Teutoklassiker

Wo die verborgenen Schätze des Hermannslaufs liegen

Vier erfahrene Teilnehmer stellen ihre Lieblingspassagen auf den 31,1 Kilometern zwischen Detmold und Bielefeld vor. Es lohnt sich, diese im Blick zu behalten.

Mit Babybauch geht Stephanie Strate zur Demonstration die Bergab-Passage ab der Osningstraße, die mit viel Geröll belegt ist, vorsichtiger an. Grundsätzlich aber fühlt sich die zweimalige Hermannslauf-Gewinnerin auf diesem Streckenabschnitt des Teutolaufs sehr wohl. | © Sarah Jonek

Stephanie Fust
12.03.2025 | 21.03.2025, 15:14

Bielefeld. Zuschauerspalier auf der Panzerbrücke, die Partymeile in Oerlinghausen, die Mörderanstiege Tönsberg und Lämershagener Treppen sowie das volksfestartige Getümmel an der Sparrenburg-Promenade – wer den Teutoklassiker zwischen Hermannsdenkmal und Sparrenburg schon einmal bewältigt hat, benennt genau diese Stimmungsnester als Strecken-Highlights. Auch in zahlreichen Publikationen über den 31,1 Kilometer langen Landschaftslauf werden jene markanten Abschnitte neben dem unterschiedlichen Geläuf von Wald, Sand, Asphalt und Kopfsteinpflaster als besonders hervorgehoben.

Dabei hat der Hermannslauf noch viel mehr Reizvolles in petto oder, wie es Jan Kerkmann ausdrückt, „besticht darin, dass jede Passage einen legendenbildenden Status einnehmen könnte“. Wir haben vier Hermannslauf-Enthusiasten nach ihrer im Verborgenen schlummernden Lieblingsstelle gefragt und interessante Antworten erhalten.

Hermannslauf: Bergab-Passage an der Osningstraße

Stephanie Strate, Hermannslauf-Gewinnerin 2021 und 2022, mag besonders die Bergab-Passage ab der Osningstraße, bevor es dann bei Kilometer 28 zur Habichtshöhe hinaufgeht. „Ich weiß, dass viele Läuferinnen und Läufer diese Stelle als tückisch empfinden, weil sich dort durch den Regen eine Rinne mit viel Geröll gebildet hat“, sagt die 33-Jährige von der SV Brackwede. „Aber ich kann ziemlich gut bergablaufen und das Ziel ist nicht mehr weit. Ich komme mir dort immer vor wie eine Bergziege, die voller Vorfreude da hinunterspringt.“

Die kleine Bergziege wird beim 53. Hermannslauf allerdings wie schon vor zwei Jahren fehlen. Stephanie Strate erwartet im Juli ihr zweites Kind. Sie wird sich als Zuschauerin unter die Meute mischen und gespannt mitverfolgen, welche Frau am 27. April um die Mittagszeit als Erste im Tal vor der Habichtshöhe vorbeikommt.

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Hermannslauf: Teilstück ab den vier dicken Buchen

Die Bank unter den vier Buchen (rechter oberer Bildrand) lädt zum Verweilen ein. Hermannsläufer haben dafür jedoch keine Zeit. - © Sarah Jonek
Die Bank unter den vier Buchen (rechter oberer Bildrand) lädt zum Verweilen ein. Hermannsläufer haben dafür jedoch keine Zeit. | © Sarah Jonek

Für Konrad Schulz von den berühmt-berüchtigten „Unbestechlichen“ hat das Teilstück ab den vier dicken Buchen eine besondere Bedeutung. Man läuft dort den Wandweg hoch und dann wieder runter ins Tal. „An dieser Stelle bekomme ich immer meine zweite Luft“, erzählt der 58-Jährige aus Bielefeld. Zweite Luft deshalb, weil er auf dem Weg ins Tal auf seine anfeuernden Freunde und Familienmitglieder zulaufe, sofern diese nicht selbst auf der Strecke unterwegs sind.

