Aufstiegskampf in Paderborn: Experte erklärt, wie die Psyche den SCP beeinflusst

Herr Fabian Pels, inwieweit ist der Aufstiegskampf in der 2. Bundesliga Kopfsache? Fabian Pels: Der Aufstiegskampf ist definitiv eine Frage der Psyche. Für die Leistung von Mannschaften spielen aber auch noch andere Dinge eine wichtige Rolle. Physis. Technik. Taktik. Es ist immer ein Zusammenspiel. Die Psyche aber kann das Zünglein an der Waage sein. Ist das zähe Ringen um den Aufstieg, an dem auch der SC Paderborn beteiligt ist, ein Hinweis darauf, dass die Teams vor allem psychisch zu kämpfen haben? Nicht unbedingt. Aber man kann zumindest sagen, dass es nicht ein spezifisches Problem des SC Paderborn ist, keine Serie starten zu können. Es betrifft alle Mannschaften. Auch Köln hat mal drei Spiele am Stück nicht gewonnen. Es ist vollkommen normal, dass man auch mal verliert und Serien nicht halten kann. Das ist wichtig zu erwähnen. In den vergangenen beiden Spielen hat der SC Paderborn zwei eigene Führungen verspielt und noch verloren. Warum tut sich das Team derzeit so schwer, Führungen zu behaupten? Es wäre spannend, die Spieler zu fragen, ob sich ihr Spiel nach einer Führung verändert. Wurden sie vielleicht nachlässig oder zu sicher? Oft kann sich auch Angst entwickeln, weil man sich an vergangene Spiele erinnert, in denen eine Führung verspielt wurde. Dann können Unsicherheiten entstehen, die sich innerhalb der Mannschaft ausbreiten. In der Sportpsychologie sprechen wir hier von &bdquo;emotionaler Ansteckung“. Es sind kleine Dinge, an denen man merkt, dass der Mitspieler gerade unsicher ist. Ein Querpass oder Rückpass gerät womöglich zu kurz. Das verunsichert einen selbst dann natürlich auch. Kommentar zum SCP: Kwasniok lädt in die Kabine ein: Doch wem muss der SC Paderborn etwas beweisen? Haben auch vergebene Torchancen mit Angst zu tun? Ob ein Spieler vor dem Tor ruhig bleibt oder zitternde Knie bekommt, kann spielentscheidend sein. Mentale Sicherheit hilft, in Drucksituationen die richtige Entscheidung zu treffen. Es gibt da aber ein typisches Phänomen. Manche Spieler, vielleicht nicht beim SC Paderborn, neigen dazu, beim Lauf aufs Tor hinzufallen. An solchen Situationen sieht man, dass Angst vorherrscht. Das führt dazu, dass der Körper nicht mehr das macht, was er eigentlich machen soll. Natürlich auch dadurch bedingt, dass viele Leute zuschauen. Das Hinfallen ist aber ein relativ sozialverträglicher Weg, um der eigentlichen Situation, dem Torschuss, auszuweichen. Durch das Hinfallen hat man eine Ausrede. Vielleicht war ja etwas im Rasen, das dazu geführt hat. Welche Rolle spielt im Aufstiegskampf die eigene Erwartungshaltung? Eine Mannschaft sollte sich vor der Saison und auch vor der Rückrunde klare Ziele setzen. Ein formuliertes Ziel gibt Orientierung und kann sogar visualisiert werden, zum Beispiel durch Bilder in der Kabine. Es gibt genügend Geschichten von Mannschaften aus der Vergangenheit, die zeigen: Wenn man sich nicht klar zu einem Ziel bekennt, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass man es erreicht. Der SC Paderborn hat in der Länderspielpause Aufstiegsprämien verhandelt. Ist das eine Art Bekenntnis? Idealerweise sollte der Aufstieg das Hauptziel sein, nicht die Prämie. Aber finanzielle Anreize können ein zusätzliches Motivationsinstrument sein. Wichtig ist, dass das grundsätzliche Ziel – der sportliche Erfolg – im Vordergrund bleibt. Aber die Tatsache ist positiv zu sehen. Denn es scheint so, als würde in der Mannschaft das Ziel vorherrschen, aufsteigen zu wollen. Wie beeinflusst das Umfeld