Games-Kritik

„Anima: Gate of Memories Remaster“ im Test: Fantasievolles Rollenspiel mit Tücken

Düstere Welten, komplexe Lore, gemischte Emotionen: So schlägt sich das Remaster von „Anima: Gate of Memories“ in unserem Test.

In "Anima: Gate of Memories Remaster" erleben wir die Reise einer namenlosen Protagonistin, die an einen uralten Dämon gebunden ist. | © Anima Project

Christian Lund
22.11.2025 | 22.11.2025, 18:17

„Anima: Gate of Memories Remaster“ ist seit dem 7. November 2025 auf dem Markt und tritt mit dem Anspruch an, zwei Kult-Action-Rollenspiele aus dem Indie-Bereich einer neuen Generation von Spielerinnen und Spielern näherzubringen – und alte Fans noch einmal zu begeistern. Doch wie viel Remaster steckt in diesem Doppelpaket wirklich? Die Neuauflage vereint „Gate of Memories“ und „The Nameless Chronicles“ in einem technisch und visuell überarbeiteten Gesamtwerk und transportiert dabei die düstere Fantasy-Welt von Gaia aufs nächste Level.

Das Remaster ist eindeutig ein Liebhaberprojekt, denn im Kern bleiben beide Spiele ihrer ursprünglichen Faszination und Tiefe treu – mit komplexer Lore, einer gewagten Story und einem Action-Kampfsystem, das in seinen besten Momenten an Größen wie „Nier Automata“, „Devil May Cry“ oder „Darksiders“ erinnert.

Dennoch zeigt sich schnell: Die Entwickler haben einige Fehler der Originale nicht konsequent ausgebügelt und setzen stattdessen auf ein visuelles Facelift, moderne Plattformkompatibilität und leichten Feinschliff an Steuerung und Schwierigkeitsgrad. Wie schlägt sich das Spiel also im Detail?

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Worum geht’s in „Anima: Gate of Memories Remaster“?

In der düsteren Welt von Gaia kämpft die namenlose Protagonistin auch gegen mechanische Gegner. - © Anima Project
In der düsteren Welt von Gaia kämpft die namenlose Protagonistin auch gegen mechanische Gegner. | © Anima Project

In „Anima: Gate of Memories Remaster“ geht es um zwei miteinander verwobene Geschichten in der Welt Gaia, inspiriert von der „Anima: Beyond Fantasy“-Rollenspielreihe. Spieler erleben die Reise einer namenlosen Protagonistin, die an einen uralten Dämon gebunden ist, und die tragische Existenz eines Unsterblichen, der dazu verdammt ist, ewig zu wandern. Beide Handlungsstränge sind durch Entscheidungen und das Schicksal mit der Spielwelt verzahnt, und wir als Spieler sind eingeladen, die Geschichte durch eigenes Handeln maßgeblich zu beeinflussen.

Die Gameplay-DNA ist ein Mix aus Third-Person-Action, Combo-Kämpfen, Skill-Systemen und einer Erkundung der vielschichtigen, von Erinnerungen geprägten Welt. Die „Dual System“-Mechanik erlaubt das Wechseln zwischen Charakteren mitten im Kampf, wodurch sich dynamische und mitunter taktische Kämpfe ergeben. Im Zentrum stehen dabei stets die Identitätsfragen und die Suche nach Erlösung, eingebettet in düstere, atmosphärisch dichte Umgebungen.

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Was hat uns gefallen?

Durch die „Dual System“-Mechanik können wir ohne Unterbrechung mitten im Kampf zur anderen Person wechseln, die vielleicht die besseren Hiebe gegen die Gegner parat hat. - © Anima Project
Durch die „Dual System“-Mechanik können wir ohne Unterbrechung mitten im Kampf zur anderen Person wechseln, die vielleicht die besseren Hiebe gegen die Gegner parat hat. | © Anima Project

Die optischen Verbesserungen fallen sofort ins Auge: Die Umgebungen wirken modernisiert, Texturen sind detaillierter, die Beleuchtung ist dynamischer und die Charaktere erhalten einen markanten Comic-Look mit klaren Farben und schwarzen Konturen, wie man ihn aus Zeichentrickfilmen kennt.

Insbesondere das Artdesign transportiert die Faszination der Vorlage effektiv – und gibt der Welt Gaia endlich die visuelle Kraft, die ihr bislang gefehlt hat. Die remasterten Titel laufen technisch stabil, bieten im Vergleich zu den Originalen spürbar flüssigere Animationen und einen gefälligen Rahmen für Einsteiger und Fans.

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Die "Red Lady" ist der erste kleine Bosskampf, den wir bestehen müssen. Hier denken wir noch: ist ja easy. Aber die Schwierigkeit zieht ordentlich an. Wer will, kann das Schwierigkeitslevel jederzeit anpassen. - © Anima Project
Die "Red Lady" ist der erste kleine Bosskampf, den wir bestehen müssen. Hier denken wir noch: ist ja easy. Aber die Schwierigkeit zieht ordentlich an. Wer will, kann das Schwierigkeitslevel jederzeit anpassen. | © Anima Project

Auch spielerisch macht die Dualität der Geschichten Sinn. Die Möglichkeit, zwischen den Protagonisten zu wechseln und verschiedene Perspektiven einzunehmen, sorgt für Spannung abseits ausgetretener Rollenspiel-Pfade. Die Kämpfe sind dann am besten, wenn beide Charaktere sinnvoll eingesetzt werden und die Kombo-Mechanik aufgeht – vor allem für Fans von actionreichen JRPGs ist das eine willkommene Abwechslung.

