Warum sich Ex-Armine Philipp Heithölter selbstständig gemacht hat

Bielefeld/Herford. Es fühlte sich für Philipp Heithölter an wie ein Schlag in die Magengrube, als sein Herzensverein Arminia Bielefeld ihm im Juli 2021 mitteilte, keine Verwendung mehr für ihn zu haben. Frank Kramer hatte wenige Monate vorher Uwe Neuhaus als Trainer abgelöst. Der Klub stellte sich neu auf. Heithölter, der unter Neuhaus und zuvor auch schon unter Jeff Saibene erfolgreich als Videoanalyst und Scout unter anderem in der Bundesliga gearbeitet hatte, wurde freigestellt. Bis Dezember 2022 bezog er vom DSC sein Gehalt, dann endete der Vertrag. Es gab Anfragen anderer Klubs. Doch weil nichts Konkretes daraus erwuchs und Heithölter wieder an die Arbeit wollte, stellte er sich die Frage nach einer Alternative. Nach knapp einem Jahr in der Arbeitslosigkeit entschied er sich für den Schritt in die Selbstständigkeit. Am 1. November 2023 gründete der gebürtige Herforder in seiner Heimatstadt eine Fußballschule. Heithölter nahm den Gründerzuschuss in Anspruch. Für ihn und sein neues Projekt ein super Modell, wie der 42-Jährige sagt. Sechs Monate lang bekam der ehemalige Fußballprofi das volle Arbeitslosengeld und hatte die Chance, sich in dieser Zeit einen Kundenstamm aufzubauen. Mit Erfolg. &bdquo;Drei Kinder waren es am Anfang“, blickt er zurück. Mittlerweile hat er fast 100 Kunden. &bdquo;Die Fußballschule trägt sich“, sagt er zufrieden. Und mehr als das. Heithölter, der an sechs Tagen in der Woche auf dem Fußballplatz steht, stößt an Grenzen und erwägt, noch einen Trainer einzustellen. Ein Torwartcoach, Hasan Kaya (38, türkischer Ex-Profi und zuletzt beim VfL Theesen aktiv), arbeitet bereits für ihn. Heithölter erklärt: &bdquo;Inzwischen sind mehr als zehn Torhüter in meiner Fußballschule angemeldet. Es ist sinnvoll, sie spezifisch zu fördern.“ Ex-Armine Heithölter baut keine Luftschlösser Während Kaya gleichzeitig bis zu drei Torhüter trainiert, kümmert sich Heithölter um die Feldspieler. Maximal sechs bilden eine Trainingsgruppe. &bdquo;Und am Ende des Trainings führen wir alle neun Kinder zum Torschusstraining zusammen“, sagt er. 90 Minuten dauert ein solches Gruppentraining und kostet jeden Teilnehmer 30 Euro. Im Angebot sind zudem ein Zweiertraining (75 Minuten, 50 Euro) und ein Individualtraining (60 Minuten, 80 Euro). 16 dieser Einzel-Einheiten gibt Heithölter pro Woche, Tendenz steigend. In Oetinghausen und Hiddenhausen im Kreis Herford sowie in Bad Oeynhausen im Kreis Minden-Lübbecke stellen ihm Vereine beziehungsweise Kommunen Trainingsplätze zur Verfügung. Und falls im Winter ein Freiluft-Training unmöglich sein sollte, besteht die Möglichkeit, in den Sportpark Enger auszuweichen. Lesen Sie auch: In dieser Disziplin ist Arminia Bielefeld besser als Vorjahresmeister SSV Ulm Doch was unterscheidet sein Training, dass sich die Eltern der Kinder und auch seine erwachsenen Kunden einiges kosten lassen, von einem normalen Vereinstraining? &bdquo;Bei mir sind die Spielerinnen und Spieler permanent gefordert, sowohl der Körper als auch der Kopf.“ Aufgrund der kleinen Gruppenstärke gibt es praktisch keinen Leerlauf. &bdquo;Die Zeit mit Ball am Fuß ist dadurch exorbitant höher. Allein durch die Anzahl an Ballkontakten wird eine Verbesserung eintreten“, nennt Heithölter die Formel, die die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöht. Was wiederum nicht heißt, dass der Ex-Armine durchweg die Profis von morgen formt. &bdquo;Es kommt vor, dass Eltern mich fragen, ob ihr Kind das Zeug zum Profi hat. Aber dazu sage ich grundsätzlich nichts. Es ergibt keinen Sinn, Luftschlösser zu bauen. Das ist dann vielleicht auch mal unangenehm. Aber ich bin immer ehrlich zu allen, alles andere würde mir früher oder später sowieso auf die Füße fallen.