eines Teams den Aufstiegskampf? Wenn die Erwartungen von Fans und Medien sowie die der Mannschaft nicht übereinstimmen, kann eine Spannung entstehen. Dann hat das Team womöglich das Gefühl, nicht das leisten zu können oder zu wollen, was von außen erwartet wird. Lesen Sie auch: Reicht das für die Bundesliga? SCP stolpert zu oft über sich selbst Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von SC Paderborn 07 (@scp07_official) Das wird in Paderborn wohl nicht passieren, denn viele Fans sind mit der 2. Bundesliga zufrieden. Dabei muss man unterscheiden, wie Fans womöglich mit Niederlagen umgehen. Ein Fan, der sich sehr stark mit seinem Verein identifiziert, den nehmen Niederlagen mit. Das beschäftigt einen. Viele relativieren ihre Traurigkeit, ihre Wut, ihren Ärger, indem sie sagen: ’Ok, eigentlich ist ja alles, so wie es ist, auch gut.’ Das ist eine psychologische Bewältigungsstrategie der Fans. Das würde ich aber trennen von einer grundsätzlichen Erwartungshaltung an die Mannschaft. Der SCP diente in der Vergangenheit als Sprungbrett für Spieler. Auch um Trainer Lukas Kwasniok ranken sich regelmäßig Wechselgerüchte. Wie wirkt sich das aus? Das kann positiv oder negativ sein. Wenn wir an Spieler denken, die in die Bundesliga möchten, wird es weiter wichtig sein, sich zu zeigen. Es ist also damit zu rechnen, dass die Leistung konstant bleibt. Andererseits kann es verunsichern, wenn der Trainer als zentraler Faktor wahrgenommen wird und dann möglicherweise den Verein verlässt. Lukas Kwasniok sagte, ihm sei durch einen verweigerten Wechsel im Winter eine &bdquo;Lebenschance“ genommen worden. Was bedeutet das für die Psyche einer Mannschaft? Das könnte Spieler beeinflussen, muss es aber nicht. Manche könnten sich fragen, ob der Trainer tatsächlich für das Team arbeitet oder nur für sich selbst. Das kann Widerstand hervorrufen, sogenannte &bdquo;Reaktanz“. Das kann dahin führen, dass man bestimmte Ideen oder Anweisungen des Trainers gar nicht umsetzen möchte. Andere Spieler, die ebenfalls an einen Wechsel denken, könnten dagegen Verständnis haben. Sie sind ihm nicht böse, denn auch sie wollen ja zum nächsten Verein. Es hängt also davon ab, welche individuelle Perspektive die Spieler im Verein sehen. Lesen Sie auch: Fortuna Düsseldorf im Chech: Paderborns nächster Gegner hat Personalsorgen Wie kann Lukas Kwasniok seinem Team denn den Druck im Aufstiegskampf nehmen? Es geht nicht darum, Druck zu nehmen, sondern mit ihm umzugehen. Die Mannschaft kann sich an gemeinsam überstandene Krisen erinnern: Was haben wir gut gemacht? Woran können wir uns aufrichten? Es hilft, Führungsachsen im Team zu definieren, die in schwierigen Momenten Stabilität geben. Kritik sollte nicht defizitorientiert, sondern handlungsorientiert sein – also: Was können wir beim nächsten Mal besser machen? Es bringt nichts, bei Fehlern mit dem Finger auf andere zu zeigen. Falls man den Aufstieg verpassen sollte - kann man sich da mental drauf vorbereiten? Man kann sich auf den Umgang mit Misserfolgen vorbereiten, aber ich würde nicht explizit den Umgang mit einem Nicht-Aufstieg vorbereiten. Es würde im Kopf ein Bild entstehen, wie es im Team aussieht, wenn alle total enttäuscht sind. Gefühlt liegt die Saison in Trümmern. Wir wollen für die Zielerreichung aber positive Bilder im Kopf haben. Erst wenn der Aufstieg wirklich verpasst werden sollte, kann man versuchen, die positiven Aspekte der Saison hervorzuheben: individuelle Entwicklungen, den schönen Spielstil, das Ansehen des Vereins.

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