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Die neue Auswahl von Schwierigkeitsgraden nimmt Frust die Spitze und eröffnet der breiteren Spielerschaft mehr Freiraum zur individuellen Gestaltung des Gameplays. Gleichzeitig überzeugt der tolle orchestrale Soundtrack, der die epische Atmosphäre unterstreicht und zum immersiven Charakter des Spiels erheblich beiträgt.

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Was hat uns nicht gefallen?

Der graue Fleck in der Mitte ist unsere Karte. Leider ist die oft sehr schlecht erkennbar und hilft nicht wirklich bei der Orientierung. - © Anima Project
Der graue Fleck in der Mitte ist unsere Karte. Leider ist die oft sehr schlecht erkennbar und hilft nicht wirklich bei der Orientierung. | © Anima Project

Die „Remaster“-Bezeichnung ist stellenweise ein Euphemismus, muss man sagen: Abseits der optischen Politur bleibt vieles beim Alten – und damit auch die alten Schwächen. Besonders das eigentliche Kampfsystem kann auch im Remaster nicht wirklich mit Genregrößen mithalten. Trotz spürbarer Verbesserungen bleibt die Steuerung oft sperrig, die Kamera frustrierte und in engen Arealen ziemlich hart und die Animationen wirken teils ungelenk; gerade in Plattform-Abschnitten zeigt sich, dass hier an den Grundstrukturen wenig gearbeitet wurde.

Die Bosskämpfe sind häufig schlecht ausbalanciert und geraten vom Spaß schnell in den Bereich der Frustration. Lange, zähe Auseinandersetzungen und unvorhersehbare Schwierigkeitsausreißer nehmen dem Gameplay viel Dynamik.

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Die allgemeine Orientierung im Spiel wird nur dürftig vermittelt, Hinweise fehlen häufig, sodass Spieler sich mehrfach ratlos durch die Welt bewegen – das bringt vor allem Neulinge schnell an die Grenzen.

Die Voice-Acting-Leistungen sind weiterhin eine Schwäche, insbesondere „The Nameless Chronicles“ leidet an hölzernen Dialogen und wenig inspirierter Sprecherauswahl.

Neue Inhalte oder spielerische Erweiterungen sucht man vergeblich – wer das Original gespielt hat, findet im Remaster in erster Linie eine technisch verbesserte Version, aber kein echtes „Upgrade“ im klassischen Sinne. Gerade Veteranen werden das vermissen, ebenso wie eine durchdachtere Anpassung an die modernen Standards der Action-Rollenspiele.

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Unser Fazit zu „Anima: Gate of Memories Remaster“

„Anima: Gate of Memories Remaster“ ist ein Produkt voller Ambivalenzen. Wer die Welt von Gaia und die komplexe Lore der Vorlage schätzt, findet hier eine liebevolle Neuauflage mit gelungenem Grafik- und Performance-Upgrade, das besonders für Neueinsteiger attraktiv ist. Zunächst zumindest.

Doch inhaltlich und spielmechanisch bleibt die Neuauflage in zu vielen Bereichen auf dem Stand der ersten Ausgaben stehen. Für Genre-Fans und Nostalgiker bietet das Remaster ein atmosphärisch dichtes und narrativ starkes Abenteuer. Aber gerade im Bereich Spielgefühl, Steuerung und Bossdesign werden die verpassten Chancen offensichtlich – und sprechen eine klare Sprache für alle, die moderne Action-Rollenspiele erwarten.

Kaufempfehlung? Für treue Fans des Originals und für Spielerinnen und Spieler, die starke Fantasy-Kulissen und Lore lieben: ja. Für alle, denen Gameplay und technische Innovation wichtiger sind als Nostalgie: vielleicht einen Blick riskieren, aber keine Hochglanz-Erwartungen aufbauen.

„Anima: Gate of Memories Remaster“ ist seit dem 7. November 2025 erhältlich für PC, Playstation 5 und Xbox Series X|S und kostet rund 30 Euro. Das Spiel ist ab 12 Jahren freigegeben.

Transparenzhinweis: Für diesen Test wurde uns vom Publisher ein kostenloser Review-Code zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf unsere Wertung. Wir haben das Spiel auf der Playstation 5 Pro getestet.

INFORMATION


Kaufempfehlung

Für Lore-Fans & Weltentdecker: Die komplexe „Anima“-Mythologie, das düstere Setting und die verzahnten Geschichten glänzen im Remaster stärker denn je. Wer tiefgründige Fantasy-Welten liebt, ist hier richtig.

Für Action-Rollenspiel-Fans: Kombos, Dual-Charakter-System und schnelle Kämpfe machen Spaß – sofern man mit einer teils sperrigen Kamera und altmodischer Steuerung leben kann.

Für Nostalgiker & Fans der Originale: Das visuelle Upgrade und die Performance-Verbesserungen machen den erneuten Besuch in Gaia lohnenswert. Neue Inhalte gibt es zwar nicht, aber die Neuauflage ist die beste Version der alten Spiele.

Für Einsteiger: Gut geeignet für alle, die storygetriebene, atmosphärische Abenteuer mögen. Orientierung und Bosse können frustrieren – also besser mit Geduld einsteigen.

Für Technik-Perfektionisten: Eher nein. Die Remaster-Optik ist schön, aber die alten Schwächen der Spiele bleiben spürbar: Kamera, Animationen, Boss-Balance.