Games-Kritik

„Sacred 2 Remaster“ im Test: Das deutsche „Diablo“ ist wirklich schlecht gealtert

Präsentation, Spielgefühl, Optik: An „Sacred 2“ lässt sich prima veranschaulichen, was Entwickler ihren Action-Rollenspielen in den vergangenen 17 Jahren richtigerweise abgewöhnt haben. Totschlagen kann man hier neben Monstern höchstens noch: sehr viel Zeit.

In der Nahansicht sind die neuen, hochauflösenden Texturen gut erkennbar. Visuell beeindruckend war „Sacred 2“ auch schon zum ursprünglichen Release 2008. | © Deep Silver

10.11.2025 | 10.11.2025, 17:01

Allen stolzen Güterslohern ersparen wir jetzt mal den allzu tiefen Blick in die Videospiel-Geschichtsbücher. Das Kapitel „Sacred 2“ endet bekanntermaßen mit der Insolvenz des traditionsreichen Studios Ascaron, das so geliebte Genre-Perlen wie „Anstoss“ und „Die Patrizier“ hervorgebracht hat.

Leider ist das Remaster dessen, was mal als das deutsche „Diablo“ bezeichnet wurde, auch nicht durchgehend Grund zur Freude. Und das, obwohl „Sacred 2“ nie ein schlechtes Spiel war. Aber es hatte sich schon 2008 stärker an der Vergangenheit orientiert, als einen wirklich mutigen Schritt in die Zukunft zu gehen. Und das merkt man dem Remaster an.

Rückblick: Das Ende von Ascaron

Mit unserem Magier heizen wir ein paar Eiswesen kräftig ein. Rechts unten: Ein vom Spiel physikalisch korrekt berechnetes, frisch vermöbeltes Monster. - © Deep Silver
Mit unserem Magier heizen wir ein paar Eiswesen kräftig ein. Rechts unten: Ein vom Spiel physikalisch korrekt berechnetes, frisch vermöbeltes Monster. | © Deep Silver

Okay, ein bisschen Blick zurück muss sein. Schließlich hatte sich Ascaron zu Beginn der 2000er Jahre Großes vorgenommen. „Sacred 2“ sollte den Überraschungserfolg des Vorgängers fortschreiben, allerdings optisch deutlich opulenter als der Genre-Primus „Diablo 2“, in echtem 3D und mit einer riesigen Spielwelt, vollgestopft mit Aufgaben. Das konnte doch nur gut werden!

Vier Jahre dauerte die Entwicklung letztlich, kostete mehr als 20 Millionen Euro, zu diesem Zeitpunkt eine gigantische Summe. Die Geschichte dessen, was schiefgelaufen ist, ist gut dokumentiert. Da halfen auch gute Verkaufszahlen knapp unterhalb der Millionenmarke nichts: Ascaron meldete im April 2009 zum zweiten Mal Insolvenz an und verschwand nach einer gescheiterten Investorensuche ganz aus der Videospielbranche.

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Wie gut ist „Sacred 2 Remaster“?

Besonders in den grünen Wiesen- und Dschungelabschnitten sieht „Sacred 2“ auch 17 Jahre nach Release noch immer klasse aus. - © Deep Silver
Besonders in den grünen Wiesen- und Dschungelabschnitten sieht „Sacred 2“ auch 17 Jahre nach Release noch immer klasse aus. | © Deep Silver

Warum ist das für das „Sacred 2 Remaster“ relevant? Na ja, weil das Spiel im Grunde eine adaptierte Version des Hauptspiels samt Add-on „Ice & Blood“ mit verbesserten Texturen, Widescreen- und Controller-Support ist – und ansonsten so tut, als würden Action-Rollenspiele heute noch genauso funktionieren wie vor 17 Jahren. Oder das, was Ascaron vor 17 Jahren als eine Weiterentwicklung von „Diablo 2“ im Sinn hatte.

Und klar, visuell machte „Sacred 2“ richtig was her! Aufwändige Physik- und Partikeleffekte sowie die wunderschönen Landstriche der Fantasy-Welt Ancaria ergaben ein beeindruckendes visuelles Erlebnis. Unzählige Quests füllten die Spielwelt, Loot gab es im Überfluss, und auch die Idee, die Kampagne als guter oder böser Held anzugehen und das Schicksal der Welt entsprechend zu beeinflussen, waren auf dem Papier clevere Einfälle. Auch den typisch deutschen 2000er-Humor (die Grabstein-Sprüche!) dürften die Macher als positives Alleinstellungsmerkmal verbucht haben.

