Corona-Maßnahmen

Topgestylte Profifußballer: Friseurverband klagt wegen Schwarzarbeit

Während bei Millionen Deutschen das Haupthaar wächst und wächst, tritt mancher Profifußballer mit perfekt gestyltem Haar vor die Kameras. Der Friseurverband vermutet dahinter Schwarzarbeit.

Die Frisur muss sitzen - für viele Profifußballer gehört das dazu. Nun ist dem deutschen Friseurverband aber aufgefallen: An das Tätigkeitsverbot der Branche scheinen sich im Umfeld der Sportler nicht alle zu halten. | © imago images

Jan Ahlers
12.01.2021 | 13.01.2021, 10:23

Berlin. Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks hat in einem Offenen Brief an DFB-Präsident Fritz Keller den Profifußball zur Solidarität im Lockdown aufgerufen und das Styling-Verhalten der Spieler kritisiert. "Der Unmut gegenüber topgestylten Fußballern und in der Folge Kundenanrufen, die zu Schwarzarbeit und Regelverstößen wie Hausbesuchen überreden wollen, wächst. Setzen Sie mit uns ein Zeichen gegen Schwarzarbeit", heißt es in dem Schreiben. Frischfrisierte Fußball-Stars setzten eine gesamte Branche unter Druck.

Man habe mit großer Verwunderung an den vergangenen Spieltagen festgestellt, dass ein Großteil der Fußballprofis sich mit frischgeschnittenen Haaren auf dem Platz präsentierten. "Einrasierte Scheitel, auf wenige Millimeter getrimmtes Nacken- und Schläfenhaar, saubere Konturen. Frisuren, die nur professionelle Friseurinnen und Friseure mit Profi-Equipment schneiden können", so der Verband.

"Homeservice" ist untersagt

Schon während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 hatten sich einige Fußballprofis der Bundesligen etwa durch unachtsam gepostete Videos in sozialen Medien selbst überführt: Sie zeigten Szenen aus dem privaten Raum, wo sie sich von Friseuren teils ohne Abstand oder Mund-Nasen-Bedeckung die Haare stylen ließen. Auch der "Homeservice" ist derzeit allerdings strikt untersagt.

Die rund 80.000 Salons des deutschen Friseurhandwerks sind seit dem 16. Dezember 2020 im Zuge der Pandemiebekämpfung geschlossen. Viele Betriebe seien in ihrer Existenz bedroht, Beschäftigte müssen mit Kurzarbeitergeld oder ganz ohne Einkommen leben.

Mit Material des sid

Kommentar der Redaktion

Ein Bärendienst für alle Disziplinierten


Können Profifußballer mit der Verantwortung umgehen, die der Corona-Sonderspielbetrieb von ihnen verlangt? Ganz wegräumen ließen sich die Zweifel, dass mancher es insgeheim doch zu lasch nimmt mit all den Schutzmaßnahmen, die momentan so wichtig sind, in den vergangenen Monaten nicht.

Das kritische Schreiben des Friseurhandwerks passt ins Bild. Nach außen hin schotten sich Vereine ab, geben strenge Regelungen vor - sie wissen, dass auch jetzt noch alles an der Fortführung des Spielbetriebs hängt und sich selbst die extrovertiersten Profis dafür am Riemen reißen müssen. Das Beispiel Salomon Kalou, der mit seinem skandalösen, die regelmäßigen Corona-Testungen ins Lächerliche ziehende Video aus der Kabine von Hertha BSC den Re-Start der Bundesliga ins Wanken brachte, ist noch sehr präsent.

Doch das Individuum bleibt die Schwachstelle. Profis, die sich bis zuletzt an freien Tagen nicht vom munteren Reisen durchs Land abhalten ließen, die statt des einst erwünschten Ellenbogenkontakts vor laufenden Kameras längst wieder routiniert innigere Kontakte am laufenden Band präsentieren - und die sich offenbar auch das professionelle Styling nicht nehmen lassen wollen, obwohl diese Dienstleistung derzeit schlicht verboten ist.

Es muss jenen Sportlern ja nicht einmal böse Absicht unterstellt werden beim Wunsch, gepflegt aufzutreten. Sehr wohl aber sind sie derzeit schlechtestmögliche Vorbilder. Einerseits treiben sie mögliche Nachahmer im Bestreben an, sich im Privaten den Corona-Regeln zu widersetzen, was leicht zu schaffen ist.

Andererseits sorgen sie für Unfrieden bei allen, die sich in dieser schwierigen Zeit auch beim Blick auf die Frisur in Verzicht üben - darunter übrigens auch manchem besser reflektierten Fußballer, dem nun ein Bärendienst erwiesen wird: Einige wenige bringen die gesamte Branche, auf die insbesondere Kritiker seit Anbeginn des Geisterspielbetriebs mit Argusaugen schauen und die auf ein rasch wachsendes Interesse nach dem Ende der Pandemie angewiesen ist, erneut in unschöne Schlagzeilen.

Ist ein perfekt getrimmtes Haupthaar das wirklich wert?

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