Paderborn. Gut 70 Minuten lang agierte der SC Paderborn am Sonntag im Heimspiel gegen Hannover 96 in Überzahl. Es war ein Geduldsspiel und eine ziemlich zähe Angelegenheit. Und die Geduld schien nicht belohnt zu werden. Doch dann schlug ein Ex-Hannoveraner in der Nachspielzeit doch noch zu. Florent Muslija traf zum 1:0 (90.+1) und erlöste damit den SCP, der nach den bitteren Pleiten gegen Nürnberg (1:3) und Elversberg (1:4) damit in die Erfolgsspur zurückkehrte.
Die Paderborner nahmen die Partie vor den lediglich 11.950 Zuschauern in der Home-Deluxe-Arena nicht nur auf einem frisch verlegten Rasen, sondern auch mit einer nahezu völlig neuformierten Anfangsformation in Angriff. So hatte sich der bekannt experimentierfreudige Lukas Kwasniok diesmal selbst übertroffen und seine Startelf im Vergleich zur 1:4-Pleite in Elversberg auf sieben (!) Positionen verändert.

Der Wechsel auf der Torhüterposition kam hierbei nicht überraschend. Pelle Boevink durfte für Kapitän Jannik Huth ran und verbuchte damit seinen ersten Zweitliga-Einsatz. Außer Huth mussten auch Vizekapitän Robert Leipertz, David Kinsombi, Tobias Müller, Marco Schuster, Sebastian Klaas und Felix Platte ihre Plätze räumen. Dafür rückten Florent Muslija, Laurin Curda, Maximilian Rohr, Mattes Hansen und die U21-Stürmer Moritz Flotho und Ilyas Ansah in die erste Elf.
Duo muss kurzfristig passen
Für Rohr war es der erste Profi-Einsatz seit dem zweiten Spieltag, für Flotho das Zweitligadebüt. Zwei andere Akteure, deren Rückkehr in die Anfangsformation durchaus erwartet worden war, mussten dagegen passen. Adriano Grimaldi (Magen-Darm) und der angeschlagene Jannis Heuer fielen kurzfristig aus. Zudem mussten Visar Musliu (Oberschenkelverletzung), Niclas Nadj und Kimberly Ezekwem (beide erkrankt) passen.
In einem 3-4-3-System bildeten Curda, Rohr und Hoffmeier die Dreier-Abwehrkette. Ansah und Flotho stürmten an der Seite von Filip Bilbija. Und die beiden SCP-Talente machten gleich in den ersten 100 Sekunden mächtig Betrieb. Nach 48 Sekunden schlug Flotho eine Flanke von der linken Seite, die 96-Keeper Ron-Robert Zieler vor Bilbija aus der Luft pflückte.
Nach 84 Sekunden ließ Flotho durch zu Ansah, der geschickt aufzog, mit seinem Flachschuss aber am glänzend reagierenden Zieler scheiterte. Und nach 98 Sekunden köpfte Kai Klefisch eine Muslija-Hereingabe an die Latte.
Nach diesem fulminanten Start entwickelte sich allerdings eine Partie, die bis zur Pause nur wenige Höhepunkte zu bieten hatte. Beide Teams agierten sehr diszipliniert und scheuten das letzte Risiko. Die Gäste mussten ihr Hauptaugenmerk ab der 20. Minute ohnehin erst einmal auf die Defensive legen, denn da geriet Hannover in Unterzahl.
Rot nach VAR-Intervention
96-Offensivakteur Louis Schaub hatte SCP-Verteidiger Marcel Hoffmeier an der Außenlinie umgesenst. Schiedsrichter Robin Braun zückte zunächst Gelb, wurde dann aber vom VAR an den TV-Monitor gebeten. Ergebnis: Braun revidierte seine ursprüngliche Entscheidung und zeigte Schaub die Rote Karte.
Paderborn hatte fortan deutlich mehr Ballbesitz. Die Hausherren kamen jedoch kaum zu vielversprechenden Aktionen im letzten Drittel, da die Gäste-Defensive um Ex-Nationalspieler Marcel Halstenberg extrem gut stand. So gab es lediglich noch einen Distanzschuss von Rohr (29.) und einen Freistoß von Muslija, die jeweils zur sicheren Beute Zielers wurden.
Hannover verbuchte in Durchgang eins unterdessen nur eine nennenswerte Chance, als Havard Nielsen in der 30. Minute nach einer Ecke knapp vorbei köpfte. Ansonsten sollten sich beide Teams weitgehend neutralisieren.
