Von
Stefan Brams
29.05.2019 | 29.05.2019, 19:13
Zivilprozess
Julia Oesch hatte in einem Offenen Brief dem Leiter der Festspiele Tirol sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch vorgeworfen. Kuhn verlor sein Amt und leitet auch das Festival Neue Namen in Gütersloh nicht mehr.
Erl/Gütersloh. Nachdem fünf Künstlerinnen, unter ihnen die Mezzosopranistin Julia Oesch, im Juli vergangenen Jahres in einem Offenen Brief Gustav Kuhn sexueller Übergriffe bezieghungsweise des Machtmissbrauchs beschuldigt hatten, hatte dieser die künstlerische Leitung der Festspiele Tirol ruhen lassen. Zudem hatte die Festivalleitung den 73-Jährigen von weiteren geplanten Dirigaten entbunden. Sowohl die Staatsanwaltschaft Innsbruck als auch eine Gleichbehandlungskommission, die beim österreichischen Bundeskanzleramt angesiedelt ist, beschäftigen sich seitdem mit dem Fall.
Nun hat Kuhn in einem Zivilprozess, den er gegen die Künstlerin Julia Oesch angestrengt hatte, einen Vergleich erreicht. Laut der österreichischen Zeitung "Der Standard" wird Oesch demnach zukünftig die Behauptung unterlassen, dass Kuhn die Vergabe von Rollen an sie von sexuellen Gegenleistungen abhängig gemacht habe. Die Frauen hatten in ihrem Brief von "anhaltendem Machtmissbrauch und sexuellen Übergriffen" während ihrer früheren Engagements gesprochen.
Sowohl Kuhn als auch Oesch waren laut "Standard" am Dienstag zur Verhandlung erschienen. Eigentlich hätte die Befragung von Kuhn auf dem Programm des Prozesstages gestanden. Da die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn aber noch laufen, hätte er zu Vorwürfen in diesem Zusammenhang ohnehin keine Aussagen getroffen, sagte Kuhns Anwalt, der ehemalige FPÖ-Justizminister Michael Krüger, laut "Der Standard".
Oeschs Rechtsbeistand, Markus Orgler, hatte zu Prozessbeginn dann den Vergleich ins Spiel gebracht. "Ich will meine Mandantin nicht durch drei Jahre Prozess schicken", meinte Orgler. Die Gegenseite nahm den Vergleich sofort an. Demnach wird Oesch künftig nicht mehr behaupten, dass sie wegen der Weigerung sexuelle Gegenleistungen eine Rolle verloren hat. Widerrufen muss sie diesen Vorwurf allerdings nicht, heißt es in der österreichischen Zeitung "Kurier".
Kuhn hatte damals nicht nur seinen Posten als Festivalleiter in Erl verloren. Auch die Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh und Kuhn gingen fortan getrennte Wege. „Gustav Kuhn lässt auf eigenen Wunsch seine Aufgaben als künstlerischer Leiter des internationalen Opernwettbewerbs Neue Stimmen ruhen", hieß es damals in einer Stellungnahme aus Gütersloh.
Kuhn war seit 1987 für den Gütersloher Gesangswettbewerb aktiv und seit 1995 dessen künstlerischer Leiter. Vom 19. bis 27. Oktober 2018 sollte er den Meisterkurs und im Herbst 2019 wieder den Gesangswettbewerb, der alle zwei Jahre in der Gütersloher Stadthalle über die Bühne geht, leiten.
Links zum Thema
Ein Webabo bietet Zugriff auf alle Artikel.
Mit NW+-Updates per Mail - jederzeit kündbar.