Bielefelder Behörde hilft Mietern in Not und zwingt Vermieter zum Handeln

Bielefeld. Seit Tagen bleibt die Heizung kalt, es gibt kein warmes Wasser, und die Hausverwaltung reagiert weder auf Anrufe noch auf Mails: Was machen Mieter in so einer Notlage? Immer häufiger wählen sie die Nummer der städtischen Wohnungsaufsicht, schildern ihre Probleme – plötzlich kommt Bewegung in die Sache. Dann stehen Handwerker vor der Tür, Notdienste erledigen die dringendsten Arbeiten, Mieter können wieder aufatmen. &bdquo;Im Durchschnitt gehen im Monat etwa 40 bis 50 Anfragen bei der Wohnungsaufsicht ein“ erklärt Jens Hagedorn vom Bauamt. Entweder nehmen sich seine beiden Mitarbeiter der Missstände an, oder der Chef schaltet sich ein. Wie jüngst wieder in der Senne Siedlung, wo Mieter mit dem eingangs beschriebenen Szenario leben mussten – bis die Behörde eingreift. In den meisten Fällen sei eine niederschwellige Vermieteransprache ausreichend, um die Mängel kurzfristig beheben zu lassen, sagt Hagedorn – Anruf genügt. Lesen Sie dazu: Verzweifelte Bielefelder Mieter packen im Fernsehen aus Wobei im obigen Fall dann doch mindestens zwei Telefonate nötig waren: Der erste Anruf galt den Stadtwerken, denn die hatten einfach den Strom abgestellt für die Heizanlage. Offenbar war die angemahnte Hausverwaltung dermaßen in Zahlungsverzug, dass der Versorger zu dem Mittel griff. Die Praktik irritierte nicht nur einige Mieter, hatten sie doch ihre Betriebskosten monatlich korrekt geleistet, sondern auch den Rechtsanwalt Ridvan Ciftci. Der Mietrechtsexperte und SPD-Mann engagiert sich als Lokalpolitiker vor Ort. Lesen Sie auch: Bielefelder Siedlung im Ausnahmezustand: Seit Tagen keine Heizung und kein Warmwasser Stadtwerke stellen Wasser ab und kappen Strom Der nächste Anruf habe dann der neuen Hausverwaltung gegolten, berichtet Hagedorn in der Bezirksvertretung Senne, wo die SPD-Fraktion um eine Stellungnahme gebeten hatte zur Situation in der Siedlung. Denn schon vor dem Heizungs-Eklat war es zu Problemen gekommen. Im Sommer hatten die Stadtwerke den Mietenden per Brief angekündigt, das Wasser abzudrehen, weil die Hausverwaltung wiederholt nicht gezahlt hatte. Und zugleich den Betroffenen das irritierende Angebot unterbreitet, zukünftig doch selbst das Geld zentral einzusammeln und für die Begleichung der Rechnung aufzukommen. Was sich in der Senne durch Intervention der Wohnungsaufsicht noch hatte abwenden lassen, war in Jöllenbeck tatsächlich passiert: Einen Tag lang im Sommer war ein Straßenzug im Oberlohmannshof ohne Wasser. Auch dort gab es erst einen Brief – und dann mussten die Bewohner einen Tag lang Eimer schleppen, Wasser holen bei den Nachbarn, deren Hausverwaltungen offenbar die Betriebskosten vertragsgemäß an die Versorger überwiesen hatten. Das Problem sei zukünftig gebannt, es gebe jetzt den direkten Draht zu den Stadtwerken, erklärte Hagedorn in der Sitzung in Senne. Lesen Sie auch: Mieter ohne Wasser – Dissens zwischen Wohnung-Multis und Stadtwerke Bielefeld Wenn die Vermieter oder Hausverwaltungen allerdings die Intervention der Wohnungsaufsicht ignorieren und nicht kooperieren, dann wechselt das kleine Team der Behörde vom Kooperations- in den Konfrontations-Modus, dann gibt es Post vom Amt: &bdquo;Bei den Wohnungsmängelanzeigen ist der überwiegende Teil Anlass für eine behördliche Intervention. Im Jahr 2024 wurden bisher 138 ordnungsbehördliche Verfahren auf Grundlage des Wohnraumstärkungsgesetzes eingeleitet. Diese Verfahren hatten Auswirkungen auf ungefähr 500 Wohneinheiten.“ Vergeblicher Kontakt mit Vermieter Wer aber bisher annahm, dass sich die Beschwerden der Mieter primär gegen die großen Wohnungsunternehmen oder Hausverwaltungen richten, wie beispielsweise Vonovia oder Reanovo, der irrt: &bdquo;Die Anzahl der Beschwerden betrifft zu etwa zwei Dritteln privat Vermietende. Bei Beschwerden, die sich gegen große Wohnungsgesellschaften richten, sind allerdings oft deutlich mehr Wohnungen betroffen“, sagt Hagedorn. Wie eben in der Senne, wo dann auch der ein oder andere Hausbesuch stattfand. Doch nicht jede Mängelmeldung bedürfe einer Besichtigung vor Ort durch die Wohnungsaufsicht. Pro Jahr gebe es rund 50 Einsätze in den Häusern zum Check der Probleme. &bdquo;Etwa ein Drittel der Beschwerden betreffen Wohnungen beziehungsweise Gebäude im öffentlich geförderten Wohnungsbestand. Zwei Drittel der Beschwerden beziehen sich auf den frei finanzierten Wohnungsbestand“, resümiert Hagedorn abschließend. Im jüngsten der NW bekannten Fall verzweifeln gerade wieder die Mieter des sogenannten Skandalhauses von Brackwede dieses Mal an ihrer Hausverwaltung: seit Tagen nicht zu erreichen bei kalter Heizung. Ein typischer Fall für die Wohnungsaufsicht. Wobei der Einsatz der Spezialisten vom Amt ganz klaren Regeln unterliegt. Die stehen auf der Homepage der Abteilung. Und um keine falschen Erwartungen oder Hoffnungen zu machen, hier nur ein Auszug: &bdquo;Im Rahmen der Wohnungsaufsicht werden weder Gutachten erstellt noch Schadstoffmessungen durchgeführt. Die Stadt Bielefeld kann von Eigentümern und Eigentümerinnen auch keine Verbesserung des Wohnungsstandards, sondern lediglich auf die Erfüllung der Mindestausstattung hinwirken und die Beseitigung von Missständen anordnen. Voraussetzung für ein Tätigwerden der Stadt ist, dass Mieter und Mieterinnen die Dringlichkeit und den erheblichen Umfang der Mängel dokumentieren und sich bereits erfolglos an die Vermieter und Vermieterinnen gewandt haben.“ News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld

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