
In einer Zeit, in der das Science-Fiction-Genre in Videospielen oft von bombastischen Blockbustern dominiert wird, wagt das italienische Studio Storm in a Teacup mit „Steel Seed“ einen erfrischend anderen Ansatz. Statt auf endlose Explosionen und Dauer-Action setzt das Spiel auf Atmosphäre, Nachdenklichkeit und die leisen Zwischentöne einer postapokalyptischen Welt.
„Steel Seed“ ist ein Titel, der seine Spieler nicht nur fordert, sondern auch zum Nachdenken anregt – und damit eine willkommene Abwechslung im Einheitsbrei der Genre-Kollegen bietet.
Wir haben das Spiel mehrere Tage getestet und sind dem Spiel sogar treu geblieben, als sich weitere Releases in den Fokus schleichen wollten. Hier ist das Ergebnis unseres Tests auf der Playstation 5:
Worum geht’s in „Steel Seed“?
„Steel Seed“ entführt uns in eine düstere Zukunft, in der die Menschheit nach einer Katastrophe an den Rand der Auslöschung gedrängt wurde. Maschinen haben die Kontrolle übernommen. Inmitten dieser trostlosen Welt übernehmen wir die Rolle von Zoe, die gemeinsam mit der KI-Drohne Koby gigantische Anlagen erforscht. Dabei geht es nicht nur ums nackte Überleben, sondern auch um die Suche nach Antworten: Was ist wirklich passiert? Gibt es Hoffnung für die Menschheit? Und wie weit kann – oder sollte – man Maschinen vertrauen? Je weiter wir in die Geschichte vordringen, desto mehr Daten-Journale finden wir, die davon zeugen, wie unsere Welt zerstört wurde.
Das Gameplay setzt auf eine gelungene Mischung aus Stealth, Action und Erkundung. Besonders hervorzuheben ist die enge Zusammenarbeit mit Koby: Die Drohne ist nicht nur ein Hilfsmittel, sondern ein echter Partner, der Zoe mit Fähigkeiten wie Hacking, Ablenkung und sogar im Kampf unterstützt.
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Was hat uns gefallen?

„Steel Seed“ überzeugt vor allem durch seine dichte, stimmungsvolle Atmosphäre. Die Anlagen, durch die Zoe und Koby streifen, sind meisterhaft inszeniert: Dunkle Gänge, kaltes Metall, vereinzelte Neonlichter, schwindelerregende Höhen und Tiefen sowie diffuse Schatten erzeugen eine beklemmende, fast schon greifbare Sci-Fi-Dystopie. Die visuelle Gestaltung ist detailverliebt, ohne überladen zu wirken.
Kleine Umgebungsdetails erzählen ihre eigenen Geschichten – etwa verlassene Arbeitsstationen, kryptische Datenlogs oder Spuren vergangener Konflikte. Diese Umgebungen laden zum Erkunden ein und schaffen eine tolle Spielwelt, die oft richtig fesselt, auch wenn die Spieltwelt eher linear aufgebaut ist
Ein echtes Highlight ist für uns die Drohne Koby, die Zoe auf Schritt und Tritt begleitet. Koby ist nicht nur ein simpler Helfer, sondern ein integraler Bestandteil des Gameplays. Mit ihren Fähigkeiten – vom Hacken elektronischer Systeme über das Ablenken von Gegnern bis hin zur Unterstützung im Kampf – eröffnet sie vielfältige taktische Möglichkeiten. Anfangs ist „Steel Seed“ sehr schwer, aber sobald Koby Minen werfen kann, wird es interessant, Koby im Kampf gegen die Roboter einzusetzen. Und das ist erst der Anfang.
Das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine wird durch liebevoll gestaltete Dialoge und Animationen unterstrichen, wodurch Koby fast schon ein eigenständiger Charakter wird. Dieses dynamische Duo hebt „Steel Seed“ deutlich von anderen Stealth- und Action-Adventures ab – und wir lieben Koby!
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Die Stealth-Mechaniken sind ein weiterer Pluspunkt. Die Gegner-KI reagiert intelligent auf Geräusche und Sichtkontakt, weshalb wir unbedingt vorsichtig vorgehen sollten. Vor allem, weil wir keine Überlebenschance haben, wenn alle Gegner in einem Raum auf uns aufmerksam werden.
Aber das Spiel bietet uns gute Alternativen, um voranzukommen: Vor allem die Möglichkeit, sich im sogenannten holografischen Gras zu verstecken, hat uns begeistert. Anders als in vielen action-lastigen Spielen zwingt „Steel Seed“ den Spieler, strategisch zu denken und seine Umgebung genau zu beobachten. Das macht das Schleichen spannend und befriedigend, gerade für Fans von Stealth-Titeln. Mit der Hau-drauf-Mentalität kommt man bei „Steel Seed“ nicht weit.
Überrascht hat uns auch die Hintergrundgeschichte von Zoe und Koby, denn die ist überraschend gut geschrieben und sehr emotional. Themen wie Menschlichkeit, Vertrauen in Technologie und das Verhältnis zwischen organischem Leben und künstlicher Intelligenz werden sensibel behandelt. Zwar bleibt die Erzählung an manchen Stellen bewusst offen, erreicht damit jedoch auch eine gewisse Tiefe. Zudem sind die Zwischensequenzen gut inszeniert.
