
Mit „Echoes of the End“ wagt sich das isländische Team von Myrkur Games an nichts weniger als ein erzählerisch getragenes Action-Adventure, das Anspruch und künstlerische Vision großschreibt. Seit dem 12. August 2025 dürfen Spielerinnen und Spieler in die verdichtete Welt dieses Indie-Projekts eintauchen, das bereits im Vorfeld durch seinen atmosphärisch-düsteren Trailer und die Ankündigung einer erwachsenen Fantasy-Handlung Aufmerksamkeit erregt hatte.
Dabei muss man sich vergegenwärtigen: „Echoes of the End“ ist kein Blockbuster mit den Mitteln eines „Elden Ring“ oder „Final Fantasy XVI“. Es ist das Produkt eines Teams, das mit lediglich 16 Entwicklerinnen und Entwicklern begann und im Laufe von vier Jahren auf 40 Personen anwuchs. Diese Größenordnung sieht man dem Spiel an – es trägt die individuelle Handschrift eines leidenschaftlichen Teams und zeigt kreative Momente, aber es fehlen die Ressourcen für umfassenden Feinschliff. Wer also mit der Erwartung eines makellosen AAA-Titels herangeht, wird hier schnell enttäuscht. Wer hingegen offen ist für Eigenheiten, stößt auf ein Spiel, das Faszination und Frustration gleichermaßen hervorruft.
Internationale Wertungen spiegeln dieses Spannungsfeld: Auf der einen Seite die erzählerische Dichte und den starken künstlerischen Ausdruck lobt, kritisierten Stimmen bei IGN oder GameSpot vor allem technische Probleme und unausgegorenes Balancing. „Echoes of the End“ will episch wirken, verliert sich aber häufig in handwerklichen Ungereimtheiten.
Worum geht’s in „Echoes of the End“?

Im Zentrum steht Ryn, eine junge Kriegerin, die nach dem Zusammenbruch ihrer Zivilisation ihre Identität und Vergangenheit enträtseln muss. Das Spiel setzt dabei weniger auf den großen, klassischen Helden-Plot als auf moralische Zwischentöne: Schuld, Verlust und die Suche nach dem eigenen Platz in einer sterbenden Welt.
Spielerisch positioniert sich „Echoes of the End“ als Third-Person-Action-Adventure mit Kämpfen, Exploration und kleineren Rätselpassagen. Besonders hervorgehoben wird das Ausweichsystem, das den Kämpfen eine taktische Dimension verleihen soll, aber in der Praxis auch seine Tücken hat. Visuell beeindruckt die Welt zunächst mit stimmungsvollen Ruinen, Nebelbergen und melancholischen Landschaften, die von Island inspiriert sind – eine Inszenierung, die allerdings nach einiger Zeit an Abwechslung verliert.
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Was hat uns gefallen?

Am stärksten fesselt „Echoes of the End“ definitiv durch seine Atmosphäre. Bereits in den ersten Spielminuten entfaltet sich eine dichte Melancholie: Nebel, verwitterte Ruinen und mystische Umgebungen erschaffen eine Welt, die trotz begrenzter Mittel künstlerisch bemerkenswert wirkt.
Besonders positiv fiel uns die Erzählhaltung auf. Myrkur Games verzichtet bewusst auf gängige Open-World-Komfortmechaniken oder eine Loot-Inflation, sondern konzentriert sich auf eine fokussierte, kunstvolle Geschichte. Dieser Mut, narrative Tiefe über die Massenkompatibilität zu stellen, verschafft „Echoes of the End“ eine eigene Identität.
„Echoes of the End“ hat außerdem einige audiovisuelle Stärken. Die englische Synchronisation – allen voran die Sprecherin von Ryn – verleiht der Geschichte einen schönen emotionalen Tiefgang, wenngleich man sich erst reinhören muss. (Die Sprachausgabe ihres Bruders dagegen nervt schnell, denn der junge Mann ruft nach jeder Wegbiegung „woah!“, so geplättet ist er von der Aussicht. Glücklicherweise wird er dann bald von uns getrennt, und es sich gesellt sich ein eloquenterer Begleiter zu uns.) Loben können wir außerdem die atmosphärischen Klanglandschaften, die nordisch inspirierte Musik und die offenbar durchdachte Akustik, die die Welt zusätzlich lebendig macht.
Ein weiteres Plus für uns (nicht für alle, das wissen wir): die schlanke Spielzeit. Mit einer durchschnittlichen Dauer von 15 bis 20 Stunden bleibt das Spiel straff, ohne sich in überflüssigen Füllmissionen zu verlieren – angesichts der aktuellen Flut an Open-World-Epen mit fast endloser Spielzeit ist das eine sehr angenehme Ausnahme.
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Was hat uns nicht gefallen?

