
Bielefeld. Zehn Jahre hat Oliver Krause bei Arminia Bielefeld junge Spieler ausgebildet. Er war Jugendtrainer, leitete drei Jahre lang die Fußballschule des Klubs und war verantwortlich für das Schulprojekt. Die Wiederbelebung der U21 bei Arminia verfolgt er mit großem Interesse, der 41-Jährige, der zuletzt bei Standard Lüttich tätig war und in diesem Sommer die U19 des Bundesliga-Aufsteigers Hamburger SV übernimmt, findet sie „toll und sinnvoll“. Und er erklärt auch, warum.
2018 hatte der DSC seine zweite Mannschaft, die damals eine U23 war, aus finanziellen Gründen vom Spielbetrieb abgemeldet. Der heutige Sport-Geschäftsführer Michael Mutzel aber hat sich seit seiner Amtsübernahme im Sommer 2023 dafür eingesetzt, diesen Schritt rückgängig zu machen. Mit dem Ergebnis, dass zur neuen Saison eine U21 des in der Oberliga an den Start gehen wird. Krause sagt: „Egal wie gut eine U19 ist, egal wie gut die Spieler ausgebildet sind – der Unterschied zum Herrenbereich ist immer noch enorm.“ Darum sei die U21 als Zwischenstufe auch für den Zweitligisten Arminia so wichtig.
Billig ist so ein Projekt nicht, doch „die Vorteile überwiegen, insbesondere wenn man viel Zeit, Mühe und Geld in die Jugendarbeit investiert und Spieler über Jahre begleitet“, erläutert Krause. Darum sei es „fast schon fahrlässig, Spieler ablösefrei ziehen zu lassen, nur weil sie vielleicht noch nicht gut genug sind für die 3. oder 2. Liga und du keinen adäquaten Unterbau hast“.
Krause erklärt, warum die U21 für Arminia so wichtig ist
Auch für Profis, die aus einer Verletzung kommen, böte eine U21 oder U23 die Möglichkeit, Spielpraxis zu sammeln auf dem Weg zurück ins Zweitligateam. Krause nennt noch ein weiteres Argument. Denn auch Trainer haben auf dieser Zwischenstufe die Chance, sich dem Profibereich anzunähern.
Der 41-Jährige weiß, wovon er redet. Denn nachdem er im Anschluss an seine Bielefelder Zeit vier Jahre als Nachwuchstrainer beim FC Schalke 04 arbeitete (2019 bis 2023), übernahm er den Posten des Co-Trainers bei der zweiten Mannschaft des belgischen Traditionsklubs Standard Lüttich.

Die Schnittstelle zwischen Junioren- und Seniorenbereich bezeichnet der gebürtige Velberter als hoch interessant. „Ich finde beides, sowohl den Senioren- als auch den Juniorenbereich, total spannend. Beide Aufgabenfelder erfordern bestimmte Eigenschaften, auch hinsichtlich der Arbeits- und Umgangsweise mit den Spielern. Vielleicht ist deswegen der Übergangsbereich zu den Profis so spannend für mich: den Spielern, wenn man so will, den letzten Schliff zu geben und ihnen dabei zu helfen, den Sprung zu schaffen.“
Noch heute guter Draht zu Arminias Ex-Spielern Consbruch und Massimo
Noch heute kann sich Krause daran erfreuen, dass ehemalige Schützlinge wie Roberto Massimo und Jomaine Consbruch, die beide für Greuther Fürth spielen und in der kommenden Saison auf ihren alten Klub Arminia treffen, es geschafft haben, sich im Profibereich zu etablieren. „Wenn man ein Jahr oder länger mit diesen Spielern gearbeitet hat, dann schafft das häufig eine Verbindung, die bestehen bleibt“, sagt Krause, der zu beiden Akteuren noch immer einen guten Draht hat.

Auch Spieler, mit denen er in Lüttich arbeitete, seien inzwischen gestandene Erstligaprofis. Torhüter Matthieu Epolo oder Außenverteidiger Henry Lawrence waren in der abgelaufenen Saison Stammspieler. Die positive Entwicklung einzelner entschädigt für die ausgebliebenen Ergebnisse, die Krause bei Standard im Oktober 2024 den Job kosteten. Zur Saison 2024/25 war der Ex-Armine zum Chefcoach der zweiten Mannschaft aufgerückt. Ein erheblicher Schritt für den ehemaligen Jugendtrainer, wenn man bedenkt, dass das Team damals in der 2. Liga spielte. Denn anders als in Deutschland ist für Reserveteams in Belgien nicht die 3., sondern die 2. Liga die höchstmögliche Spielklasse.
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„Da es in Belgien keine U19 gibt, kamen Nachwuchsspieler aus der U18 gewissermaßen direkt in die 2. Liga. Wir mussten uns mit einer sehr jungen Mannschaft auf einem sehr hohen Niveau beweisen“, erklärt Krause. „Und wenn dann auch noch die Zusammenarbeit mit der ersten Mannschaft problematisch ist, kann das sehr herausfordernd werden.“
Niederlagenserie mit Standard Lüttichs Zweitligateam kostet den Job
Die Folge: Standard II verlor die ersten neun Saisonspiele, Krause musste gehen. Doch auch sein Nachfolger konnte den Abstieg nicht verhindern. Für Krause keine große Überraschung. „Der Verein befand sich im Umbruch und wollte den Wechsel von einem Investor zum anderen vollziehen. In dieser Phase blieb naturgemäß nur wenig Unterstützung für die zweite Mannschaft.“ Standard sei „ein hochemotionaler Klub, der sich damals in einer schwierigen Phase befand.“ Umstände, die er aus seiner Zeit in Bielefeld kannte. „Ich fühlte mich gut präpariert.“

Trotz der schlechten Ergebnisse „speichere ich die Zeit als gar nicht so erfolglos ab“, sagt Krause. Die Erfahrungen fühlten sich an, „als hätte ich noch mal ein Masterstudium obendrauf gesetzt, bei dem ich ganz viel über Fußball und auch über mich lernen konnte“.
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Krause bereut nichts, ganz im Gegenteil. Die Auslandserfahrung habe ihn weitergebracht, neben Englisch und Spanisch – während des Studiums an der Sporthochschule in Köln verbrachte der in Düsseldorf wohnhafte Diplomsportlehrer ein Jahr in Argentinien und hospitierte später beim FC Barcelona und bei Atletico Madrid – spricht er auch Französisch fließend.
„Reizvolle Aufgabe“ beim Hamburger SV
All das in Kombination mit der UEFA-Pro-Lizenz lässt ihn auf eine aussichtsreiche Karriere hoffen. Eine Rückkehr zur Arminia, wo er eine gute Zeit hatte, würde er grundsätzlich nie ausschließen. Doch erst einmal freut er sich darauf, sich beim HSV um den ältesten Nachwuchs zu kümmern. „Das ist eine extrem reizvolle Aufgabe“, sagt Krause.
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