Arminia-Trainer Koschinat wird beim Debüt mit Sprechchören gefeiert

Bielefeld. Den Blick zur Tribüne gerichtet, atmete Uwe Koschinat zwei, dreimal tief durch. Dann riss er die Arme nach oben, die Fans dankten es ihm und jubelten zurück. "Uwe, Uwe, Uwe!", riefen sie von den Rängen. Doch nun war der Kapitän dran. Fabian Klos hatte just den Ball zum 3:1-Endstand gegen Darmstadt 98 ins leere Tor geschoben, hätte es besser laufen können? Arminia Bielefeld hatte sich zurückgemeldet, und Klos erhielt einen dicken Knutscher auf die Backe. Eine rheinische Frohnatur eben. Kurz darauf war natürlich auch Benjamin Kanuric fällig. Eingewechselt, Traumtor per Direktabnahme zur eigentlichen Spielwende. Und auch der Rest des Teams fand nach und nach in die Arme dessen, der zu Arminias Retter werden soll. Und der mit dem Sturz des Spitzenreiters einen perfekten Einstand feierte. Analytiker oder wilde Furie an der Seitenlinie? Es dauerte am Samstagnachmittag bis zur 72. Minute, ehe jeder der gut 18.000 Zuschauer Bescheid wusste, wofür Arminias neuer Trainer während des Spiels steht. Just hatte Manuel Prietl, der Pechvogel vor dem 0:1, die Vorarbeit von Rekordspieler Klos per Kopf zum völlig verdienten Ausgleich in die Maschen gewuchtet, da platzte es zum ersten Mal nur so aus Koschinat heraus. Ab dem 1:1 wird aus Koschinat der pure Motivator Eine Faust in Richtung Publikum gereckt, nahm Koschinat zuvor Robin Hack weit auf dem Spielfeld fast in den Schwitzkasten, um ihm inmitten aller Emotionen noch Taktikratschläge zu geben. Koschinat stapfte festen Schrittes weiter, nun war Benjamin Kanuric dran, der zur Einwechslung bereitstand. Ein Arm um die Schulter, ein fester Klaps, eine klare Anweisung - und ab aufs Feld mit dem Talent. Koschinat lebte, Koschinat führte, Koschinat gab alles. Und auch wenn die ultimative Belohnung ausblieb, so riss auch er das Publikum mit. Und offenbar ja auch seinen zuletzt kaum berücksichtigten Youngster aus Wien. Damit die Reaktion auf das Braunschweig-Spiel gelang, griff Koschinat personell durch: Die Hälfte seiner Feldspieler waren neu in der Startelf. Eine Entscheidung, die der 51-Jährige gut durchdacht hatte. "Zum Einen ist es notgedrungen. Jäkel hat kurzfristig erst sein Okay für den Kader gegeben, Klünter sich leider Gottes verletzt", sagte Koschinat. Und: "Ich habe sehr stark auf Spieler gesetzt, die ich über einen längeren Zeitraum beobachtet habe." Er habe Spieler, "die sich in diesem Verein einen Namen gemacht haben", ins Rennen schicken wollen. Nicht nur beim Zusammenspiel der beiden Dienstältesten Klos und Prietl ging dieses Konzept voll auf. Arminia kämpfte, spielte simpel, aber längst nicht nur mit langen Bällen. Vor allem aber bewies sie das, was in den Vorwochen immer fehlte - und widerlegte den Eindruck, keinen Widerstand leisten zu können. Koschinat erklärte nach dem Spiel wieder ganz nüchtern-sachlich seine zwei Gesichter: Sein Job sei es, "in den 90 Minuten alles dafür zu tun, ein Spiel zu gewinnen. Wenn der Samstag nicht funktioniert, kannst du montags bis freitags tun, was du willst." Wortmann: Koschinat "brennt für den Job" "Er hat sofort gezeigt, dass er für den Job brennt", sagte Geschäftsführer Christoph Wortmann vor Anpfiff am Mikrofon von "Sky". Das erste Gespräche habe es am Dienstag gegeben, verriet der Arminia-Boss. "Uwe hatte seine Tasche schon dabei und wollte sofort loslegen", sagte Wortmann. "Das war ein Zeichen für uns, dass er sofort helfen kann." Auch in Richtung des noch zu besetzenden Posten der sportlichen Leitung - Wortmann bezog sich hier mehrfach auf einen neuen Geschäftsführer Sport - äußerte sich der 46-Jährige. "Es galt zunächst, kurzfristig die Lücke auf der Trainerposition zu schließen", sagte er. Für den Sportchef sei "ein strukturierter Prozess angestoßen worden, der nun beim Aufsichtsrat liegt." Bei dieser Personalie wolle Arminia aber in Ruhe und nicht übereilt vorgehen, bestätigte Wortmann. Wichtiger war die ganze Zeit über, die Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen. Und das ist Uwe Koschinat in seinen ersten 90 Minuten als Arminia-Trainer herausragend gelungen.

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