Gerry Weber: Der Modezar mit dem großen Herz für Arminia Bielefeld

Bielefeld. &bdquo;Ohne Gerhard Weber gäbe es Arminia Bielefeld heute nicht mehr.“ Diese Feststellung teilen viele Anhänger und sicherlich auch zahlreiche ehemalige und amtierende Funktionsträger des ostwestfälischen Traditionsklubs. Es zeichnet diesen Verein nicht aus, in der fast 120-jährigen Geschichte zigmal in der finanziellen Patsche gesteckt zu haben. Und wenn die finanzielle Schwindsucht in der Melanchthonstraße zu groß war, mussten Gönner des Vereins in die Bresche springen. Der Haller Modeunternehmer Gerhard Weber hatte schon Mitte der 1980er Jahre erkannt, dass gezielte Sport-Marketing-Maßnahmen den Bekanntheitsgrad seines Unternehmens spürbar erhöhen. 1986 schloss er mit der damals hochtalentierten Tennisspielerin Steffi Graf einen Zweijahresvertrag als Werbebotschafterin ab. Graf erhielt 500.000 Mark jährlich. Ein genialer Griff. Zwei Jahre später gewann die Brühlerin sämtliche vier Grand-Slam-Turniere, die olympische Goldmedaille in Seoul und kletterte auf Rang eins in der Weltrangliste. Es folgte Webers Coup mit Katrin Krabbe, Sprint-Doppelweltmeisterin des Jahres 1991. Der Kontrakt endete ein Jahr später, weil Krabbe wegen Medikamentenmissbrauchs für drei Jahre gesperrt wurde. Gerhard Weber war Pionier in Sachen Trikotwerbung Gerry-Weber-Trikotwerbung der Balljungen bei der Tischtennis-WM 1989 hatte der Haller Unternehmer auf Anraten von Rüdiger Lamm auf den Weg gebracht. Es war der Beginn einer intensiven, aber zeitlich limitierten Partnerschaft. &bdquo;Herr Weber war Pionier in diesem Bereich“, sagt Lamm heute. &bdquo;Die Präsenz bei den Liveübertragungen im Fernsehen war für ihn von besonderer Bedeutung.“ Es versteht sich von selbst, dass Weber auch die Tischtennisfrauen der Spvg Steinhagen, äußerst erfolgreich von Lamm gemanagt, als Trikot-Werbepartner unterstützte. Als zweimaliger Gewinner des Europapokals der Landesmeister und sechs deutscher Meistertitel waren Steinhagens Frauen Dauergäste im TV-Liveprogramm des WDR. Weber initiierte ab 1993 mit den Gerry Weber Open das bedeutendste Rasen-Tennisturnier in Deutschland und bewies zum wiederholten Male seinen guten Riecher für innovative Neuschöpfungen. Gleichwohl hatte Weber aber auch ein großes Herz für den Fußball, speziell für Arminia Bielefeld. Dort hatte 1994 Rüdiger Lamm als hauptamtlicher Manager seinen Job angetreten und viele der Steinhagener Großsponsoren mitgenommen. Wie auch Weber. Zeitweise Funkstille zwischen Gerry Weber und Arminia Bielefeld Zwei &bdquo;Alphatiere“ aus dem Kreis Gütersloh hatten sich gefunden. Neben Bandenwerbung auf der Alm zeigten auch Trikots der Spieler von 1996 bis 1998 den Namen Gerry Weber. Eine Million Mark floss jährlich auf das DSC-Konto. Lamm: &bdquo;Das Haus Weber war eine tolle lokale Verbindung zu Arminia. Ich hätte das Unternehmen auch umsonst genommen.“ Das Friede-Freude-Eierkuchen-Klima endete 1998 schlagartig, als Webers Bandenwerbung bei den Montags-Livespielen im DSF abgebaut werden musste. So lautete ein Punkt des TV-Vertrages. Der Modezar aus Halle war außer sich vor Wut und kündigte umgehend den Sponsorvertrag. Lamm sprach in den Medien vom &bdquo;Wichtigtuer aus Halle.