Warum die SCP-Niederlage nicht nur im VAR-Regelwerk begründet liegt

Paderborn. Von außen betrachtet schien Martin Przondziono ganz ruhig zu sein, als er am Samstag nach dem Ende der Bundesliga-Partie zwischen dem SC Paderborn und dem FC Augsburg Richtung Kabine trottete. Doch innerlich brodelte es im SCP-Sportchef. Denn zu dem Frust über die schmerzhafte 0:1 (0:1)-Niederlage seines Teams gesellten sich der Ärger und das Unverständnis über das Schiedsrichter-Gespann und den Video-Assistant-Referee (VAR). Das Siegtor von Philipp Max hätte nämlich nicht zählen dürfen. Augsburgs Linksverteidiger hatte vor den nur 13.758 Zuschauern in der Benteler-Arena in der 41. Minute einen Freistoß wunderschön ins rechte Eck gezirkelt. Doch in der Paderborner Mauer hatten hierbei auch die Augsburger Khedira und Finnbogason gestanden. Und das ist seit dem 1. Juni 2019 verboten. Da nämlich entschied das International Football Association Board (IFAB): "Akteure der angreifenden Mannschaft müssen mindestens einen Meter Abstand zur Mauer haben." Baumgart kommt sich verarscht vor SCP-Torwart Leopold Zingerle kannte diese Regel und intervenierte lautstark bei Schiedsrichter Marco Fritz. Doch der gab den Treffer. Und der Video-Schiedsrichter griff nicht ein. Denn tatsächlich haben die IFAB-Regelhüter festgelegt, dass der Abstand zur Mauer für den VAR den "unzulässigen Überprüfungen" zuzuordnen ist. Warum auch immer. Paderborns Chefcoach kann es jedenfalls nicht nachvollziehen. "Ich finde den Videobeweis gut. Die Technik funktioniert. Aber dann werden immer neue Ausreden gefunden. Diesmal sei die Szene nicht überprüft worden, weil sie nicht relevant gewesen sei. Dabei ist ein Tor gefallen. Das ist dann nur noch Verarschung", ärgerte sich Steffen Baumgart. Paderborns Sport-Geschäftsführer wollte sich unterdessen bereits in der Halbzeitpause beim Schiedsrichter-Gespann beschweren. "Und der vierte Offizielle sagt zu mir: Dann spielt ihr Blinden doch besser Fußball! Da ist das Maß für mich voll. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen", berichtete ein erboster Przondziono. Martin Thomsen, der als vierter Offizieller im Einsatz gewesen war, wies diesen Vorwurf am Sonntag zurück (siehe Info-Kasten am Ende dieses Textes). Zu viele eigene Fehler Leopold Zingerle sah die Sache differenzierter. "Es war ein Super-Freistoß, den ich wohl auch nicht gehalten hätte, wenn kein Augsburger in der Mauer gestanden hätte. Doch es war ein klarer Regelverstoß", erläuterte der SCP-Keeper und bilanzierte: "Es lag heute jedoch nicht am Schiedsrichter. Wir haben zwar phasenweise ein gutes Spiel, aber auch zu viele Fehler gemacht." Es war ein treffendes Fazit. In den ersten 20 Minuten war die SCP-Darbietung hierbei sogar sehr gut gewesen. Die äußerst offensiv ausgerichteten Hausherren hatten schon nach 16 Sekunden durch Kai Pröger die Chance aufs 1:0, das dann in der siebten Minute hätte fallen müssen. Nach einem Foul von Raphael Framberger an SCP-Stürmer Streli Mamba hatte Referee Fritz auf den Elfmeterpunkt gezeigt. Paderborns Kapitän Klaus Gjasula trat an, schoss aber viel zu lasch und unplatziert, so dass FCA-Keeper Tomás Koubek parierte. Der SCP hatte anschließend durch Mamba (12.) und Gerrit Holtmann (17.) weitere gute Chancen. Doch dann sollten die Augsburger von der 20. bis zur 60. Minute das Heft des Handelns übernehmen. FCA provoziert Ballverluste im Zentrum "Als unsere Druckphase aufgehört hat, haben wir mit unseren Fehlern angefangen", sagte Gjasula vor allem mit Blick auf die letzten 25 Minuten der ersten Hälfte. Augsburg war nun deutlich aggressiver und kam gerade im Zentrum gegen Gjasula und Abdelhamid Sabiri immer wieder zu Ballgewinnen und schnellen Umschaltaktionen. Gleich mehrfach liefen die Gäste in Überzahl aufs Paderborner Tor zu, doch Niederlechner (30./31.) und Vargas (38.) vergaben kläglich. "Wir waren da vielleicht zu ungeduldig im Spielaufbau. Es haben sich immer mehr Fehler bei uns eingeschlichen", erklärte SCP-Akteur Sebastian Vasiliadis, der dann in der 41. Minute den Treffer des Tages registrieren musste. "Das Freistoßtor ist irgendwie symbolisch für unsere Situation", haderte Vasiliadis mit dem Fußballgott. Immerhin: Sein Team sollte auch an diesem verkorksten Tag Moral beweisen. Mit der Umstellung auf ein 4-4-2 und offensiven Wechseln waren die Gastgeber in der letzten halben Stunde wieder tonangebend. "Die Jungs stecken nicht auf", lobte SCP-Coach Baumgart, der am Ende volles Risiko ging und mit einer Dreier-Abwehrkette spielen ließ. Doch zwingende Torchancen blieben Mangelware - wie so oft in den vergangenen Wochen. "Vom Klassenerhalt sehr sehr weit entfernt" "Ich gehe mit einem Scheiß-Gefühl nach Hause. Trotzdem werden wir den Spielbetrieb nicht einstellen und in Zukunft vieles besser machen", sagte SCP-Mittelfeldakteur Abdelhamid Sabiri nach Spielschluss. Die nächsten Aufgaben, die nach der Länderspielpause anstehen, haben es allerdings in sich: Dortmund, Leipzig, Bremen lauten die Gegner. "Doch wir werden auch nach diesem Spiel wieder mit erhobenem Kopf auf den Platz gehen. Und wir spielen weiter unseren Fußball", gibt sich Steffen Baumgart kämpferisch. Die Tatsache, dass der SCP nach elf Spieltagen mit nur vier Punkten dasteht, blendet aber auch der Cheftrainer nicht aus. "Klar, derzeit sind wir vom Klassenerhalt sehr, sehr weit entfernt", so Baumgart. Denn auch gegen schlagbare Augsburger sollte es einfach nicht reichen.

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