Der Anteil der Raucher in Deutschland steigt offenbar plötzlich wieder: Er liegt derzeit bei fast 31 Prozent bei Menschen ab 14 Jahren, wie aus der repräsentativen Langzeitstudie Debra (Deutsche Befragung zum Rauchverhalten) hervorgeht. Ende 2019, vor Corona, lag der Anteil der Raucherinnen und Raucher in der Bevölkerung noch bei etwa 27 Prozent.
Wahrscheinlich sei, dass im letzten Jahr mehr frische Ex-Raucher rückfällig geworden seien, sagt der Suchtforscher und Debra-Leiter Daniel Kotz. "Ob Corona-Stress oder allgemein Auswirkungen der Pandemie da jetzt hineinspielen, ist ein bisschen spekulativ, kann aber sein."
Studien zufolge gehen nach wie vor etwa 13 Prozent der Mortalität in Deutschland auf das Tabakrauchen zurück, wobei sich ein gutes Viertel dieser Todesfälle noch im Erwerbsalter ereignet. Jährlich sterben in Deutschland ungefähr 125.000 Menschen an den Folgen von Tabakkonsum. Das sind mehr Rauchertote in einem Jahr als Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus nach fast zwei Jahren. Wie wird man die Sucht wieder loswird, verrät das Expertenteam der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Ich habe vor einiger Zeit aufgehört. Aber immer noch kommt manchmal fast überfallartig das Verlangen nach einer Zigarette zurück. Ist das normal?
Es ist möglich, dass das Verlangen auch nach längerer Zeit des Nichtrauchens wieder kommt. Aber es wird weniger häufig und geringer in der Intensität. Versuchen Sie sofort, sich abzulenken: sich bewegen, kaltes Wasser ins Gesicht spritzen, etwas Scharfes essen. Oder Sie tragen einen Gummi am Handgelenk, an dem Sie kurz ziehen. Der kleine Schmerz lenkt ab.
Morgens brauche ich einen Kaffee und eine Zigarette. Wie soll ich mich davon lösen?
Indem Sie in Ihrem Kopf Platz machen für Neues. Überlegen Sie sich Alternativen. Womit könnte Ihr Morgen künftig beginnen – mit Gymnastik, mit einem duftigen Duschbad, mit Musik, mit einer Teezeremonie? Den Kaffee sollten Sie vorläufig beiseite lassen. Kaffee ist bisher mit der Zigarette verbunden und würde sofort wieder das Verlangen danach auslösen. Diese Verknüpfung muss erst gelöst werden. Wenn Sie als Nichtraucher gefestigter sind, können Sie auch wieder Ihren Kaffee genießen. Wichtig für Ihr neues Morgenritual ist, dass Sie sich damit wohl fühlen.
Meine Frau hat sich entschlossen, im Homeoffice mit dem Rauchen aufzuhören. Ich bin auch zu Hause und es fällt mir schwer, ihre Stimmungsschwankungen auszuhalten.
Reden Sie miteinander, wie Sie beide diese Zeit überstehen können. Machen Sie sich bewusst, dass die Stimmungsschwankungen vorüber gehen. Versuchen Sie, schöne Momente für beide zu schaffen. Und vereinbaren Sie Auszeiten – etwa einen Spaziergang allein - wenn es Ihnen zu viel wird. Eine Rauchentwöhnung durchzuhalten, kann auch für den Partner eine anstrengende Sache sein. Aber gemeinsam ist es zu schaffen.
Ich habe immer wieder mal versucht, aufzuhören, bin aber nach einigen Wochen wieder schwach geworden. Macht es Sinn, es noch einmal zu versuchen?
Es hat Sinn. Die meisten Raucher brauchen mehrere Anläufe. Sehen Sie es so: Aus jedem Rückfall können Sie etwas lernen. Schreiben Sie alles Positive auf, das mit dem Rauchstopp verbunden war. Das macht Sie sicherer, es beim nächsten Mal zu schaffen. Schreiben Sie auch die Gründe auf, aus denen Sie wieder angefangen haben, und ganz wichtig, wie Sie solche Situationen ändern oder ihnen ausweichen können.
Ich wollte aufhören, aber dann wurde mir immer schwindlig. Also habe ich wieder geraucht und der Schwindel war weg. Sollte ich zum Arzt gehen?
Das können wir von hier aus schlecht beurteilen. Fest steht, dass der Entzug auch auf den Kreislauf gehen kann. In den ersten Tagen nach dem Rauchstopp sind Schwindelanfälle möglich. Oft hilft es schon, viel Wasser oder Tee zu trinken. Aber vielleicht gehen Sie vor Ihrem nächsten Rauchstopp zum Arzt und lassen Ihre gesundheitliche Situation abklären.
