Historische Arminia (14): "Wir sind gerne zweitklassig" - der Aufstieg 2013

Trotz einiger Hindernisse rückt der Wiederbeginn der Fußball-Bundesliga immer näher, und damit auch das Ende unserer Serie. Es ist Mitte Mai, nach dem Biorhythmus eines jeden Ballsportbegeisterten die entscheidende Zeit der Saison. Es geht nicht mehr um Einzelschicksale beim DSC, sondern um die Zukunft des gesamten Klubs. Steigt er auf oder nicht, hält er die Liga? Das heutige Datum, der 11. Mai, spielte im vergangenen Jahrzehnt gleich zweimal eine wichtige Rolle. Heute blicken wir zunächst genau sieben Jahre zurück, Arminia Bielefeld kämpft in der 3. Liga um den Wiederaufstieg. Es ist ein spektakulär, gar epischer Aufstiegskampf - vielleicht der spannendste der Drittliga-Geschichte? Fünf Mannschaften geben sich bis zum letzten Spieltag Saures. Besonders spannend: In Arminia, dem VfL Osnabrück und Preußen Münster sind drei Rivalen im "Derby-Dreieck" zwischen Ostwestfalen, Niedersachsen und Münsterland mittendrin im Geschehen. Eine Woche vor jenem 11. Mai 2013 hatte der DSC vorgelegt: Nur 1.100 Zuschauer sahen den 1:0-Auswärtssieg beim VfB Stuttgart II. Als Zweiter hinter dem Karlsruher SC hatte Bielefeld vor dem 37. und vorletzten Spieltag plötzlich beste Karten, direkt aufzusteigen - weil Münster mit einer Heimniederlage überraschend gepatzt hatte. Vor dem Arminia-Heimspiel gegen den VfL Osnabrück liegen die Gastgeber drei Punkte vor den Lila-Weißen, vier vor dem Erzrivalen. Kurzum: Verlieren war verboten, ein Sieg würde die 2. Bundesliga bedeuten. Peter Burkamp, damals für uns vor Ort, erzählt vom ersten Zweitliga-Aufstieg seit 18 Jahren. Grenzenloser Jubel: Arminia ist wieder zweitklassig Bielefeld. Gekämpft, gezittert und gehofft haben sie 93 Minuten lang - gejubelt und gefeiert die ganze Nacht. Als die Zweitligaaufsteiger des DSC Arminia Bielefeld am Sonntagnachmittag beim Sommerfest der &bdquo;Arminis" erschienen, waren sie zwar etwas müde, doch immer noch lag das Strahlen der Glückseligkeit in ihren Augen. &bdquo;Ich kann es einfach nicht begreifen. Das ist phänomenal, was hier entstanden ist", sagte Sebastian Hille, der Schütze des goldenen 1:0 gegen den VfL Osnabrück. Der Sieg in dem zum &bdquo;Endspiel" hochgejazzten Derby gegen den VfL geriet zum Spiegelbild der Saison. Erst brach Kapitän Thomas Hübener kurz vor dem Spiel einen Belastungstest frustriert ab, dann musste Manuel Hornig nach fünf Minuten verletzt vom Platz. &bdquo;Ich dachte, das kann nicht wahr sein. Zwei wichtige Spieler fehlen und mit Appiah kommt einer rein, der fast drei Wochen nicht trainiert hat", schilderte Pascal Testroet seine Gefühlslage. Auf der Tribüne ging ein kollektives Raunen durch die Reihen. Doch auch diesen Rückschlag steckten Stefan Krämers Schützlinge weg wie schon viele zuvor. &bdquo;Nach dem 0:3 im Heidenheim-Spiel hat die Mannschaft einen Pakt geschlossen und sich auf den Aufstieg eingeschworen." Das sei für ihn einer der entscheidenden Momente gewesen, erzählte DSC-Trainer Krämer. Der entscheidende Moment des Spiels war das 1:0 durch Hille in der 56. Spielminute. Danach