einem Jugend-/Kulturangebot Leben auf den Kesselbrink zu bringen, um ihn attraktiver zu machen, mehr soziale Kontrolle zu erzeugen und die Problemgruppen zurück zu drängen. Erstmals lud Nürnberger zum Bürger-Dialog in den Würfel, den die 75-Prozent-Stadttochter BGW damals errichtete, und ließ ihn Workshop-mäßig herrichten - mit Stühlen, Stehtischen für Arbeitsgruppen, Brezeln und Getränken in Plastikflaschen. "Eine Art Baustellenparty", sagt Stefan Zollondz, Quartiersbetreuer im nahen Ostmannturmviertel und Moderator. Traum vom Würfel, der zum Kesselbrink passt Schnell schlägt dem Dezernenten Gegenwind entgegen im kühlen, kaum beheizten Würfel. Viel Unmut hat sich in der Anliegerschaft aufgestaut. Doch Nürnberger will Ideen sammeln, blockt die offene Debatte ab und lässt in kleinen Gruppen Vorschläge sammeln, was in einem Jugend- und Kulturwürfel wünschenswert wäre. Das beruhigt die Gemüter, sorgt bei einigen aber auch für Frust. Doch für seine Vision "Ich träume von einem Würfel, der zum Kesselbrink passt und sich nach außen öffnet" findet der Dezernent eine Menge Ideen, die knapp ein Dutzend Gruppen vorstellen und die er jetzt mit weiteren Forderungen und Wünschen aus Politik und von sozialen Trägern in ein Konzept gießen will. Das soll im Februar von den Ratsgremien beschlossen werden. Kaltstart Ende November Bis dahin sollen die Falken für einen kleinen Etat von 20.000 Euro die Öffnung des Würfels an den Start bringen, ab Ende November. Geschäftsführer Peter Bauer hält das angesichts der derzeitigen Schließung des Kamps, das saniert wird, für machbar, mit einem Sozialarbeiter und Honorarkräften. Erste Angebote könnten beispielsweise Longboard-Bau, Tanzgruppe und Graffiti-Projekt sein. 30 Stunden pro Woche soll der Würfel offen sein. Ab März übernähme die Stadt den Betrieb dann, mit 1,5 Stellen plus Programm-, Sach-, Miet- und Nebenkosten, insgesamt 270.000 Euro pro Jahr, schreibt Nürnberger in einer Vorlage für Sozial-, Jugendhilfe- und Finanzausschuss des Rates, die nächste Woche in Sondersitzungen den Weg frei geben sollen. Die Liste der Aktivitäten, die im Würfel stattfinden könnten, ist schon lang. Die Dialog-Teilnehmer steuerten noch einiges bei: Dazu könnten Sommer-Kulturfeste, Trommel-Workshops, Sozialberatung oder Sprechstunden, Sport, Musik, Meditation, Bewegungsangebote, Schnibbel-Disco nach dem Markt oder ein offenes Café gehören. Der Verein Foodsharing, der nicht mehr benötige Lebensmittel verteilt, könnte mitmachen. Liste der Aktivitäten Auf Nürnbergers Liste stehen zudem u.a. Ausstellungen, Buchlesungen, Diskussionen, Eltern-Kind-Kurse, Krabbbelgruppe, Spielangebote, Kochaktionen und interkulturelle Veranstaltungen. Und aufnehmen will er die Anregungen aus dem Dialog, nicht nur Jugendliche zu berücksichtigen, sondern alle Generationen: "Das ist nicht so einfach, aber machbar." Und werde ins Konzept einfließen. Der Quartiersbetreuer findet den Austausch gut: "Wir dürfen nicht nur im Problemdenken verharren, sondern müssen Lösungen finden." Dazu sei dies ein guter Anstoß gewesen, sagt Zollondz. Er wünscht sich, dass die Bürger weiter beteiligt werden. Und auch Sabine Kubitza, Geschäftsführerin der BGW, nimmt am Dialog teil: "Wir wollen begleiten, was hier passiert und sich entwickelt." Und sie sieht das auf einem guten Weg. Mangel an Sicherheit und Ordnung Doch es geht nicht nur um den Würfel. Die Kritikpunkte Müll und Dreck, mangelnde Grünpflege, fehlende Sicherheit, "Steinwüste" und zu wenig Beleuchtung auf dem Platz kamen ebenfalls in den Gruppen auf den Tisch. Hier wünschen sich die Bewohner rund um den Kesselbrink, die sich unsicher und teils bedroht fühlen, dass mehr getan wird für Sicherheit und Ordnung. Die Bezirksvertretung Mitte hat hier Maßnahmen beschlossen. Und Nürnberger antwortet auf Anfragen der CDU, dass die Stadtwache täglich Streife gehe, die Polizei kontrolliere und teils verdeckt ermittle und Delikte ahnde. Doch dass auch das auf Grenzen stößt, zeigt der Dialog-Abend: Als die Teilnehmer den Würfel verlassen, fährt ein Polizeiwagen zur Kontrolle über den Platz. Doch die Dealer sind plötzlich verschwunden.

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