“ Stefan Ortega Moreno ist in Heithölters Augen ein Paradebeispiel Seine jüngsten Schützlinge sind sechs Jahre alt, die ältesten erwachsen. Die Motivation, über das Vereinstraining hinaus bezahltes Zusatztraining bei einem Ex-Profi zu nehmen, sei ganz unterschiedlich. Der eine träumt den Traum vom Profi, der andere will einfach nur die Wahrscheinlichkeit erhöhen, in der Bezirksliga ein paar Tore mehr zu erzielen. Was alle Kunden eint, ist der Wunsch, besser zu werden. Dabei gehe es insbesondere um die technischen Fertigkeiten und darum, das Selbstvertrauen der Spieler zu stärken, erklärt Heithölter. &bdquo;Das beginnt schon mit der Ansprache“, sagt er: &bdquo;Wenn ein achtjähriger Abwehrspieler einen Pass spielt, den der Gegner abfängt und dann ein Tor erzielt, setzt häufig die immer gleiche Kettenreaktion ein: Der Trainer brüllt, die Eltern murren, der Kopf des Kindes geht runter. Es entsteht Unsicherheit. Aber muss ich dem Kind jetzt sagen, dass es etwas falsch gemacht hat, dass das ein Fehler war? Ich kann auch sagen: Du hast jetzt die Erfahrung gemacht, dass dein Pass mit einigem Risiko verbunden war. Merk es dir und zieh deine Schlüsse daraus“, erklärt der Coach und ergänzt: &bdquo;Ich habe im DFB-Pokal auch mal einen Elfmeter verschossen und wir sind ausgeschieden. Ich weiß, wie sich Niedergeschlagenheit anfühlt.“ Torwart Stefan Ortega Moreno, der jetzt beim englischen Topklub Manchester City unter Vertrag steht, sich aktuell erstmalig im Kreis der Nationalmannschaft befindet und mit dem Heithölter einige Jahre beim DSC zusammenspielte, sei ein Meister darin gewesen, nach einer missglückten Aktion allem Ärger zum Trotz blitzschnell wieder konzentriert und mutig zu sein. &bdquo;Er hat das Missgeschick akzeptiert und die gleiche Aktion wieder versucht und wieder. Er ist nicht zufällig da, wo er jetzt ist.“ Lesen Sie auch: Tego für Deutschland: Ex-Arminia-Keeper erreicht den nächsten Meilenstein Heithölter, der eine Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement und Kommunikation abgeschlossen hat, war außer für den DSC Arminia auch noch für Holstein Kiel, RW Ahlen und den SC Paderborn aktiv. Heute tritt er gelegentlich noch in Arminias Traditionsmannschaft an den Ball. &bdquo;Eigentlich wollte ich mal Sport studieren und Lehrer werden“, sagt er. Jetzt lehrt der Vater von drei schulpflichtigen Kindern im Alter von 15, 11 und 8 Jahren fußballspezifische Inhalte und kann &bdquo;mittlerweile gut davon leben“. Einzeltraining mit Ex-Arminia-Profi Amos Pieper Doch auch den Bezug zum Profisport hält er aufrecht. Im vergangenen Sommer hatte eine Agentur ihn als Trainer gebucht, um Berufsfußballer sozusagen für den Beginn der Saisonvorbereitung vorzubereiten. Am Chiemsee coachte Heithölter unter anderem die Bundesligaspielerinnen Cora Zicai (SC Freiburg, 1. Liga) und Lisa Baum (Hamburger SV, 2. Liga), zudem die Erstligaprofis Junior Adamu (SC Freiburg), Lukas Nmecha (VfL Wolfsburg) und den ehemaligen Arminen Amos Pieper, der seit 2022 beim Bundesligisten Werder Bremen spielt und nach einer längeren Verletzungspause wieder fit gemacht werden sollte für den Arbeitsalltag im Verein. Heithölter absolvierte während der zehn Trainingstage individuelle Einheiten mit den Spielerinnen und Spielern. Jeden Tag stand er zehn bis zwölf Stunden mit den Profis auf dem Platz. Eine Wiederholung des Camps im Sommer 2025 ist in Planung, Heithölter wäre gern wieder mit dabei. Hier die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen in der eigenen Fußballschule, dort die gelegentliche Arbeit mit den Profis – &bdquo;diese Mischung ist ideal“, sagt Heithölter. Der Schritt in die Selbstständigkeit, betont er, &bdquo;war der richtige“.

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