Erst habe ich vier Tage durchgehalten, dann nur drei. Habe ich überhaupt eine Chance, es ganz zu schaffen?
Das Verrückte ist: Sie hatten es beide Mal fast geschafft! Denn die ersten drei bis fünf Tage sind die schlimmsten. Danach können Schlaflosigkeit, Reizbarkeit oder schlechte Stimmung noch ein paar Tage anhalten, aber sie werden weniger. Beim nächsten Mal können Ihnen Nikotinersatzpräparate diese Zeit erleichtern. Lassen Sie sich in der Apotheke dazu beraten.
Von meinen Kollegen rauchen viele die weniger gesundheitsschädliche E-Zigarette, um später ganz aufzuhören. Funktioniert das?
Bewiesen ist das nicht. Dazu reicht die Studienlage nicht aus. Auch die gesundheitliche Unbedenklichkeit von E-Zigaretten ist noch nicht belegt. Ein Problem ist, dass mit der E-Zigarette die gewohnten Rauch-Rituale beibehalten werden. Will man wirklich von der Zigarette weg, müssen diese Rituale verändert werden. Unterstützung dabei gibt es unter www.rauchfrei-info.de.
Ich habe gelesen, dass Bewegung eine Unterstützung beim Rauchstopp sein kann. Empfehlen Sie das auch?
Auf alle Fälle. Der Hintergrund ist, dass eine Rauchentwöhnung phasenweise für manchen stressig sein kann. Bewegung ist eine gute Möglichkeit, diesen Stress abzubauen. Wer sich regelmäßig bewegt, verringert die Grundanspannung des Körpers. Das hat zur Folge, dass er gelassener mit Stresssituationen umgeht, was das Rückfallrisiko vermindert.
Ist es richtig, dass Nikotinersatzstoffe auch eine Gewichtszunahme verhindern?
Nicht wirklich. Sie können die - in diesem Fall erwünschte - Nebenwirkung haben, dass eine eventuelle Gewichtszunahme verzögert wird. Das eigentliche Problem ist ein Überschuss an Kalorien. Diesen wird man nur durch eine Ernährungsumstellung hin zu kalorienärmerer Kost oder durch mehr Bewegung los. Oft hilft es schon, viele Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegen.
Meine Frau hat aufgehört, ist aber seitdem schnell müde und ohne Energie. Vergeht das wieder?
Ja. Es sind normale Begleiterscheinungen eines Rauchstopps. Werden Sie nicht ungeduldig. Eine Rauchentwöhnung kann sehr anstrengend sein. Daher braucht so manche oder so mancher vorübergehend mehr Ruhe. Sie werden bald merken, dass Ihre Frau zu ihrer Energie zurückfindet.
Ich kenne zwei Nichtraucher, bei denen Lungenkrebs diagnostiziert wurde. Wird bei den Risiken des Rauchens nicht ein wenig dramatisiert? Ob sie eher Corona bekommen, ist doch auch noch nicht raus.
Anhand von Studien lässt sich belegen, dass Rauchen für einen Großteil der Lungenerkrankungen verantwortlich ist. Etwa 80 Prozent aller Lungenkrebsfälle sind darauf zurückzuführen, ebenso die chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD. Raucher haben ein höheres Risiko für akute Infekte der Atemwege. Für eine Covid-19-Erkrankung sind die genauen Zusammenhänge noch nicht genügend erforscht. Möglicherweise sind die Abwehrkräfte der Lunge durch das Rauchen so geschwächt, dass sie dem Virus nicht genügend Gegenwehr bieten können.
Was sagen Sie zu E-Shishas?
Ich weiß, dass sie unter Jugendlichen sehr beliebt sind, weil sie angeblich nur Fruchtaromen enthalten. Wir raten davon ab. Nicht alle E-Shishas sind nikotinfrei, und ihr Gebrauch kann die Hemmschwelle zum Gebrauch von nikotinhaltigen Wasserpfeifen oder Zigaretten herabsetzen. Es gibt noch keine unabhängige Analyse zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit im Hinblick auf einen Langzeitgebrauch.
Mit Material der dpa.
INFORMATION
Die Beratung für Rauchentwöhnung der Bundeszentrale für gesundheitliche Auflärung ist zu erreichen unter: 0800-8313131 (kostenlos auch aus dem Mobilfunknetz) Mo-Do. 10-22 Uhr, Fr-So. 10-18 Uhr.