Mit visuellen und spielerischen Anleihen bei den jüngsten Teilen der „God of War“-Reihe schaffte es „Echoes of the End“ vom isländischen Studio Myrkyr Games auf Anhieb aufs Radar aller Jünger von Kratos und Ziehsohn Atreus. In unserem ersten Test im August 2025 entpuppte sich das Spiel als ambitioniert, aufgrund der geringen Größe des Entwicklungsteams aber oft eben doch ein paar Schubladen tiefer im Regal liegend als das große Vorbild von Sony Santa Monica.
Was aber praktisch seit Release galt: Die Entwickler hören auf ihre Spielerbasis. Kritik an hakeligen Kämpfen und ulkigen Fehlern, bei denen Charaktere durch die Welt „glitchten“, griff das Team offen auf und kommunizierte Änderungen stets so, dass die Fans wussten, dass sie ihren Anteil daran hatten, „ihr“ Spiel etwas besser gemacht zu haben.
Mit der „Enhanced Edition“ legt Myrkyr nun den groben Schleifstein an. Kämpfe, Erkundung, Rollenspiel-Elemente, ein neuer Schwierigkeitsgrad, New Game+, sowie viele Detailverbesserungen: Nichts weniger als ein neues Spielgefühl wird uns versprochen. Also: Lohnen sich die Rückkehr oder der Neueinstieg in die Welt von „Echoes of the End“?
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Dynamischere Kämpfe, besserer Überblick
Fangen wir mit dem größten Kritikpunkt an: dem Kampfsystem. Das präsentiert sich tatsächlich deutlich dynamischer und fehlerfreier als in der Ursprungsversion. Die Gefechte gegen reguläre Gegner sind zwar selten eine echte Herausforderung. Dafür sollten wir unsere Heldin Ryn in den gelegentlichen Bosskämpfen gegen turmhohe Trolle, flinke Wolfsbiester und royale Untote mit überlegten Aktionen (und Ausweichsprüngen) ins Gefecht schicken. In dieser Hinsicht also: Daumen hoch.
Auch das Charaktersystem präsentiert sich kräftig aufgeräumt. Der Talentbaum ist jetzt ein gutes Stück besser durchschaubar, alle Verbesserungen sind klar verständlich, und wer Ryn neu einkleiden möchte, kann sich nach Lust und Laune austoben, sofern man die zahlreichen Kisten in der Spielwelt um neue Outfits erleichtert. Das motiviert zum Erkunden der immer noch mystisch-schönen nordischen Spielwelt.
Das Kampferlebnis grundlegend verändernde Builds lassen sich aber immer noch nicht bauen. „Echoes of the End“ testet weiter vor allem unser Können in Sachen Zuhauen und Ausweichen.
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Menschlich interessante, aber überraschungsarme Story
Schwächen sind weiterhin die zwar menschlich interessante, aber ansonsten überraschungsarme Story rund um eine untergegangene, eine bedrohte und eine ziemlich übergriffige Zivilisation. Einen Zugang zur vom verschwundenen Vater reichlich desillusionierten Ryn, deren magische Fähigkeiten sie in ihrer Welt zur gleichermaßen bewunderten wie gefürchteten Außenseiterin machen, findet man eher selten.
Und wer die ultraprofessionell produzierten Zwischensequenzen eines „God of War“ gewöhnt ist, dem fallen die nicht ganz so perfekt durchchoreografierten Erzählpassagen in „Echoes of the End“ natürlich auf. Das soll die Arbeit der 40 Entwickler von Myrkyr nicht herabwerten, aber ein AAA-Erlebnis macht auch die „Enhanced Edition“ nicht aus diesem Spiel.
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Die wahre Stärke ist die fremdartige Spielwelt
Am spannendsten finden wir in „Echoes of the End“ aber nach wie vor die raue Schönheit der von Island inspirierten Spielwelt. Wie schon „The Witcher: Wild Hunt“, das Monster aus der slawischen Folklore adaptierte, macht „Echoes of the End“ die Mythologie, mit der seine Erschaffer groß geworden sind, zum heimlichen Star seiner Welt. Dass wir trotz der recht abwechslungsarmen Kämpfe und nur bedingt fordernden Puzzles weiterspielen wollen, liegt an der Faszination, die dieses Universum ausübt.
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Unser Fazit zu „Echoes of the End: Enhanced Edition“
„Echoes of the End“ war schon zum Release ein spannendes, wenn auch klassisches Action-Adventure. Von dem Moment an, als im ersten Trailer ein gigantischer Gletscher vor einem schwarz-grünen Bergpanorama aus dem Nebel auftauchte, waren wir fasziniert. Das Spiel schafft durch beeindruckende Panoramen und den melancholischen Ton eine tolle Atmosphäre, der man trotz Gameplay-Schwächen gern immer weiter hinterherjagt.
Wer „Echoes of the End“ schon seit Release spielt, hat mit der „Enhanced Edition“ jeden Grund, nochmal einzusteigen – kostenlos. Und Neueinsteiger profitieren von den Verbesserungen, für die sich eine passionierte Spielerschaft ebenso auf die Schulter klopfen darf wie das vorbildlich reagierende Entwicklerstudio. Island jedenfalls hat auf der internationalen Videospielbühne eine starke erste Duftmarke gesetzt.
„Echoes of the End: Enhanced Edition” ist seit dem 30. Oktober 2025 für PC, Playstation und Xbox erhältlich, kostet rund 40 Euro (für Besitzer des Basisspiels kostenlos) und ist freigegeben ab 16 Jahren.
Transparenzhinweis: Für diesen Test wurde uns vom Publisher ein kostenloser Review-Code zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf unsere Wertung. Wir haben das Spiel auf der PS5 getestet.
INFORMATION
Kaufempfehlung
Action-Abenteurer: Wer „God of War“ liebt, bekommt hier kein AAA-Spektakel, aber einen ehrlichen, handgemachten Genrevertreter mit überraschend flüssigem Kampfsystem und eindrucksvoller nordischer Mystik.
Story-Fans: Ryns Reise durch Verlust, Verantwortung und Selbstfindung überzeugt emotional – auch wenn die Handlung keine großen Wendungen bietet. Die melancholische Atmosphäre trägt vieles.
Erkundungsfreunde: Die isländisch inspirierte Welt bleibt der heimliche Star: schroffe Felsen, uralte Ruinen, tanzende Nordlichter. Wer gern in fremde Mythen eintaucht, wird hier voll aufgehen.
Wiedereinsteiger: Die „Enhanced Edition“ liefert spürbare Verbesserungen: flüssigere Kämpfe, klareres Interface, mehr Komfort. Wer das Original mochte, erlebt hier die polierte Version.
Fazit: „Echoes of the End“ ist kein neues „God of War“ – will es auch gar nicht sein. Es ist ein stimmungsvolles Action-Adventure mit Herz, Mythos und eigenem Charakter. Für Entdecker und Fantasy-Romantiker ein lohnender Ausflug.