Fortsetzung erscheint 8.5.2025

"Journey to the Savage Planet" im Test: Wunderwitziges Weltall-Abenteuer

Das neue Spiel der Typhoon Studios gilt bereits als eine der frühen Überraschungen dieses Gaming-Jahres.

Wo, bitte, geht's nach Hause? Willkommen auf dem "Savage Planet", der nicht überall so viel Luft hat wie auf diesem Foto. | © 505 Games

Christian Lund
04.02.2020 | 05.05.2025, 19:20

"Journey to the Savage Planet" sagt Ihnen nichts? Kein Problem – ging uns auch so. Wenn Sie auf durchgedrehte, verrückte und knallig-bunte "Tomb Raider"-Rätsel versprechende Alien-Spiele mit Douglas-Adams-Witz stehen und ein wenig Entdecker-Faszination in sich tragen, werden Sie das lustige Machwerk von Typhoon Studios genauso schnell liebgewinnen wie wir. Ja, wir ertappen uns inzwischen dabei, dass wir die Titelmelodie fröhlich auf den Redaktionsfluren vor uns hinpfeifen. Geben Sie also acht vor den Nebenwirkungen.

Worum geht's?

Wer würde sich schon mit dem Fünftbesten zufriedengeben? Wir nicht, und deshalb heuern wir bei dem nach eigenen Angaben "viertbesten interstellaren Erkundungsunternehmen" Kindred Aerospace als Rekrut an. Unsere Aufgabe ist es, den Planeten AR-Y 26 zu erforschen, auf dem unser kleines Raumschiff mehr oder minder glücklich bruchgelandet ist. Wir sind völlig allein damit (es sei denn, wir spielen im Koop-Online-Modus) und sind es irgendwie auch nicht, denn von der Erde erreichen uns regelmäßig Videobotschaften von Kindred Aerospace, die wir auf unserem Bordcomputer, von antiquiertem Diskettensound begleitet, abrufen können. Und da haben Sie noch nicht die Werbevideos im Aufenthaltsraum des Raumschiffs gesehen...

Unsere Bordmittel zur Erforschung des Planeten sind anfangs ziemlich dürftig (klar: wir sind eben nur beim viertbesten Unternehmen beschäftigt). Allerdings sagt man uns zu Beginn auch nur, dass wir den Planeten scannen müssen. Dass uns natürlich viel mehr erwartet, verrät nicht nur der Blick in die noch freizuschaltenden Gimmicks, sondern der baldige Kontakt mit den ersten Bewohners des Planeten: Mopsvögel – die übrigens so knuffig aussehen, als wären sie einem Pixar-Film entsprungen.

Der Scan lässt uns ein bisschen entspannen, denn die hüpfenden, piepsenden Gesellen sind uns nicht nur wohlgesonnen, sondern lieben uns geradezu. Diese Arglosigkeit können und müssen wir allerdings später fieserweise ausnutzen, wenn wir sie in die Luft kicken. Nicht nur zu Forschungszwecken. Aber auch, versteht sich. Wir sind ja Entdecker.

Einer der Bossgegner tritt dort hinten durch die Tür. Vorne und hinten rechts liegen schon sterbliche Überreste von uns aus vorherigen Kämpfen. - © 505 Games
Einer der Bossgegner tritt dort hinten durch die Tür. Vorne und hinten rechts liegen schon sterbliche Überreste von uns aus vorherigen Kämpfen. | © 505 Games

Als solche erleben wir die Planetenerkundung vorrangig aus der Ego-Perspektive. Und es bleibt natürlich nicht dabei, dass wir nur niedlichen Geschöpfen begegnen. Wir scannen, springen und klettern durch eine kunterbunte, fantasievoll fremde Welt und müssen dabei allerlei Getier und Seltsames niederstrecken. Erst bei unserem ersten Bosskampf fällt uns dann auch auf: es gibt nur eine einzige Schwierigkeitsstufe, und die hat es manchmal richtig in sich – nicht nur bei den Bosskämpfen (die Bosse sehen übrigens alles andere als niedlich aus).

Haben wir Feinde erledigt oder neue Orte entdeckt (immer auf Felsspalten und Höhlen achten!), können wir Ressourcen wie Kohlenstoff, Aluminium und Silizium sammeln, mit denen wir im 3D-Drucker unseres Raumschiffs Waffen oder andere Ausrüstungsgegenstände herstellen.

Was hat uns gefallen?

Die Welt! Und die Welt ist nicht genug, denn was hier so kreativ gezaubert wurde, ist nicht nur eine skurrile Fantasiewelt in außerirdischem Maße, sondern eine kaum langweilig werdende Eroberungsfläche mit hintersinnigem Humor und raffinierten Ideen. Wir haben unendlich Leben, beziehungsweise: können unendlich oft vom 3D-Drucker neu geklont werden, und dürfen uns nach jedem Tod selbst begegnen, weil die sterblichen Überreste an dem Ort liegen bleiben, wo wir zuletzt das Zeitliche gesegnet haben. Das hat durchaus auch philosophischen Charakter.