hieß es nur: durchhalten. Für die Spieler, für die Verantwortlichen und die Fans. 15 Minuten vor dem Abpfiff war die Spannung kaum noch zu ertragen. Jeder Ball ins Aus, jeder Fehlpass der Osnabrücker wurde erleichtert bejubelt. Ab der 85. Spielminute hielt es keinen mehr auf den Sitzen. Der Gegner wirkte moralisch gebrochen, die Versuche, den Ausgleich zu erzielen, halbherzig. Nur einmal mussten die Arminen noch zittern, als der Ball Zentimeter am Tor vorbei trudelte. Mit dem letzten Pfiff brachen alle Dämme. Tränen flossen. Die Fans stürmten den Platz. Samir Arabi küsste oben auf der Tribüne seine Lebensgefährtin Simone, die im Juli ein Kind erwartet. Die Spielerfrauen standen plötzlich in bedruckten T-Shirts da: &bdquo;Wir sind gerne zweitklassig" stand darauf geschrieben. Minuten der Ausgelassenheit und Momente großer Emotionen folgten. &bdquo;Ich hatte Tränen in den Augen", verriet Marcus Uhlig. &bdquo;Als wir begannen, lagen wir auf der Intensivstation. Unser Aufstieg ist eine Sensation", sagte der Geschäftsführer. Der Erfolgstrainer verschwand zunächst in der Kabine, um kurz innezuhalten. Wie Kinder im Wasser plantschten die Profis im Bier. Fans sicherten sich Stücke vom Almrasen und dem Tornetz. Wie versteinert verfolgten einige Osnabrücker Fans die Aufstiegsfeier des Konkurrenten. Später ließ der eine oder andere Armine einen Blick in sein Seelenleben zu. &bdquo;Für mich ist der Aufstieg eine Wiedergutmachung für die vielen negativen Dinge, dir mir passiert sind", sagte Pascal Testroet, der das Tor aufgelegt hatte. Stefan Krämer wurde kurz vorm Muttertag väterlich: &bdquo;Die Jungs sind mir so ans Herz gewachsen. Einmal mein Spieler, immer mein Spieler. Sie können mit allem zu mir kommen." Das taten sie prompt. Wieder mit Bier. Eine Gruppe Spieler stürmte die Pressekonferenz und beendete diese mit einer weiteren Dusche ihres Trainers. &bdquo;Nun haut endlich ab, ihr Pflegefälle", konterte Krämer lachend und entließ seine Jungs in den Feier-Marathon. Erst zum Rathaus, dann zurück ins Stadion, später in die Bielefelder Innenstadt. Exakt ein Jahr darauf steht Arminia unter kolossalem Druck. Nach einer größtenteils enttäuschenden Saison mit nur 32 Punkten aus 33 Spielen steigen Bielefeld und Krämers Trainer-Nachfolger Norbert Meier ab, wenn sie das direkte Duell bei Dynamo Dresden nicht gewinnen. Doch am 11. Mai 2014 folgt ein weiterer triumphaler Nachmittag: Trotz einer verspielten 2:0-Führung sowie einer von der frustrierten Dresdener Anhängerschaft ausgelösten Spielunterbrechung siegte der DSC mit 3:2 und schaffte den Einzug in die Relegation. "Ihr habt eine Stunde, die Stadt zu verlassen", drohte der SGD-Anhang nicht etwa Arminia, sondern den eigenen Spielern. Hier geht es zum gesamten Text von damals. Und Arminia tat, was irgendwie zu erwarten war: Sie verspielte die Chance auf den Klassenerhalt. Mit einem 3:1-Auswärtssieg und einer 2:4-Heimniederlage nach Verlängerung jubelte gut eine Woche später Darmstadt 98, in der Schüco-Arena flossen nach dem Relegations-Drama bittere Tränen.

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