“ Eine Aussage, die das Band zwischen Weber und Arminia Bielefeld zerschnitt. Einige Jahre herrschte Funkstille zwischen dem Unternehmen und dem Verein. Horst Erpenbeck ist ein Vermarktungsprofi. Der gebürtige Beckumer war bis 2017 24 Jahre lang Leiter Marketing der Gerry Weber Management und Event GmbH. Der leidenschaftliche DSC-Fan bekniete seinen Chef für eine erneute Annäherung, zumal Rüdiger Lamm seine Zelte bei Arminia im Herbst 1998 abbrechen musste. &bdquo;Meinen Hinweis, als bedeutendes ostwestfälisches Unternehmen nicht nur beim Tennis oder Handball Zeichen zu setzen, sondern auch beim ostwestfälischen Traditionsverein wieder Präsenz zu zeigen, überzeugte schließlich Weber“, erzählt Erpenbeck. Die Rückkehr zur Alm war beschlossen. Zwei Millionen aus der eigenen Schatulle für Nachverpflichtungen Marketing-Fachmann Erpenbeck war regelmäßiger Besucher der DSC-Spiele und &bdquo;hegte und pflegte die Beziehungen zu vielen anderen Sponsoren der Arminen, was dem Verein schließlich zugutekam“. Wie im März 2010, als bei den Arminen &bdquo;Holland in Not“ war. Wegen Verstößen gegen die Lizenzierungsordnung zog die DFL dem Klub vier Punkte ab. Die erhoffte Rückkehr in die Bundesliga war dahin, zumal eine Etatunterdeckung von zwölf Millionen Euro für weiteren Schrecken sorgte. Das Sponsoren-Netzwerk um Weber sorgte durch weitere Darlehen, Stundungen und vorgezogene Zahlungen für eine Schließung der Deckungslücke. Die Lizenz war gesichert. Nach dem Verlust von zahlreichen Leistungsträgern krebste Arminia in der Zweitligasaison 2010/11 von Beginn an im unteren Tabellenbereich herum. In der Winterpause machte Weber aus der eigenen Schatulle zwei Millionen Euro für Nachverpflichtungen locker, um die Konkurrenzfähigkeit zu erhöhen. Vergeblich. Arminia stieg mit Trainer Ewald Lienen als Tabellenletzter ab. Nach dem Relegations-Drama 2014 gegen Darmstadt 98 und dem daraus resultierenden Abstieg aus der 2. Liga fühlte sich Weber in seiner Ehre gekränkt und erhöhte in der 3. Liga seinen Sponsoranteil. Andere Großsponsoren wie Schüco, Alpecin, Krombacher, Melitta, Dr. Oetker oder Merkur zeigten ebenfalls Flagge und wurden durch die unmittelbare Rückkehr in die 2. Liga für ihr Vertrauen belohnt. Gerhard Weber wurde zum Arminia-Ehrenmitglied ernannt Finanziell drohte Arminia im Dezember 2017 erneut die Insolvenz. Diese konnte durch das Engagement von Sponsoren im &bdquo;Bündnis Ostwestfalen“ und durch einen Forderungsverzicht einiger Gläubiger verhindert werden. Gerhard Weber musste sich danach aufgrund finanzieller Probleme im Unternehmen als Sponsor der Arminen zurückziehen. Weber wurde aufgrund seiner Verdienste um Arminia Bielefeld 2018 zum Ehrenmitglied ernannt. Im Januar 2019 stellte die Gerry Weber International AG den Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Der Unternehmer verstarb am 24. September 2020 im Alter von 79 Jahren. Mehr Tore, Träume und Tragödien in Arminia Bielefelds Historie Arminias verrückte Reisen: Ein Mittelfinger gegen Tausende Soldaten &bdquo;Die Alm hat mich verzaubert“: Michael Gehre ist Hüter der Arminia-Historie Ein Unglück in Telgte-West: Bekannter Arminia-Fan erzählt seine Geschichte Arminias Schicksalsspiele gegen den VfL Osnabrück – ein Ex-Armine erinnert sich Als Arminia Bielefeld in den USA auf den brasilianischen Weltstar Pelé traf &bdquo;Keine Angst vor dem Tod“: Wie Ex-Armine Georg Koch mit seiner Krankheit umgeht

Meistgelesen