Bielefelder wehrt sich gegen Rassismus-Vorwurf samt Wohnungskündigung

Bielefeld. &bdquo;Es reicht“, sagt Uwe Otemann und knallt den Brief auf den Tisch. In dem Schreiben vom Anwalt seines Vermieters steht schwarz auf weiß der gegen ihn gerichtete Vorwurf des Rassismus. Wobei die Formulierung offenlässt, was Otemann eigentlich gemacht haben soll. &bdquo;Des Weiteren ist uns bekannt, dass Sie sich eindeutig rassistisch in Bezug auf die Wahl ihrer Nachbarn ausgedrückt haben“ steht dort und bildet das Finale in einer Aufzählung seiner vermeintlichen Verfehlungen. Die aus Sicht der Verfasser nur eine Konsequenz haben können: die fristlose Kündigung zum Ende des Monats. Mitte Januar erreichte Otemann der Brief, der neben der fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses in der Siedlung Lohmannshof für alle Fälle auch noch eine reguläre enthielt, allerdings mit einer falschen Frist: Drei Monate wollte man ihm gewähren, doch nach einer Mietdauer von 18 Jahren würden ihm per Gesetz neun Monate zustehen. &bdquo;Die wollen mich hier um jeden Preis loswerden und gehen auf Nummer sicher, aber sicher nicht mit mir“, sagt Otemann und ging seinerseits in die Offensive – als Hausierer. Er machte sich eine Liste und klingelte sich kreuz und quer durch die im Karree gebaute Siedlung und sammelte fleißig Unterschriften von den Menschen, über die er sich angeblich rassistisch geäußert haben soll. Der Vorwurf sei absurd, aber habe Methode, sagt Otemann, weil er sich wiederholt mit dem Vermieter angelegt habe und gerade Nachbarn mit Migrationshintergrund unterstütze, um Beschwerden zu formulieren und auf dubiose Briefe vom Vermieter zu reagieren. Denn seit dem vergangenen Sommer gärt es an der Kreuzbergerstraße nahe der Uni, weil der Vermieter seine Kunden mit fragwürdigen Offerten überzog: vorzugsweise ausziehen oder künftig eine fast doppelt so hohe Miete zahlen. Konflikt mit Vorgeschichte: Bielefelder Vermieter bietet an - Akzeptanz von drastischen Mieterhöhungen oder Auszug Bewohner des Lohmannshofs wehren drastische Mieterhöhung ab Die Berechtigung zur Mieterhöhung bestehe durchaus, weil nach 40 Jahren in diesem Januar die Sozialbindung entfallen sei, erklärt Sarah Bohnke vom Mieterbund. Und schränkt gleich ein: Für unbefristete Mietverhältnisse gelte die Kappungsgrenze von 20 Prozent mit einer Laufzeit von drei Jahren. Mit Unterstützung des Vereins rebellierten die Bewohner des Lohmannshofs, erteilten dem ersten Ansinnen eine Abfuhr und ignorierten auch den zweiten Versuch des Vermieters, sie mutmaßlich alle loswerden zu wollen, um Platz zu haben für lukrative Neuvermietungen. Und bei so einer Wohnungsbesichtigung soll Uwe Otemann laut dem Schreiben des Anwalts einen potenziellen Interessenten gewarnt haben vor dem Anmieten mit dem Hinweis auf ein Gebäude voller Schimmel. Lesen Sie auch: Bielefelder schockiert über drastische Mieterhöhung: Mieterbund setzt Signal Mit dem Schimmel-Problem, das nicht nur in Kellern existiert oder in so mancher Wohnung, sondern auch gut sichtbar an einer der Hausfassaden, befasst sich mittlerweile die Wohnungsaufsicht der Stadt Bielefeld. Die Bitte an die Behörde um einen Besuch vor Ort äußerte Otemann, in dessen Keller das Wasser bereits von der Decke tropft. Und der Zustand betrifft nicht nur die Mieter der Anlage, sondern auch Dienstleister im Erdgeschoss der Anlage, wie den Kiosk samt Post, den neuen Friseur und die Apotheke, sowie verschiedene Ärzte und deren Patienten. Zudem soll Otemann auch noch den Vermieter öffentlich verunglimpft haben, wie aus dem Kündigungsschreiben hervorgeht. &bdquo;Außerdem bezeichnen Sie unseren Mandanten als Betrüger, der mit Vorsicht zu genießen sei. Seine Verträge müsse man immer zweimal durchlesen.“ Otemann: &bdquo;Unabhängig davon, dass man sowieso jeden Vertrag zweimal durchlesen soll, habe ich nie gesagt, das ist auch so eine der unbewiesenen Unterstellungen, gegen die ich mich juristisch wehre.“ Wenn sich der Vermieter nicht wegen der Vorwürfe entschuldige, werde er ihn anzeigen, sagt Otemann. Drohgebärde &bdquo;Fristlose Kündigung“ &bdquo;Die fristlose Kündigung ist unwirksam, weil keine Mietrückstände bestehen, keine Untervermietung vorliegt, keine gewerbliche Nutzung, der Hausfrieden nicht gestört wird, oder die Wohnung vernachlässigt wurde“, sagt Bohnke. Die Geschäftsführerin des Mieterbundes ist ebenfalls Volljuristin. Den letzten Punkt möglicher plausibler Kündigungsgründe wolle der Vermieter jetzt wohl auschecken, mutmaßt Otemann, als er vor ein paar Tagen einen Brief erhielt mit zwei Terminvorschlägen zur Besichtigung seiner Wohnung wegen &bdquo;Mängelbeseitigung“. &bdquo;Ich habe nie um so einen Termin gebeten – oder wollen sie gleich den Keller sanieren und den Balkon und das Dach?“ Als diese Woche der Hausmeister zum vermeintlichen Mängelbeseitigungstermin kam, fand Otemann in seinen Unterlagen ähnliche Protokolle aus den Jahren 2019 und 2021. Schon nach der ersten Begehung habe er keinen Reparatur-Service erhalten, sondern ebenfalls eine fristlose Kündigung. Sechs Jahre später ist es wieder so weit, doch Otemann weiß sich zu wehren und die anderen Mieter der Lohmannshofsiedlung stehen hinter ihm. 📱News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

Meistgelesen