Bielefeld. Ein 47-Jähriger, der vor seinem 40. Hermannslauf steht: Aus heutiger Sicht klingt das unglaublich, setzt doch die Ausschreibung für den Teuto-Klassiker längst ein Mindestalter von 18 Jahren fest. Als aber der Bielefelder Dirk Schröder am 4. April 1976 - seinem 8. Geburtstag - beim "Hermann" debütierte, verletzte er noch keine Regel. Und seither war er Jahr für Jahr dabei.
Motiviert, aber nicht gedrängt wurde er damals von seinem Vater Herbert. Der mittlerweile 80-jährige Oberturnwart und frühere Leichtathletikwart der Turnerschaft von 1878 hatte bereits drei Hermannsläufe absolviert, als sein jüngerer Sohn einstieg - lange vor der Diskussion um kindgerechte Laufdistanzen.

Dirk Schröder, zuvor schon Teilnehmer an Volksläufen von 10 bis 20 Kilometern und sportärztlich untersucht, trat 1976 auch aus eigenem Antrieb an: "Es ging das Gerücht", erinnert er sich, "dass Straßensperrungsprobleme weitere Hermannsläufe verhindern könnten. Und ich wollte unbedingt mal einen ganz besonderen Lauf mitmachen."
"Ans Aufgeben denke ich nie"
Dann ging's doch weiter - und seine Serie wurde nie unterbrochen. "Ich hatte Glück mit Konfirmationsterminen und zweimal auch mit leichteren Blessuren." Wenn immer er zu einem Rennen antritt, gilt für ihn: "Fluchen gehört dazu, doch ans Aufgeben denke ich nie." Wie kaum ein anderer hat Dirk Schröder nun die Chance, weiterhin zu "nullen" und mit 57 Jahren vielleicht ein beispielloses Jubiläum zu feiern. "Doch die 50 habe ich vorerst nicht im Auge", versichert er, "das ist noch zu weit weg."Der kaufmännische Angestellte am EvKB (Haus Gilead) sieht sich nicht als Leistungs-, sondern als Erlebnisläufer. In der Regel trainiert er drei- bis viermal pro Woche; als 45-Jähriger lief er mit 2:25:12 Stunden eine seiner besten Zeiten. Lange war der Hermannslauf, bei dem er einmal auch eigene Interessen zurückstellte und Begleiter-Dienste leistete ("eine gute Erfahrung"), sein Saisonhöhepunkt. Dessen Stellenwert aber hat sich relativiert, seit er vor gut zwei Jahrzehnten Marathons und Ultradistanzen als neue Leidenschaft für sich entdeckte.
Schröder suchte Herausforderungen wie den strapaziösen Sondershausener Untertage-Marathon, den er dreimal absolvierte, stand zweimal die legendären 100 Kilometer von Biel (Schweiz) durch, auch den Lappland-Mitternachts-Hunderter, einen Doppelmarathon, den Rennsteig-Ultra und die 39.900 Treppenstufen von Radebeul. Seinen ersten "einfachen" Marathon hat er 1981 in Bielefeld bestritten, die klassische Distanz lief er unter anderem auch im französischen Médoc und auf Mallorca.
Familie ist dabei
Immer war ihm wichtig, dass die Extremlaufstarts mit seiner "family", wie er sie nennt, abgestimmt und von ihr begleitet werden. Übrigens motivierte er 1989 seine damalige Freundin und jetzige Ehefrau Sabine zu ihrem ersten von sieben Hermannsläufen. Simone (15), die jüngere von zwei Töchtern, muss noch drei Jahre warten, bis sie mit ihrem Vater an der Startlinie stehen darf."Wir hatten mal gehofft, mit drei Generationen einen "Hermann" zu laufen", berichtet Dirk Schröder, "aber mein Vater kann nach 29 Teilnahmen nun nicht mehr dabei sein." So oder so: Es ist gute Tradition, dass sich die Familie an der "Schönen Aussicht" versammelt. Dort wird sie auch Sonntag ihren Hermannslauf-Helden in Empfang nehmen.
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