Vorsorge ist entscheidend

„Ich war doch fit“: Lübbecker Familienvater erhält Schockdiagnose bei Routineuntersuchung

Prostatakrebs trifft jeden achten Mann. Vorsorge kann Leben retten. Umso früher erkannt, desto besser behandelbar ist das Prostatakarzinom, sagen Fachärzte der Mühlenkreiskliniken.

Alexander Ottenhof (l.) hat Hinrich Hinnah behandelt und operiert. Der Mindener Urologe setzt sich für das Thema Männergesundheit ein. | © MKK/Christian Schwier

17.09.2025 | 17.09.2025, 05:00

Lübbecke. Wie tückisch Prostatakrebs sein kann, hat Hinrich Hinnah selbst erlebt. Der Familienvater aus Lübbecke fühlte sich gesund, hatte keinerlei Beschwerden. Doch nach einer Routineuntersuchung dann der Schock: die Diagnose Krebs. „Damit habe ich absolut nicht gerechnet – ich war doch fit und gesund“, erinnert er sich. Jeder achte Mann erkrankt im Laufe seines Lebens an Prostatakrebs. Hinrich Hinnah ist einer von ihnen, berichtet Irma Mujanovic, stellvertretende Pressesprecherin der Mühlenkreiskliniken (MKK).

Trotz der Diagnose habe er nie den Mut verloren – wollte von Anfang an gegen die Erkrankung kämpfen, heißt es in der MKK-Mitteilung weiter. Nach einer erfolgreichen Operation am Universitätsklinikum Minden gelte Hinrich Hinnah heute als geheilt. „Ich habe ein tiefes Tal durchschritten. Aber jetzt genieße ich mein Leben mit meiner Familie umso mehr“, wird der zweifache Vater und Großvater zitiert.

Anfang des Jahres war Hinrich Hinnah zu einer Routineuntersuchung bei seiner Hausärztin – die ihm riet, auch den PSA-Wert, das sogenannte prostataspezifische Antigen, sicherheitshalber kontrollieren zu lassen. Der Wert war tatsächlich erhöht, es folgten weitere Untersuchungen, die den Anfangsverdacht bestätigten. Der 57-Jährige hatte einen bösartigen Tumor in seiner Prostata.

Newsletter
Aus dem Lübbecker Land
Wöchentliche News direkt aus der Redaktion Lübbecke.

Lesen Sie auch: Fortschritte in der Onkologie: Bielefelder lebt dank experimenteller Krebstherapie

Alter ist größtes Risiko für Prostatakrebs

„Prostatakrebs ist weltweit die häufigste Krebsart bei Männern. Rund 60.000 Männer erhalten jedes Jahr diese Diagnose in Deutschland. Das Heimtückische: In frühen Stadien verursacht die Erkrankung meist keinerlei Beschwerden. Deshalb ist Vorsorge so entscheidend – je früher der Krebs erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen“, erläutert Alexander Ottenhof, stellvertretender Direktor der Klinik für Urologie, Kinderurologie und Operative Uro-Onkologie am Universitätsklinikum Minden.

Die genauen Ursachen für Prostatakrebs seien nicht bekannt. Bestimmte Faktoren könnten das Risiko für Prostatakrebs allerdings etwas erhöhen. „Der größte Risikofaktor für das Auftreten von Prostatakrebs ist das Alter. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 71 Jahren“, erklärt der Mindener Urologe.

Vorsorgeuntersuchungen werden ab dem 45. Lebensjahr jährlich empfohlen – bei Männern mit familiärem Risiko sogar früher. „Leider macht selbst in unserer modernen und aufgeklärten Gesellschaft nur jeder fünfte Mann in Deutschland von der Möglichkeit der Früherkennungsuntersuchung Gebrauch“, so Ottenhof.

📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

Prostatakrebs bedeutet „enorme psychische Belastung“

An einem Prostatakarzinom sterben etwa 12.000 bis 14.000 Männer jährlich in Deutschland. Die gute Nachricht: Viele Männer erhalten die Diagnose Prostatakrebs in einem frühen Stadium der Erkrankung. Befinde sich das Karzinom innerhalb der Prostata, ist die Prognose gut und der Krebs meist heilbar. Wird Prostatakrebs erst spät entdeckt oder kann die Erkrankung trotz Behandlung nicht gestoppt werden, bestehe die Gefahr, dass sich der bösartige Tumor in benachbartes Gewebe ausbreitet und Metastasen entwickelt, so die MKK.

Genau davor hatte Hinrich Hinnah am meisten Angst, dass der Krebs streut: „Deshalb wollte ich den Fremdkörper, den Tumor, sofort aus meinem Körper haben.“ Theoretisch hätte der 57-Jährige auch mit einer Operation warten können.