Kwasniok verstärkt die Offensive
SCP-Coach Kwasniok reagierte, opferte einen Sechser und verstärkte die Offensive. So kam Sebastian Klaas zur zweiten Hälfte für Kai Klefisch in die Partie. Und Paderborn hatte gleich eine gute Chance aufs 1:0. Zieler faustete im Luftduell mit Ansah am Ball vorbei. Das Spielgerät landete bei Muslija, der aber aus spitzem Winkel das Tor verfehlte (47.).
In der 53. Minute schoss Curda nach einer Obermair-Ecke per Direktabnahme am Tor vorbei. Paderborn hatte nun gefühlt 90 Prozent Ballbesitz, kam aber kaum hinter die dicht gestaffelten Ketten der Gäste. Eine Ausnahme gab es in der 60. Minute. Ansah setzte sich auf der linken Seite im Eins gegen Eins gegen Phil Neumann durch und flankte nach innen. 96-Verteidiger Bright Arrey Mbi wollte die abgefälschte Hereingabe kurz vor der Torlinie klären, schoss aber Klaas an. Und das Leder wäre fast im Netz gelandet.
Vier Minuten später brachte Kwasniok zwei frische Stürmer: Sirlord Conteh und Felix Platte ersetzten Flotho und Bilbija. Doch es blieb eine zähe Angelegenheit, denn gegen die vielbeinige Gäste-Abwehr gab es kaum ein Durchkommen. So wurden in der 76. Minute auch Abschlüsse der SCP-Joker Klaas und Platte geblockt. Hoffmeier jagte das Spielgerät derweil in Minute 79 aus 17 Metern übers Tor. Dazwischen hatten die Hausherren allerdings Glück, dass 96-Akteur Fabian Kunze bei einem der wenigen Vorstöße der 96er im Strafraum zu lange zögerte (78.).
Treffer in der Nachspielzeit
Und auch in der 84. Minute stockte den SCP-Fans der Atem, als Derrick Köhn aufs Paderborner Gehäuse zustürmte. Doch Abwehrchef Rohr, der ein gelungenes Comeback feierte, konnte ihn im letzten Moment stoppen. Das Remis wäre für Hannover nicht nur aufgrund dieser Nadelstiche durchaus verdient gewesen.
Doch der SC Paderborn hat ja noch einen Florent Muslija, der in der ersten Minute der Nachspielzeit aus halblinker Position in den Strafraum flankte. Seine Hereingabe wurde lang und länger, flog an Freund und Feind vorbei und landete zum 1:0 im langen Eck. Und so stieg doch noch eine Paderborner Party.
Für den SCP geht es bereits am kommenden Mittwoch weiter. Dann wartet auf die Kwasniok-Mannen das DFB-Pokal-Achtelfinale beim Bundesliga-Spitzenreiter Bayer 04 Leverkusen (Anstoß 18 Uhr, Bay-Arena), ehe am Samstag das Zweitliga-Gastspiel beim Hamburger SV (13 Uhr, Volksparkstadion) auf der Agenda steht.
Die Pressekonferenz nach dem Spiel im Video:
Das Spiel zum Nachlesen hier im NW-Ticker:
INFORMATION
SC Paderborn - Hannover 96 1:0 (0:0)
SC Paderborn: Boevink (Note 3,5) – Curda (3), Rohr (2,5), Hoffmeier (3, 82. Kinsombi) – Obermair (2,5), Klefisch (3, 46. Klaas, Note 3,5), Hansen (3), Muslija (2,5) – Bilbija (4, 63. Platte), Flotho (3,5, 64. Conteh), Ansah (3, 82. Leipertz).
Hannover 96: Zieler – Neumann, Halstenberg, Arrey-Mbi – Muroya, Kunze, Leopold (90. Tresoldi), Köhn – Schaub, Nielsen – Voglsammer (77. Christiansen).
Tor: 1:0 Muslija (90.+1)
Zuschauer: 11.950
Schiedsrichter: Robin Braun (Wuppertal)
Rote Karte: Schaub (20., grobes Foul)
Gelbe Karten: Obermair – Zieler (4), Köhn (3), Leitl (Cheftrainer)
Statistik: 22:8 Torschüsse, 67:33 Prozent Ballbesitz, 45:55 Prozent Zweikämpfe, 87:73 Prozent Passquote, 17:12 Fouls, 6:5 Ecken, 119:108 Kilometer Laufdistanz.