
Bielefeld. Ein Gastarbeiter aus der Türkei verschwindet am ersten Weihnachtsfeiertag 1968 spurlos. Erst zwei Jahre später wird die Leiche von Ahmed K. in einem Waldstück zwischen Lämershagen und Bielefeld-Sennestadt gefunden.
Damals meldete nicht etwa seine Ehefrau Seher K. ihren Mann als vermisst, sondern vermutlich sein Arbeitgeber, nachdem Ahmed K. mehrere Tage nicht zur Arbeit erschienen ist. Seher K. behauptete in Befragungen der Polizei, dass ihr Mann für eine Magen-Operation zurück in die Türkei gegangen sei. Was die Ermittler damals noch nicht wussten: Ahmed K.’s Ehefrau hatte eine Affäre mit Mevlüt K., einem engen Freund der Familie und ebenfalls Gastarbeiter aus der Türkei. Er hatte den Ehemann seiner Geliebten während eines gemeinsamen Ausflugs getötet. Der Fall wurde zum ersten großen Mordprozess im damaligen Gastarbeitermilieu in Bielefeld.
In der neuen Folge von „OstwestFälle“, dem True-Crime-Podcast der „Neuen Westfälischen“, spricht Moderatorin Birgitt Gottwald mit dem stellvertretenden NW-Chefredakteur Martin Fröhlich über einen Mord an einem Gastarbeiter aus der Türkei, der lange als ungeklärt galt und die Polizei sehr lange beschäftigte.
Der Mord an Gastarbeiter Ahmed K. in Bielefeld – Der Fall im Überblick
- Im Dezember 1968 verschwand der Gastarbeiter Ahmed K. spurlos
- Erst im Mai 1970 wurde seine Leiche in einem Waldstück zwischen Lämershagen und Bielefeld-Sennestadt gefunden, nachdem seine Ehefrau die Wahrheit über das Schicksal ihres Mannes erzählt hatte
- Ahmed K. wurde von Mevlüt K., dem Geliebten seiner Ehefrau, mit einem Schraubenzieher erstochen
- Nur ein Jahr nach der Tat heirateten Seher K. und Mevlüt K. in der Türkei, obwohl Ahmed K. noch immer vermisst wurde
- Vor Gericht konnte nie abschließend geklärt werden, ob die Tat geplant oder Notwehr war
- Die Richter hielten aber die Notwehrerklärung für nicht plausibel
- Mevlüt K. wurde zu vier Jahren Haft verurteilt und kehrte nah seiner Haftstrafe wieder in die Türkei zurück
Späterer Mörder war Freund der Familie
Ahmed K. kam gemeinsam mit seiner Familie 1967 nach Deutschland. Er fand in einem Betrieb in Bielefeld Arbeit. In ihrer neuen Heimat lernten Ahmed und seine Frau Seher K. den türkischen Gastarbeiter Mevlüt K. kennen. Schnell freunden sich die beiden mit ihm an.
Mevlüt K. hatte als einziger der Drei einen Führerschein und gab der Ehefrau von Ahmed K. einige Fahrstunden auf einem Firmenparkplatz. Im Zuge dieser Fahrstunden lernte Seher K. aber nicht nur das Fahren besser kennen, sondern auch ihren Fahrlehrer Mevlüt. Die beiden fingen ein Verhältnis hinter dem Rücken von Ahmed K. an.
Ahmed K. wusste von der Affäre seiner Frau
Noch an Heiligabend 1968 feierten Ahmed und Seher K. gemeinsam mit Mevlüt K. bei Freunden. Am ersten Weihnachtsfeiertag schlug Ahmed K. eine gemeinsame Fahrt mit seiner Ehefrau und ihrem Geliebten vor. Zu diesem Zeitpunkt wusste er bereits von der Affäre seiner Ehefrau und dem Freund der Familie.
An diesem Tag wollte Ahmed K. die beiden mit dem Verhältnis konfrontieren. In seiner Tasche versteckte er ein Rasiermesser. Später sagten Arbeitskollegen aus, dass Ahmed K. angekündigt hatte, seinen Nebenbuhler abschlachten zu wollen. Inwieweit er diese Drohung wirklich umsetzen wollte, konnten die Ermittler nie herausfinden.
Ahmed K. wurde mit einem Schraubenzieher erstochen
Während der Fahrt wies Ahmed K. den Geliebten seiner Frau an, am Straßenrand anzuhalten. Dann konfrontierte er die beiden mit seinem Wissen über die Affäre seiner Ehefrau. Schnell soll es zum Streit zwischen den Dreien gekommen sein. Ahmed K. soll Mevlüt K. mit seinem Rasiermesser verletzt und ihn während des Streits gewürgt haben. Mevlüt K. zückte daraufhin einen Schraubenzieher, den er aus dem Handschuhfach genommen hatte. Mit diesem stach Mevlüt K. mehrmals auf den Ehemann seiner Geliebten ein. Nach der Tat vergruben die beiden Ahmed K. in einem Waldstück zwischen Lämershagen und Bielefeld-Sennestadt.

Die Ermittler verhörten Seher K. nach dem Verschwinden ihres Mannes immer wieder, bis diese sie schließlich zur Leiche führte. Denn Zeugen der Tat gab es nicht. Nur Seher K. und ihr Geliebter wissen, was in der Tatnacht genau passiert war. Nur ein Jahr nach der Tat hatten die beiden übrigens in der Türkei geheiratet.
Wahrer Tathergang bleibt ein Geheimnis
Was genau passiert war, konnte auch vor Gericht nie vollständig geklärt werden. Seher K. und Mevlüt K. beteuerten vor Gericht und während der Verhöre, dass die Tat aus Notwehr passierte. Ermittler fragten sich auch, ob die beiden den Ehemann nicht einfach nur loswerden wollten und sie ihn unter einem Vorwand in das Waldstück lockten, um ihn dort zu töten.
Ein Mordmotiv konnten die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten Mevlüt K. nie nachweisen. Schließlich wurde er zu einer vierjährigen Haftstrafe wegen Totschlags verurteilt. Die Liebesgeschichte mit Seher K. fand kein Happy End. Mevlüt K. hatte in der Türkei bereits eine Ehefrau und vier Kinder. Nachdem er seine Haftstrafe abgesessen hatte, kehrte er zurück zu seiner ersten Familie.