Erst pfui, dann hui: Wie der SC Paderborn in Kaiserslautern das Spiel drehte

Kaiserslautern. Es fällt auch nach 21 Zweitliga-Spielzeiten nicht leicht, die wahre Stärke des SC Paderborn einzuschätzen. Dafür sind die Leistungen einfach zu schwankend - mitunter sogar während eines Spiels. So bot der SCP am Samstagabend in der Partie beim 1. FC Kaiserslautern eine fürchterliche erste Hälfte voller haarsträubender Fehler, um dann nach der Pause mit einer bemerkenswerten Spielstärke und Abgezocktheit einen 2:1 (0:1)-Erfolg am Betzenberg einzufahren. Doch spätestens der Blick auf die Tabelle zeigt, dass dieses Team nicht allzu schlecht sein kann. So stehen nach 21 Spielen satte 34 Punkte zu Buche. Der Kontakt zur Spitzengruppe ist hergestellt. Und in den Paderborner Aufstiegsspielzeiten 2013/14 und 2018/19 hatte der SCP auch &bdquo;nur" 35 beziehungsweise 34 Zähler auf dem Konto. &bdquo;Es war sicherlich nicht eines unserer besten Spiele. Aber wir haben wieder einen Weg gefunden, um eine Partie zu gewinnen", konstatierte Sportchef Benjamin Weber nach einem kuriosen Auftritt in der Pfalz, bei dem sein Team zunächst restlos enttäuscht hatte. &bdquo;Lautern hat uns in der ersten Hälfte aufgefressen und weggeatmet", urteilte SCP-Coach Lukas Kwasniok und fügte an: &bdquo;Wir waren nicht gut im Positionsspiel und hatten zu weite Abstände. Und der Spieler mit Ball war oft isoliert." Auch die Routiniers wackeln zunächst bedenklich &bdquo;Der Betze ist halt ein unglaublich schweres Pflaster. Gerade für die Jungs, die hier noch nie gespielt haben, war es schwierig, zumal sie in der ersten Hälfte die Lauterer Westkurve in ihrem Rücken hatten", erklärte Weber. Der SCP hatte hierbei einige &bdquo;Jungs", die an diesem Samstagabend vor den 36.344 Zuschauern im Fritz-Walter-Stadion Neuland betraten. So hatte Kwasniok beispielsweise Martin Ens, Calvin Brackelmann und Ilyas Ansah, die aus der eigenen U21 zu den Profis hochgerückt sind, in die Startelf beordert. Doch nicht nur die Jungspunde sollten vor dem Wechsel patzen. Im Gegenteil, gerade Routiniers wie David Kinsombi und Visar Musliu hatten bedenklich gewackelt. Kapitän Kinsombi war hierbei ein Sinnbild fürs SCP-Spiel. Motto: Erst pfui, dann hui. So hatte der 28-Jährige bereits beim frühen 0:1-Gegentreffer in Minute drei schlecht ausgesehen, als er den Torschützen Jan Elvedi bei einer Ecke gewähren ließ. Acht Minuten später hatte Kinsombi Glück, dass Tymoteusz Puchacz einen Patzer des Paderborner Kapitäns nicht zum 2:0 nutzte. Zur Pause führten die Hausherren trotz drückender Überlegenheit jedoch nur mit 1:0. &bdquo;Lautern hat uns leben lassen. Wir haben eine zweite Chance bekommen. Und die haben wir genutzt", resümierte Sportchef Weber. Denn mit Wiederanpfiff war Paderborn wie ausgewechselt, obwohl sich am Personal zunächst nichts ändern sollte. Die Gäste meldeten Kaiserslautern nun komplett ab. Und einer der Protagonisten, der das SCP-Spiel in Schwung brachte, war hierbei David Kinsombi. Lauterer Dreifachwechsel hilft dem SCP Der Kapitän war es auch, der in der 65. Minute einen Handelfmeter zum 1:1 verwandelte. Eine weitere Standardsituation bescherte dem SCP schließlich den zehnten Saisonsieg. Kai Klefisch verlängerte eine Ecke von Raphael Obermair. Und Abwehrchef Visar Musliu köpfte zum 1:2 (72.) ein. &bdquo;Wir haben das Momentum genutzt, dass die Stimmung im Stadion gekippt ist", sagte Kinsombi. So wurden die Pfiffe der Lauterer Fans im Verlauf der zweiten Hälfte immer lauter. Allerdings hatte der SCP an diesem Abend auch vom Videobeweis profitiert. &bdquo;Seit dem heutigen Tag mag ich den VAR wieder mehr als zuvor", erklärte ein schmunzelnder Lukas Kwasniok. So hatte Schiedsrichter Martin Petersen in der 40. Minute einen Elfmeter für Kaiserslautern zurückgenommen, als SCP-Keeper Pelle Boevink mit Lauterns Puchacz zusammengeprallt war. Und der Strafstoß zum 1:1 wurde erst nach VAR-Intervention gegeben, weil Petersen das Handspiel von FCK-Verteidiger Boris Tomiak übersehen hatte. Unterm Strich kam den Paderbornern zudem ein merkwürdiger Dreierwechsel zugute. So hatte Lauterns Cheftrainer Dimitrios Grammozis in der 55. Minute seine bis dato brandgefährlichen Offensivkräfte Marlon Ritter, Ragnar Ache und Richmond Tachie vom Platz genommen. Wohl auch deshalb hallten am Ende lautstarke &bdquo;Grammozis raus"-Rufe durchs Fritz-Walter-Stadion. Die Paderborner Spieler feierten dagegen mit ihren rund 500 mitgereisten Fans und freuen sich nun auf das Zweitliga-Topspiel gegen Holstein Kiel (Samstag, 13 Uhr, Home-Deluxe-Arena). Vielleicht fällt es danach leichter, die wahre Stärke des SCP einzuschätzen.

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