Wenn wir sterben, schlüpfen wir hier in unserem Raumschiff als Klon wieder aus dem 3D-Drucker. Das ist übrigens das Gerät mit dem gelben Pfeil.  - © Screenshot: Christian Lund
Wenn wir sterben, schlüpfen wir hier in unserem Raumschiff als Klon wieder aus dem 3D-Drucker. Das ist übrigens das Gerät mit dem gelben Pfeil.  | © Screenshot: Christian Lund

Dass es bei dem Spiel nicht nur darum geht, einen fremden Planeten zu scannen, sollte klar sein. Und auch, dass "Savage Planet" nicht der geheime Rückzugsort der furchtbaren australischen Popband "Savage Garden" ist. Hinter unserer Mission steckt noch etwas viel Geheimnisvolleres – und wir haben es sehr genossen, das langsam herauszufinden. Langsam auch deshalb, weil wir "Savage Planet" in allen Facetten genießen wollten. Der hervorragende Levelaufbau lässt dafür viel Raum, bietet allzeit viel Abwechslung und fordert den Spieler gleichzeitig.

Die große Stärke von "Savage Planet" aber ist auch der (schwarze) Humor, der Witz, der Sarkasmus. Die Off-Kommentare von E.K.O., der weiblichen KI-Stimme, zu unserem Spiel sind schon sehr lustig, und ihr beißender Spott bei unseren Todeserfahrungen hat uns oft richtig gepiesackt. Im Raumschiff laufen ständig Werbespots, die an die Abspann-Werbespots von "You dont't know Jack" erinnern. Allerdings gab es dort wohl nie einen Spot für Telefonerotik mit einem Schleimhaufen. Das muss man wollen.

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Was hat uns nicht gefallen?

Wir können eigentlich kaum meckern. Technisch gesehen sind uns auf unserer PS4 keine nennenswerten Bugs oder Glitches aufgefallen. Auch die Steuerung ist sehr gut und punktgenau. Was aber absolut nerven kann, ist die Tatsache, dass wir unser Spiel nach jedem Tod immer wieder im Raumschiff beginnen müssen und nicht etwa beim letzten Speicherpunkt. Gerade bei Bosskämpfen frustriert das ungemein, wenn man sich erstmal wieder den Weg dorthin zurück bahnen muss. Gleichzeitig gilt aber natürlich das oben Gesagte (die stetige Begegnung mit dem eigenen Tod hat auch was existenziell Beruhigendes).

Überhaupt nicht gefallen hat uns - und das ist vermutlich das einzige, was wir mit Inbrunst kritisieren - das Fehlen einer Karte, mit der wir durch die schon entdeckten Areale navigieren können. Klar, es trainiert das Gehirn, wenn wir uns an Wegpunkte erinnern müssen, aber die Karte hätte man ja auch sehr spät im Spiel freischaltbar machen können. Immerhin kann man sich vom Raumschiff aus zu allen entdeckten Teleportern beamen. Das nimmt einiges an Wegstrecke ab, und die Teleporter sind auch an ausreichend voneinander entfernten Punkten gesetzt.

Unser Fazit

Und so fängt alles an: Schneelandschaft, ein paar bunte Bäume, Wolken und vor allem Unwissenheit. - © 505 Games
Und so fängt alles an: Schneelandschaft, ein paar bunte Bäume, Wolken und vor allem Unwissenheit. | © 505 Games

Ja, was sollen wir sagen? Wir wiederholen einfach nochmal unsere ersten Sätze – besser kann man das nicht zusammenfassen: Wenn Sie auf durchgedrehte, verrückte und knallig-bunte "Tomb Raider"-Rätsel versprechende Alien-Spiele mit Douglas-Adams-Witz stehen und ein wenig Entdecker-Faszination in sich tragen, werden Sie das lustige Machwerk von Typhoon Studios genauso schnell liebgewinnen wie wir.

"Savage Planet" soll laut Publisher 15 Stunden Spielspaß bringen – wer eifrig alle Rätsel und Ecken der Welt entdecken will, braucht dafür erfahrungsgemäß auch mehr Zeit. Wir haben mit "Savage Planet" ein bis zum Schluss motivierendes Spiel gefunden, das uns wahrlich begeistert und unser Herz erobert hat. Wären wir Mopsvögel, würden wir sagen: wir lieben es. Und wir wollen wirklich nur spielen.

"Journey to the Savage Planet" ist seit dem 28. Januar 2020 für PC (als digitale Kopie im Epic Store), Xbox und PS4 für den Preis von rund 30 Euro erhältlich (USK: ab 12 Jahren freigegeben).

Am 8. Mai 2025 erscheint mit "Revenge of the Savage Planet" die Fortsetzung des Spiels, im Advanced Access bereits am 5. Mai 2025.