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Nur: „Sacred 2“ zu spielen fühlt sich auch im Remaster allzu oft wie Arbeit an. Zwar verströmt die Spielwelt noch immer eine enorme Faszination, allein durch ihre Größe. Was da alles drinstecken kann! Hauptsächlich sind es dann vor allem mehrere Hundert Nebenquests, die allein aufgrund der Menge kaum alle interessante Aufgaben oder Geschichten haben können.

Bossmonster wie dieser Drache fordern unsere Helden besonders heraus, sie gehören zu den Highlights des Spiels. - © Deep Silver
Bossmonster wie dieser Drache fordern unsere Helden besonders heraus, sie gehören zu den Highlights des Spiels. | © Deep Silver

So suchen wir ständig x Wildschweinpelze oder geleiten holde Maiden in die nächste Stadt, wobei diese alle Nase lang draufgehen und die Quest damit scheitert. Nach nur einer Spielstunde hatten wir jedenfalls schon vollkommen vergessen, was eigentlich unsere Hauptaufgabe ist. War da was von magischer T-Energie, die die Welt bedroht? Egal, auf der Karte leuchten die nächsten vier Quest-Fragezeichen!

Und: In Sachen Spielgefühl sind Action-Rollenspiele spätestens seit „Diablo 3“ von 2012 eine ganz andere Nummer. Da wackelt der Bildschirm, wenn wir mit unserem Kriegshammer dreinhauen. Da fliegen Monsterkörper(teile) quer über den Bildschirm, und es blitzt und funkt an allen Ecken und Enden. In „Sacred 2 Remaster“ gibt’s kaum Vergleichbares. Würde der Lebensbalken unserer Gegner nicht langsam schrumpfen, wir wüssten nicht mal, ob unsere Schläge getroffen haben.

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Hinzu kommen etliche Bugs und vereinzelte Abstürze. Händler klonen sich plötzlich, in unserer Heldenkiste können wir keinen einzigen Gegenstand ablegen, und das Schmiede-Menü funktioniert ebenfalls nicht, wie es soll. Das alles können die Entwickler von Funatics und SparklingBit, die das Spiel in weiten Teilen von Grund auf neu bauen mussten, aber noch verbessern.

So bleibt das Remaster ein ziemlich maßstabsgetreues Abbild dessen, was 2008 auf den Markt kam – und damit, damals wie heute und zum Leidwesen vieler Spieler und nicht zuletzt der Entwickler, ein gutes Stück hinter den Erwartungen zurück.

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Unser Fazit zu „Sacred 2 Remaster“

Mit Remasters ist das so eine Sache. Wenn genügend Fan-Sehnsucht und ein ausreichend gutes Spiel von anno dazumal aufeinandertreffen, kann die Sache richtig gut funktionieren. Die Liste erfolgreicher Beispiele ist lang. „Sacred 2 Remaster“ wird sich darauf wohl eher nicht finden. Zu viel hat sich im Genre verändert. Ascarons Opus Magnum krankte schon damals an einem Fokus auf bewährte Mechaniken. Heute ist nicht zu übersehen, wie altbacken und langsam das Spielgeschehen daherkommt.

Wir wollen nicht lügen: Man kann sich noch heute in Ancaria verlieren. Zu tun gibt’s darin genug. Das Kapitel „Sacred 2“ in der Videospiel-Geschichte – es hätte unseretwegen aber nicht noch mal aufgewärmt werden müssen.

„Sacred 2 Remastered“ ist ab dem 11. November 2025 erhältlich für Playstation, Xbox und PC, kostet rund 25 Euro und ist freigegeben ab 12 Jahren.

Transparenzhinweis: Für diesen Test wurde uns vom Publisher ein kostenloser Review-Code zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf unsere Wertung. Wir haben das Spiel auf der Playstation 5 getestet.

INFORMATION


Kaufempfehlung

Für Nostalgiker: Ein liebevoll aufpoliertes Stück deutscher Spielegeschichte – mit all seinem Charme und seinen Macken.

Für Loot-Fans: Hunderte Quests, tonnenweise Beute – wer Sammeln liebt, wird fündig.

Für Action-Spieler: Träge Kämpfe, wenig Wucht. Gegen moderne Genre-Größen wirkt „Sacred 2“ altbacken.

Fazit: Ein Remaster für Fans, nicht für Neulinge. Wer das Original mochte, bekommt eine solide Zeitreise nach Ancaria – alle anderen eher ein Spiel von gestern.