„Da Prostatakarzinome oft nur langsam wachsen, gibt es die Möglichkeit der aktiven Überwachung. Dabei führen wir engmaschige Untersuchungen bei den betroffenen Männern durch. Allerdings ist das für viele Patienten eine enorme psychische Belastung mit dem Tumor zu leben“, erläutert der behandelnde Arzt Alexander Ottenhof.

Mehr zum Thema: Krebs-Früherkennung: Das sind die wichtigsten Termine für Mann und Frau

Robotergestützte Chirurgie als Standard in der Urologie

Für Hinrich Hinnah fühlte es sich an, als hätte er eine „tickende Zeitbombe“ im Körper. „Für meine Familie und mich stand fest, dass wir nicht abwarten wollen – der Krebs gehört nicht zu mir, also soll er auch weg“, erzählt der Familienvater.

Um den Tumor im Körper des Patienten vollständig zu entfernen, entschieden sich die Urologen am Universitätsklinikum Minden für eine Operation mit dem DaVinci-Operationssystem. Diese robotergestützte Chirurgie gilt heute als Standard in der Urologie. Dabei führt nicht der Roboter die Operation selbstständig aus, sondern der Operateur steuert jedes kleinste Manöver präzise von einer Konsole aus. Über winzige kleine Schnitte werden feine Instrumente in den Bauchraum eingeführt. Eine hochauflösende 3D-Kamera liefert dabei ein bis zu zehnfach vergrößerter Bild des Operationsfeldes.

Der Sektionsleiter der Robotik, Alexander Ottenhof, erklärt: „Mit dem DaVinci-System können wir millimetergenau operieren. Das bedeutet: kleinere Schnitte, weniger Blutverlust und eine schnellere Erholung. Vor allem aber können wir die Prostata präzise entfernen und gleichzeitig wichtige Nerven erhalten, die für die Kontinenz und Potenz wichtig sind.“

Krebsvorsorge und Co.: Was Männer zum ersten Besuch beim Urologen wissen müssen

OP-Roboter „DaVinci“ am Universitätsklinikum Minden

Der „DaVinci“ ist seit Ende 2024 im Universitätsklinikum Minden im Einsatz: Seitdem wurden mehr als 200 Operationen in der Urologie, Gynäkologie und Allgemeinchirurgie roboterassistiert durchgeführt.?Foto: MKK/Christian Schwier - © Christian Schwier
Der „DaVinci“ ist seit Ende 2024 im Universitätsklinikum Minden im Einsatz: Seitdem wurden mehr als 200 Operationen in der Urologie, Gynäkologie und Allgemeinchirurgie roboterassistiert durchgeführt.?Foto: MKK/Christian Schwier | © Christian Schwier

Der „DaVinci“ ist seit Ende 2024 im Universitätsklinikum Minden im Einsatz: Seitdem wurden mehr als 200 Operationen in der Urologie, Gynäkologie und Allgemeinchirurgie roboterassistiert durchgeführt. „In der Urologie ist der OP-Roboter nicht mehr wegzudenken. Vor allem Prostataentfernungen führen wir nur noch mit dem DaVinci durch – aber auch bei Nierentumor- und großen Blasenkrebs-Operationen spielt diese hochpräzise und schonende Technik zunehmend ihre Vorteile zum Wohle unserer Patienten aus“, so Hansjürgen Piechota, Direktor der Klinik für Urologie und des Interdisziplinären Zentrums für Roboter-assistierte Chirurgie (IZR-OWL) am Universitätsklinikum Minden.

Für Hinrich Hinnah kam auch nur eine OP mit dem Roboter infrage: „Ich bin sehr dankbar, dass ich alles so gut überstanden habe und es mir so heute so gut geht. Die Ärzte und Pflegekräfte haben einen großartigen Job gemacht.“

„Herr Hinnahs Geschichte zeigt deutlich, wie wichtig Vorsorgeuntersuchungen sind. Daher setzen wir uns dafür ein, dass das Thema Männergesundheit ernst genommen wird und noch mehr Relevanz bekommt“, betont Alexander Ottenhof. Hinrich Hinnah könne ganz normal weiterleben – die Diagnose Krebs sei zum Glück nur eine kurze Episode in seinem Leben gewesen. „Natürlich ging es mir mental zwischendurch nicht gut, ich habe auch Zeit gebraucht, um das alles zu verarbeiten. Aber ich bin jetzt wieder der Alte – und bin einfach glücklich“, sagt der Familienvater.

Mehr zum Thema: So wird der Operationsroboter „DaVinci“ in der Lübbecker Gynäkologie eingesetzt