Wohnungskonzern Adler verklagte Bielefelder Mieterin wegen 69 Cent

Bielefeld-Brackwede. Die Mieterinnen und Mieter der Firma Adler sind einiges gewohnt. Neben den zahlreichen baulichen Mängeln in dem Mietkomplex an der Ecke Hauptstraße/Berliner Straße sind es auch wiederkehrende Mahnschreiben, mit denen die Hausverwaltung Adler Wohnen & Service immer wieder Zahlungen einfordert - ausstehende Nebenkosten oder vermeintliche Mietrückstände. Im Fall von Mara U. (Name geändert) war sich das Unternehmen nicht zu schade, bis vor Gericht zu ziehen, obwohl die 52-Jährige die verlangte Miete zahlt. Erst zwei Tage vor dem anberaumten Termin erhielt die Brackwederin plötzlich eine Abladung. Mara U. ist sich sicher, dass Adler aufgrund der von der NW hervorgerufenen Publicity für das Brackweder Skandal-Haus zurückgezogen hat. Darüber hinaus sei die Verwaltung von "seltener Ahnungslosigkeit", meint die 52-Jährige. Bei den Recherchen zu den unmöglichen Wohnumständen, denen die Mieter in dem 64-Parteien-Haus ausgesetzt sind, war auch zu Tage gekommen, dass Adler verfrüht höhere Mieten verlangt hat. Illegale Maximale Mieterhöhungen Die Adler Wohnen und Service hatte zu Jahresbeginn 2018 den Mietkomplex von der Hausverwaltung WVb Centuria übernommen. Diese hatte zu Februar 2017 die Mieten um die maximal möglichen 15 Prozent erhöht (Kappungsgrenze in Bielefeld). Adler machte das Gleiche zu Oktober 2018. Viel zu früh, wie der Mieterbund Ostwestfalen-Lippe der NW bestätigt hat. Adler hätte demnach frühestens zum 1. Februar 2020 wieder steigern dürfen. Die Hausverwaltung wollte auf Nachfrage der NW Fehler im automatisierten Verfahren und beim Betriebsübergang nicht gänzlich ausschließen. Nichtwissend hatte Mara U. - wie viele ihre Nachbarn - der Erhöhung zugestimmt und auch das Jobcenter informiert. Dieses überweist auch in ihrem Fall die Miete direkt an den Eigentümer, die Firma AFP Germany III, die zum Wohnungskonzern Adler Real Estate gehört. Bei dem Termin im Jobcenter sei zu ihrer Überraschung herausgekommen, dass statt - wie geglaubt - , 397 Euro bereits seit September 2017 genau 426,77 Euro an die AFP überwiesen worden sind, schildert Mara U. Der Betrag sei dann angepasst, die fehlenden 69 Cent am 3. Dezember vom Jobcenter angewiesen worden, sagt die 52-Jährige. Am 18. Dezember sei erstmals der genaue Betrag von 427 Euro gezahlt worden. Dies geht aus den Aufstellungen des Jobcenters genau hervor. Klage einen Tag nach Überweisung "Ich habe dann Adler mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass ich rund ein Jahr monatlich rund 30 Euro mehr gezahlt habe, als vertraglich festgelegt", schildert Mara U. "Jeder meiner Anrufe, jedes meiner Schreiben blieb aber unbeantwortet." Deshalb findet sie es unverschämt, dass die AFP auch noch am 4. Dezember Klage eingereicht hat. Die Anwälte von AFP haben erst mit Schreiben vom 3. September die Klagerücknahme erklärt. Allerdings wollen sie, dass Mara U. die Kosten für das Verfahren trägt. Denn diese habe die eingeforderte Zustimmungserklärung zur Mieterhöhung nicht abgegeben. Erst im März 2019 sei ein nicht unterschriebener Schriftsatz eingegangen. Mara U. erklärt erneut, dass sie die Erklärung bereits im Vorjahr abgeschickt habe und die geforderte überhöhte Miete bezahle. Im März habe sie genervt eine nicht unterschriebene Kopie hingeschickt. Mit eigenem Anwalt gegen Adler Adler erkennt dies nun als konkludente, als stillschweigende Zustimmung an. Die ordnungsgemäßen Zahlungen werden nicht erwähnt, beziehungsweise wird behauptet, sie seien erst nach Klageerhebung eingegangen. "Die Beklagte ist zur Kostentragung verpflichtet, denn sie hat mit ihrem Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben", schreiben die Anwälte des Hamburger Unternehmens. Das will Mara U. nicht mit sich machen lassen. Sie hat nun ihrerseits einen Anwalt gefunden, der für sie das zuviel gezahlte Geld zurückverlangen will. Bisherige Berichte zum Skandal-Haus im Überblick: Unfassbare Zustände kommen in Bielefelder Mietshaus ans Licht Skandal-Haus: Bauamt zwingt Vermieter zum Handeln Skandalöse Zustände: Bielefelder senkt seine Miete auf 100 Euro Bielefelder Skandal-Haus: Ein Handwerker packt ausMieter rebellieren auch in anderen Städten gegen Adler Spekulanten brauchen Gegner In Bielefelds marodem Skandal-Haus soll plötzlich alles ganz schnell gehen Skandal-Haus: Immobilienkonzern presst Mieter aus und bejubelt jetzt super Börsenzahlen Bielefelder Skandalhaus: Stadt räumt Fehler ein und schießt gegen Vermieter

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