Paderborns Sportchef Benjamin Weber: „Ich freue mich aufs Jagen der Großen“

Paderborn. &bdquo;Ich bin überzeugt, dass wir unsere Leistungsfähigkeit im Vergleich zum letzten Jahr gesteigert haben“, hatte Benjamin Weber vor zwei Monaten im Trainingslager des SC Paderborn in Tirol erklärt. Bislang hat sich diese Aussage des SCP-Sport-Geschäftsführers bestätigt. Im Interview mit &bdquo;nw.de“ spricht der 41-Jährige über den Saisonstart seines Teams, die Bilanz der Sommer-Transferperiode und die ersten Früchte der Nachwuchsarbeit, die beim OWL-Zweitligisten deutlich intensiviert wurde. Herr Weber, der SC Paderborn ist mit zwei Siegen und zwei Remis in die Saison gestartet. Wie urteilen Sie über diese Ausbeute? Benjamin Weber: Es war ein sehr guter Start. Wir hatten bereits eine starke Vorbereitung und haben jetzt acht Punkte in der Liga, das Weiterkommen im DFB-Pokal und wenige Verletzungen. Die Stimmung passt. Und das wollen wir mitnehmen. Es sind viele gute Dinge passiert, auf die wir stolz sein können. Das Kuriose ist, dass wir statt acht auch zwölf Punkte verdient hätten, obwohl wir ein sehr herausforderndes Startprogramm hatten. Deshalb wissen wir, dass wir in manchen Bereichen noch besser werden können und dass wir noch weiteres Potenzial haben. Was läuft denn schon besonders gut? Wir haben in der Vorbereitung und in den ersten fünf Pflichtspielen wenig Gegentore kassiert. Und das ist erst einmal die wichtigste Basis. Die Stabilität in der Abwehrarbeit ist da. Es zeigt sich, dass das Grundgerüst der Mannschaft erhalten geblieben ist. Die Neuzugänge haben wir früh verpflichtet, sodass wir mehr Zeit hatten, um mit den Jungs zu arbeiten. Für die harte Arbeit im Sommer haben wir uns bereits gut belohnt. Die Messlatte wurde dadurch allerdings schon wieder recht hoch gelegt. Ist da so ein Spiel wie das maue 0:0 gegen Ulm sogar ganz hilfreich, um Realitäten aufzuzeigen? Da haben wir ganz sicher nicht unsere beste Leistung gezeigt. Aber das Spiel gegen Ulm verdeutlicht, dass jeder Punktgewinn in der 2. Liga für uns ein großer Kampf bleibt und dass uns nichts in den Schoß fällt. Nach der Länderspiel-Pause geht es in Münster weiter. Das ist ein heißes Pflaster. Was die Messlatte angeht – die legen wir uns schon selbst zurecht. Wir trauen uns zu, in dieser Liga jedes Spiel zu gewinnen. Mit diesem Gefühl sind wir schon in der vergangenen Saison in die Partien gegangen. Das ist auch jetzt der Fall, gerade mit diesem Kader. Wir haben die individuelle Qualität und die nötige Breite im Kader. Ich denke, dass wir Verletzungen im Vergleich zur Vorsaison nun besser kompensieren können. Das gibt uns ein gutes Gefühl. Wichtig ist, dass wir die Leistungsbereitschaft erhalten. Dafür benötigen wir viel Kraft und Energie. &bdquo;Die Jungs lassen ihr Herz auf dem Platz“ Einige SCP-Spieler dürften aber mit gemischten Gefühlen auf den Saisonstart blicken. Akteure wie Visar Musliu, Marcel Hoffmeier oder Mika Baur hätten sich sicher mehr Spielzeit gewünscht. Wir haben gute Ergebnisse und wenig Verletzte. Was Besseres kann einem Trainerteam nicht passieren. Aber für Spieler, die auf der Bank sitzen, ist es nicht einfach. Doch auch deren Zeit wird kommen. Sie müssen nur bereit sein für den Moment, wenn es soweit ist. Es werden Phasen kommen, in denen der eine mal müde ist, in denen es mal Verletzungen gibt. Daher werden wir alle brauchen. Der Charakter der Mannschaft scheint mal wieder zu passen. Ja, die Jungs lassen ihr Herz auf dem Platz. Genau das wollen wir auch sehen. Und wenn wir mal feststellen, dass Spieler glauben, dass es auch mit weniger Prozent geht, müssen wir einschreiten. Das war vielleicht gegen Ulm ein Stück weit der Fall, und so etwas kann auch mal passieren. Aber es darf nicht zu oft passieren, denn wir müssen für Punkte und Siege immer an die 100-Prozent-Grenze gehen. Wir haben nicht den Eins-gegen-Eins-Unterschiedspieler, der mit 80 Prozent und einer Aktion eine Partie entscheiden kann. Das wollen wir auch nicht, das sind wir nicht. Unsere Identität ist, gemeinsam zu gewinnen, gemeinsam zu punkten. Dafür müssen wir am Maximum bleiben. Ein Spieler, der immer sein Herz auf dem Platz lässt, ist Neuzugang Felix Götze. Sind Sie überrascht, dass er dermaßen eingeschlagen hat? Nein, wir wussten ja um seine Qualitäten und hatten den festen Glauben, dass die Dinge funktionieren. Felix ist ein Spieler, der Dinge verändert. Er liebt es, Bälle zu blocken. Und das mit allen Körperteilen. Wenn du ihn hast, kommen schon einmal weniger Schüsse aufs Tor. Lesen Sie auch: Felix Götze macht SC Paderborn glücklich - so lief der Saisonstart für die Neuzugänge Sind Sie dann wenigstens überrascht, dass ein 19-jähriger Neuzugang