So sehr „Echoes of the End“ durch Atmosphäre punktet, so sichtbar sind leider auch seine Schwächen. So erweist sich die Steuerung des Controllers an unserer PS5 Pro als zickig: Die Empfindlichkeit ist schwer einzustellen, was uns vor allem bei den präzisen Ausweichmanövern frustriert. Ja, man kann Einstellungen vornehmen, aber so richtig befriedigend fühlen sie sich nicht an.
Was uns auch genervt hat: Es gibt keine Möglichkeit, die Größe der Untertitel anzupassen – ein ärgerlicher Mangel im Bereich Barrierefreiheit, der im Jahr 2025 schlicht antiquiert wirkt.
Auch das Ausweichsystem selbst, als Herzkammer des Kampfdesigns gedacht, offenbart schnell seine Schattenseiten. Wer nicht exakt im winzigen Timing-Fenster reagiert, wird selbst dann getroffen, wenn die Spielfigur sich sichtbar korrekt bewegt. Das erzeugt einen Ungerechtigkeitsfaktor, der in einem so kampflastigen Spiel besonders schmerzt.

Ein weiteres schwerwiegendes Problem sind die Respawn-Bugs, über die auch andere Spielerinnen und Spieler berichten. Wir haben einen besonders heftigen erlebt: Bei einem Kampf sind wir am Rand eines Abgrunds gestorben. Zurück auf die Welt gekommen sind wir genau da – und sind im freien Fall wieder in den Tod gestürzt. Wieder und wieder. Ein Designfehler, der Spielspaß und Motivationsfluss massiv stört!
Am PC soll es Performance-Probleme geben, zum Beispiel Ruckler und Framerate-Einbrüche in nebelreichen Gebieten, die auch nach einem Patch nicht restlos behoben wurden. Auf Konsolen, inklusive der von uns getesteten PS5 Pro, fällt das Bild etwas besser aus, doch selbst dort treten auffällige Textur-Pop-ins auf – Umgebungen wirken manchmal erst Sekundenbruchteile nach dem Betreten vollständig geladen.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Kamera und die Checkpoint-Logik. Gerade in engen Räumen gerät die Kamera oft zu nah an die Spielfigur, was uns die Übersicht raubt. Zudem sind Checkpoints häufig ungünstig gesetzt, sodass man bei einem Tod teilweise zehn Minuten Spielfortschritt wiederholen muss. Auch das Fehlen eines klaren Quest-Logs sorgt für Verwirrung – man verliert leicht den roten Faden oder übersieht Nebenaufgaben.
Schließlich verliert die Welt trotz ihres atmosphärischen Designs recht schnell an Überraschung. Schon nach einer Stunde entsteht das Gefühl, die meisten visuellen Facetten gesehen zu haben. Diese mangelnde Varianz lässt die Spielwelt hinter ihrem Potenzial zurückbleiben.
Unser Fazit zu „Echoes of the End“

„Echoes of the End“ ist ein Spiel voller Widersprüche. Es ist atmosphärisch dicht, erzählerisch mutig und audiovisuell in vielen Momenten beeindruckend. Gleichzeitig hat es mit handfesten Problemen zu kämpfen: Frickelige Steuerung, unfair wirkende Kampfmechaniken, unglücklich gesetzte Checkpoints und technische Unsauberkeiten.
Aber genau darin liegt eine Wahrheit: Dieses Spiel ist ehrlich. Es ist kein glattgebügeltes Produkt für den Massenmarkt, sondern ein Versuch, eine eigenständige Vision umzusetzen – mit all ihren Brüchen. Wer Wert legt auf narrative Intensität und stimmungsvolle Welten und bereit ist, Bugs und Frust wegzustecken, wird hier ein ungewöhnliches, streckenweise faszinierendes Abenteuer erleben. Wer dagegen Perfektion und reibungslosen Flow sucht, wird sich an den Ecken und Kanten blutig stoßen.
„Echoes of the End“ verdient Respekt, aber keine unkritische Verklärung. Es ist ein mutiges, aber unvollkommenes Werk.
„Echoes of the End“ ist seit dem 12. August 2025 für Playstation, Xbox Series X|S und PC erhältlich und kostet rund 40 Euro. Das Spiel ist ab 16 Jahren freigegeben.
INFORMATION
Für wen lohnt sich das Spiel?
Wer könnte einen Blick riskieren?
- Story-Liebhaberinnen und -Liebhaber mit einem Faible für ungewöhnliche Erzählungen, melancholische Fantasy-Stimmungen und starke Synchronarbeit werden hier fündig. Sie können über technische Schwächen hinwegsehen und bekommen ein Indie-Werk, das sich spürbar von der Masse abhebt.
- Indie-Fans und Spieler, die kleine Studios bewusst unterstützen, erhalten ein ehrliches, eigenständiges Projekt, das Herzblut über die Produktionsroutine stellt. Wer beim Spielen auch die Vision hinter dem Werk schätzen kann, sollte zugreifen.
- Sound-Ästheten werden die starke Musik und das Sounddesign lieben, die das Spielerlebnis emotional tragen.
Wer sollte besser Abstand halten?
- Technik-Puristinnen und -Puristen, die runden Spielfluss und polierte Mechaniken erwarten, werden hier regelmäßig frustriert. Ruckler, Pop-ins, Checkpoint-Probleme und unausgegorenes Balancing wirken zu gravierend, um den Spielfluss ungestört genießen zu können.
- Casual-Spieler, die sich ein entspanntes Fantasy-Abenteuer wünschen, stoßen mit dem anspruchsvollen, teils unfairen Kampfsystem wahrscheinlich schnell an ihre Grenzen.