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Das Upgrade-System erlaubt es uns, Zoe und Koby individuell zu verbessern. Neue Fähigkeiten, bessere Ausrüstung und taktische Erweiterungen sorgen für spürbare Fortschritte und erlauben verschiedene Spielstile. Ob man sich auf lautlose Infiltration oder gezielte Konfrontation spezialisiert, bleibt dem Spieler überlassen. Dieses System fördert Experimentierfreude und erhöht den Wiederspielwert. Ein wenig bedenklich allerdings finden wir, dass Upgrades erst freigeschaltet werden, wenn bestimmte Ziele erreicht werden. Für drei sehr wichtige Upgrades zum Beispiel muss man bei Gegnern mehrere Male perfekt ausweichen. Wir haben das in den ersten Stunden kein einziges Mal geschafft. Und kommen damit zu unserer Rubrik „Was hat uns nicht gefallen?“.
Was hat uns nicht gefallen?
Trotz der vielen Stärken leidet „Steel Seed“ unter einigen technischen Problemen, die den Spielfluss gelegentlich stören. So kommt es ab und zu vor, dass Zoe an Wänden, Objekten oder einfach im Off hängen bleibt oder die Kamera ungünstig positioniert ist und sich auch nicht steuern lässt. Auch vereinzelte KI-Aussetzer, bei denen Gegner merkwürdig reagieren oder sich unnatürlich bewegen, trüben das Erlebnis. Zwar sind diese Fehler meist nicht spielentscheidend, doch sie bremsen den Spielfluss und können Frustmomente erzeugen, insbesondere wenn man auf einen sehr viel früheren Checkpoint zurückspringen muss. Positiv ist, dass die Entwickler bereits mehrere Patches veröffentlicht haben und sich um die Probleme zu kümmern scheinen.
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Während das Stealth-Gameplay überzeugt, hinterlässt das Kampfsystem bei uns leider einen zwiespältigen Eindruck. Die Kämpfe wirken vergleichsweise schlicht und wenig dynamisch. Animationen sind teilweise steif, das Trefferfeedback fällt blass aus, und die Gegner sind oft wenig abwechslungsreich. Hier hätte man sich mehr spielerische Tiefe und flüssigere Abläufe gewünscht, um auch die actionreichen Momente spannender zu gestalten.
Das Leveldesign finden wir solide, allerdings nicht herausragend, denn die Areale sind meist linear aufgebaut, was die Erkundung etwas einschränkt. Zwar gibt es alternative Pfade und versteckte Bereiche, aber die Belohnung fühlt sich oft zu klein an, um wirklich zum ausgedehnten Erkunden zu motivieren.
Einige Abschnitte wirken zudem etwas leer und könnten mehr interaktive Elemente vertragen. Gerade in einem Spiel, das so stark auf Atmosphäre setzt, wäre eine lebendigere, organischere Welt wünschenswert gewesen.

Die Steuerung von Zoe ist grundsätzlich gelungen, doch gerade bei Kletter- und Sprungpassagen zeigt sie Schwächen. Die Parkour-Elemente wirken hin und wieder unpräzise und führten bei uns zu Frust, wenn man an scheinbar einfachen Stellen wieder und wieder scheitert. Zum Beispiel müssen wir uns an einer Stelle an einem Rad festhalten und dann auf der gegenüberliegenden Seite weiterklettern. Was auch immer wir machen: Zoe will partout nicht auf der anderen Seite weiterklettern. Entweder fährt sie mit dem Rad Runde um Runde oder sie stürzt ab und wir müssen vom letzten Checkpoint erneut anfangen. Nervig!
Achja, die Checkpoints! Da haben wir leider das Gefühl, sie seien ungerecht verteilt oder vielmehr in zu großen Abständen. Manuell abspeichern können wir immer nur an ganz bestimmten Punkten, die noch rarer gesät sind als die automatischen Checkpoints. Eine großzügigere Verteilung könnte unnötige Wiederholungen vermeiden. Vielleicht gibt es dazu ja noch einen Patch.
Unser Fazit zu „Steel Seed“
„Steel Seed“ ist ein atmosphärisch dichtes, spielerisch anspruchsvolles Abenteuer, das sich wohltuend vom Mainstream abhebt. Die Kombination aus packender Sci-Fi-Story, innovativem Begleiter-System und spannenden Stealth-Mechaniken macht das Spiel zu einem echten Geheimtipp für Genrefans. Natürlich ist nicht alles perfekt – kleinere technische Schwächen und ein ausbaufähiges Kampfsystem verhindern eine Spitzenwertung. Doch wer sich auf das Abenteuer einlässt, wird mit einer emotionalen, intelligenten und fordernden Spielerfahrung belohnt.
„Steel Seed“ liefert den Beweis, dass große Ideen und viel Herzblut auch abseits der ganz großen Studios zu außergewöhnlichen Spielerlebnissen führen können. Wer Science-Fiction liebt und Wert auf Atmosphäre, Story und taktisches Gameplay legt, sollte diesem Indie-Glanzstück eine Chance geben.
„Steel Seed“ ist seit dem 22. April 2025 für Playstation 5, Xbox Series X|S, Nintendo Switch und PC erhältlich und kostet rund 40 Euro. Seit dem 23. Mai 2025 ist außerdem eine physische PS5-Edition für rund 50 Euro erhältlich.