Paderborn. Im Rahmen der Vielfaltswochen des SC Paderborn macht die Open-Air-Wanderausstellung "#StolenMemory" der Arolsen Archives in Paderborn Station. Vom 8. bis 13. April ist die besagte Ausstellung in einem aufklappbaren Übersee-Container jeweils von 9 Uhr bis 19 Uhr auf dem Stadionvorplatz der Paderborner Benteler-Arena zu sehen.
Im Mittelpunkt stehen der letzte Besitz von KZ-Inhaftierten und die Frage, wie es heute noch gelingt, diese sogenannten Effekten an Familien der Opfer zurückzugeben. „Effekten“ sind persönliche Gegenstände, die Häftlinge bei ihrer Ankunft in den Konzentrationslagern von den Nationalsozialisten abgenommen wurden. Oft waren es Eheringe, Uhren, Füller oder Brieftaschen mit Fotos. #StolenMemory ist eine Kampagne der Arolsen Archives zur Rückgabe dieser persönlichen Gegenstände an die Angehörigen. Mehr als 600 Familien konnten seit dem Start der Kampagne im Jahre 2016 bereits gefunden werden.
Die Ausstellung zeigt Bilder solcher „Effekten“ und erzählt vom Schicksal von zehn NS-Verfolgten. Unter der Überschrift „Gefunden“ lenkt die Ausstellung den Blick auf persönliche Gegenstände, die bereits zurückgegeben werden konnten. Sie berichtet vom Verfolgungsweg der einstigen Besitzerinnen und Besitzer sowie den Rückgaben an die Nachkommen. Mit dem Smartphone können über QR-Codes Videoporträts aufgerufen werden, in denen die Angehörigen selbst zu Wort kommen.
Gemeinsam gegen das Vergessen
Unter der Überschrift „Gesucht“ werden „Effekten“ gezeigt, die noch auf ihre Rückgabe warten. Eine wichtige Botschaft ist deshalb auch: Jeder kann die Arolsen Archives bei der Rückgabe der Effekten unterstützen und sich selbst auf Spurensuche nach den Verfolgten und deren Familien begeben. Denn noch immer bewahrt das Archiv gestohlene Erinnerungsstücke von knapp 2.500 Personen aus ganz Europa auf.
„Viele Opfer der Nationalsozialisten hinterließen keine materiellen Spuren für ihre Familien, weil die Nationalsozialisten ihnen alles nahmen“, so Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives. Die Rückgabe der Effekten sei für die Angehörigen deshalb oft sehr unerwartet: „Einige von ihnen wissen nichts oder nur wenig über diesen Teil der Lebensgeschichte ihrer Großeltern, Eltern, Onkel und Tanten“. Umso wichtiger sei es, dass die Gegenstände in die Familien zurückkehren.
„Mit der Wanderausstellung auf unserem Stadionvorplatz möchten wir einen Beitrag zur Erinnerungsarbeit leisten. Wir freuen uns über zahlreiche interessierte Besucherinnen und Besucher“, sagt SCP-Geschäftsführer Martin Hornberger. Die Arolsen Archives und der SC Paderborn kooperieren bereits seit 2021 bei dem Crowdsourcing-Projekt #everynamecounts und setzen so gemeinsam ein Zeichen für Demokratie, Solidarität und Vielfalt. Außerdem haben die Arolsen Archives 2021 zusammen mit Borussia Dortmund die Bildungsbroschüre „Fußballer im Fokus“ zu verfolgten Fußballern veröffentlicht.
INFORMATION
Projekt ergattert Grimme-Online-Award
- Seit August 2020 reist die #StolenMemory-Ausstellung mit mittlerweile drei Containern durch Deutschland und ab 2022 auch durch Polen und Belgien. Unterstützt und gefördert werden die Arolsen Archives bei den Wanderausstellungen durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie die diplomatischen Vertretungen der USA in Polen und Deutschland und das belgische Außenministerium.
- Begleitend zur Ausstellung bietet die Website stolenmemory.org interessante Einblicke: Kurze, animierte Filme mit ergänzenden Webstories erzählen von individuellen Schicksalen. Diese Materialien wurden speziell für Jugendliche entwickelt und im Juni 2021 mit dem Grimme-Online-Award in der Kategorie „Wissen und Bildung“ ausgezeichnet. Auf der Website steht zudem umfangreiches pädagogisches Material zum kostenlosen Download zur Verfügung, das von Schulen und Bildungseinrichtungen auf allen Stationen der Wanderausstellung genutzt werden kann.