wie Santiago Castaneda als Sechser auf Anhieb so auftrumpft? Oder ein Tjark Scheller, der seine Spielpraxis bis dato in der Regionalliga gesammelt hatte? Bei Santiago kann man sagen: Des einen Leid, des anderen Freud. Bei Mattes Hansen war die Verletzung leider wieder aufgebrochen. Und Santi war auf einmal da. Er macht es sehr gut. Das ist ein perfektes Beispiel dafür, wie wir Ausfälle kompensieren können. Bei Tjark Scheller muss man berücksichtigen, dass er auf St. Pauli schon ein Jahr lang unter einem sehr guten Trainer auf einem Topniveau trainieren konnte. Deshalb brauchte er hier wenig Zeit, um sich anzupassen. Der spektakulärste Transfer war derweil die Rückkehr von Sven Michel. Hat er bislang das gezeigt, was ihr euch von ihm erhofft? Der größte Gewinn ist für uns sein Charakter. Sven bringt Energie in den gesamten Verein. Das ist Identität und echte Paderborner Leidenschaft. Er passt wie die Faust aufs Auge zu diesem Klub. Und was das Sportliche betrifft, hat Sven schon sehr gute Leistungen gezeigt. Er ist für jeden Gegner ein sehr unangenehmer Gegenspieler und gibt uns eine Note, die wir vorher nicht hatten. Wie fällt daher ihre Bilanz der Sommer-Transferperiode aus? Und was hat sie aus SCP-Sicht ausgezeichnet? Die Planungssicherheit war ganz entscheidend. Diese ist für unseren Verein einfach fundamental. Das erste Ziel ist daher immer ein möglichst früher Klassenerhalt. Je früher wir planen können, desto eher ist es möglich, Topspieler aus der 3. Liga zu verpflichten. Verbunden mit dem Grundgerüst, das wir halten konnten, war das in diesem Sommer unser großes Plus. Der Kader stand schon Anfang Juli, als Sven Michel als letzter externer Neuzugang verpflichtet wurde. Gab es anschließend noch Überlegungen oder Optionen, weitere Spieler zu holen? Nein, wir waren uns sicher, dass wir unsere Pläne abgeschlossen hatten. Natürlich haben wir kurz überlegt, ob wir nachverpflichten, nachdem der längere Ausfall von Mattes Hansen feststand. Aber wir haben auf der Sechs genügend Optionen und wollen unseren Kader auch nicht aufblähen, weil wir unseren Talenten die Chance geben möchten. Mit Maximilian Rohr und Jasper van der Werff wurden noch zwei aussortierte Profis an andere Vereine vermittelt. Niclas Nadj fand dagegen keinen neuen Verein. Wie geht es mit ihm weiter? Das Transferfenster auf der Abgabeseite ist ja noch offen, ein Wechsel ins Ausland möglich. Das kann immer passieren, da müssen wir die Dinge abwarten. Ansonsten trainiert Niclas erst einmal weiter in der U21. &bdquo;Das ist eine Auszeichnung für unseren Verein“ Haben Sie die Zielvorgabe des Vereins erreicht, was das Finanzielle betrifft? Das Transferplus dürfte ja bei einer guten Million Euro liegen. Auch in diesem Bereich haben wir unsere Ziele erreicht. Aktuell ist es noch wichtig, dass wir Transferüberschüsse erzielen. Der Verein arbeitet intensiv daran, diese Situation Schritt für Schritt zu verbessern. Ein nicht unerheblicher Teil des eingenommenen Geldes wird verstärkt ins Nachwuchsleistungszentrum investiert. Dieser Weg lohnt sich. Wir wollen mit unserer U21 auf Dauer etwas aufbauen. Ilyas Ansah schaffte dadurch den Sprung zu den Profis, Calvin Brackelmann haben wir in der U21 aufgebaut. Es gibt Talente wie Marco Pledl, Luis Engelns, Martin Ens, Florian Pruhs oder Travis de Jong, die für die Durchlässigkeit zwischen Profis und NLZ stehen. Neuzugang Anton Bäuerle wird jetzt in der U21 an höhere Aufgaben herangeführt. Das ist unser klarer Vorteil. Und wir haben dadurch viele positive Beispiele, mit denen wir werben können. Deshalb geht ein Toptalent wie Henrik Koch nun von Arminia Bielefeld zum SCP, obwohl er woanders deutlich mehr verdienen könnte. Das ist eine Auszeichnung für unseren Verein. Da haben sich Dinge, die früher anders waren, mittlerweile umgekehrt. Und das haben wir uns hart erarbeitet. Wie groß ist ihre Zuversicht, dass der SC Paderborn 07 nach diesem starken Saisonstart auch eine erfolgreiche Spielzeit absolvieren wird? Die ist groß. Aber um das klarzustellen: Auch zu Beginn der vergangenen Saison waren wir sehr zuversichtlich, dass wir mit unserem Kader erfolgreich sein können. Der Unterschied war nur, dass wir damals erst nach zwei, drei Monaten gesehen haben, welche Qualität die Mannschaft hat. Diesen Moment haben wir jetzt schon erlebt. Die Basis ist nun viel früher da. Wir wissen bereits, dass wir mit unserer Spielweise elektrisieren können. Wir sind und wir bleiben ein sehr unangenehmer Gegner, der besondere Waffen hat. Und ich freue mich auf das Jagen der Großen. Das bereitet am meisten Spaß. Diese Liga macht Laune. Und wir können eine gute Rolle spielen.

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