Die fünf Schulz-Brüder oder eben „Die Unbestechlichen“ und der Hermann – das gehört seit vielen Jahren zusammen. Konrad Schulz blickt seiner 27. Teilnahme, den umschwärmten Stimmungsnestern zeigt er jedoch aus gebotener Vorsicht die kalte Schulter. „Da laufe ich mit Tunnelblick durch“, sagt er nüchtern. „Sonst ist die Gefahr groß, dass man euphorisiert viel zu schnell läuft. Und dann kommt der Einbruch. Das ist mir schon passiert“, gibt er zu. Erfahrung macht klug.

Hermannslauf: Die Sand- und Waldbodenpassage nach dem Heidental

Die Sand- und Waldboden-Passage nach dem Heidental ist für die Gelenke schonender als die Teilstücke über Asphalt und Kopfsteinpflaster. - © Sarah Jonek
Die Sand- und Waldboden-Passage nach dem Heidental ist für die Gelenke schonender als die Teilstücke über Asphalt und Kopfsteinpflaster. | © Sarah Jonek

Wer meint, dass sich Nordic Walker oder Wanderer ob eines gemäßigten Tempos mit einem größeren Sinn für die Natur auf den Weg machen, der täuscht gewaltig. „Für die Landschaft habe ich keine Zeit“, antwortet jedenfalls Nordic-Walking-Trainerin Virpi Staar grinsend bei der gemeinsamen Ergründung ihres Lieblingsteilstücks. Die Finnin, die in Enger lebt, bereitet Gleichgesinnte auf den Teutolauf vor.

Sie selbst kann auf 20 Teilnahmen beim Hermannslauf verweisen, nimmt in diesem Jahr aber nicht teil. Weil beim Nordic Walking der Gesundheitsaspekt im Vordergrund steht, verleiht sie dem Gelände einen höheren Stellenwert: „Ich mag die Sand- und Waldboden-Passage nach dem Heidental. Das ist für die Gelenke schonender als Asphalt oder Kopfsteinpflaster.“

Hermannslauf: Eingang ins Heidental

Die ersten Spuren menschlicher Besiedlung sind nach der langen Bergab-Passage am Eingang ins Heidental zu sehen. - © Sarah Jonek
Die ersten Spuren menschlicher Besiedlung sind nach der langen Bergab-Passage am Eingang ins Heidental zu sehen. | © Sarah Jonek

Den Eingang ins Heidental hat Jan Kerkmann aus seinem persönlichen Lieblingsstellen-Portfolio gepickt. Der 33-Jährige ließ seine bisherigen neun Hermannsläufe gedanklich Revue passieren, um eine Entscheidung fällen zu können. Nach der ersten langen Bergab-Passage biege man „links ab in eine flache Straße“, ordnet der Langstreckler vom TSVE Bielefeld geografisch ein. Laut seiner Beschreibung haben sich dort die ersten Zuschauer platziert, das Feld sortiere sich zum ersten Mal und man bekomme ein Überblick, an welcher Stelle man gerade liege.

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„Das ist eine sehr schöne Passage, weil ich die Gegend sehr mag. Waldreich, aber mit Besiedlungsspuren. Mir gefällt die Durchdringung von Natur und Kultur, die man dort zum ersten Mal richtig sehen kann. Während es vorher ja eigentlich nur bergab geht, abseits menschlicher Besiedlung“, begründet der promovierte Philosoph mit Lehrauftrag an der Universität Freiburg. Mit seiner Wahl ist Jan Kerkmann letztlich zufrieden, aber auch die anderen Nennungen findet er spannend und gerechtfertigt.

Mit 8.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern geht der Hermannslauf am 27. April an den Start. Alle Ergebnisse von der Mannschafts- und Firmenwertung sind ab Sonntag auf unserer Übersichtsseite einsehbar.