Arminia Bielefeld

Kellers Taktik-Check: Wie Arminia zu einem Spitzenteam wurde

Binnen elf Monaten wurde aus dem Abstiegskandidaten ein Bundesliga-Anwärter. Doch was hat sich seit dem Amtsantritt von Uwe Neuhaus verändert? Eine Analyse

29 Mal bejubelte Arminia in dieser Saison bereits einen Treffer. | © Wolfgang Rudolf

Daniel Keller
20.11.2019 | 20.05.2020, 14:33

Bielefeld. 31 Spiele, 62 Punkte: Die Bilanz, die Uwe Neuhaus mit Arminia Bielefeld seit seinem Amtsantritt im vergangenen Dezember erzielt hat, kann sich sehen lassen. In weniger als elf Monaten hat der 59-Jährige die kriselnden Ostwestfalen an die Tabellenspitze der 2. Bundesliga geführt. Doch was hat sich beim DSC seit Neuhaus’ Amtsübernahme eigentlich verändert?

Systemkonstanz

Während Vorgänger Jeff Saibene zum Ende seiner Amtszeit zwischen Dreier- und Viererkette pendelte und die Mannschaft damit spürbar verunsicherte, hat Uwe Neuhaus im Jahr 2019 durchgängig ein Spielsystem spielen lassen. Im 4:3:3-System, das Neuhaus auch während seiner Zeit bei Dynamo Dresden zumeist praktizieren ließ, bietet der Fußballlehrer in der Regel einen zentralen defensiven Mittelfeldspieler sowie zwei höher postierte „Achter" auf. Für die Ostwestfalen bietet sich so vereinfacht die Möglichkeit, auf dem Spielfeld Dreiecke zu bilden und das Offensivspiel mit Hereingaben von außen zu beleben.

Spielaufbau

Im eigenen Ballbesitz setzt Neuhaus stärker als sein Vorgänger Saibene auf einen geordneten Spielaufbau. Dafür bezieht der 59-Jährige nicht nur Torhüter Stefan Ortega verstärkt mit in das eigene Spiel ein, sondern ordnet auch die Viererkette breiter aufgestellt an. Die beiden Innenverteidiger postiert er fast auf Höhe der seitlichen Strafraumkanten, während die Außenverteidiger bis ins Mittelfeld vorschieben. So können vor allem Mannschaften, deren Angriffsreihe in erster Linie das Zentrum abdeckt, leichter überspielt werden. Auffällig auch: Um bestmöglich kombinieren zu können, besetzt Neuhaus die Innenverteidigung in der Regel mit einem Links- und einem Rechtsfuß.

Zielspieler Klos

Fabian Klos führt mit zehn Toren nicht nur die Torjägerliste der 2. Bundesliga an, seine Treffsicherheit und die seines Sturmpartners Andreas Voglsammer sind auch ein wesentlicher Faktor dafür, dass es unter Uwe Neuhaus so gut läuft. Zum einen erweisen sich die beiden als zuverlässige Vollstrecker nach Hereingaben von außen, zum anderen stellen die robusten Angreifer auch eine Anspielstation dar, wenn sich Arminia mit einem langen Ball befreien muss oder diesen als Angriffsmittel gegen aufgerückte Gegner einsetzt. So traf Klos beispielsweise nach Voglsammers Kopfballverlängerungen in Bochum und Nürnberg. Generell fällt auf, dass Arminia in der Luft in dieser Saison brandgefährlich ist: Bereits acht Tore erzielten die Bielefelder mit dem Kopf, davon vier Treffer im Anschluss an eine Standardsituation.

Feste Achse

Im Gegensatz zu Saibene, der einige Spieler in Frage stellte (Julian Börner) und personelle Experimente wagte (Cedric Brunner als Abwehrchef), vertraut Neuhaus auf den zentralen Positionen meist dem selben Personal. Das sorgt dafür, dass die Spieler ihre Rolle im Kader kennen und die Mannschaft eingespielt ist. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben es ermöglicht, die Mannschaft punktuell zu verstärken, etwa durch Marcel Hartel oder Joakim Nilsson. Gleichzeitig muss der Trainer die Spieler bei Laune halten, die bisher nur wenig zum Einsatz gekommen sind.

Fazit und Ausblick

Neuhaus hat Arminia die Sicherheit zurückgegeben, die der DSC unter Vorgänger Saibene phasenweise verloren hatte. Er setzt auf eine klare Hierarchie mit einem festen Spielsystem und verfolgt auf dem Platz einen erkennbaren Plan. Aus der Defensive heraus lässt Neuhaus sein Team das Spiel geordnet aufbauen und setzt im Angriffsdrittel auf Durchbrüche über Außen, die in Klos und Voglsammer Abnehmer finden. Die Stärken der Bielefelder dürften aber auch anderen Zweitligisten nicht entgangen sein. So wird Arminia nun nicht nur von der Konkurrenz gejagt, sondern muss auch damit rechnen, dass sich andere Mannschaften verstärkt auf die Spielweise des DSC einstellen. Hier bedarf es Überraschungsmomenten und eines „Plan B", etwa ein alternatives Spielsystem.