
Die SPD hat wohl gerade noch einmal Glück gehabt. Landesweit liegt sie bei der Kommunalwahl auf Platz zwei und hat damit die AfD auf Distanz halten können. Ihre Verluste halten sich in Grenzen, dennoch sind die Sozialdemokraten seit 1999 bei Kommunalwahlen in einem Sinkflug begriffen. Auch 2025. Entsprechend kann sie nicht stolz sein auf ihr Ergebnis in ihrem einstigen Stammland Nordrhein-Westfalen, in dem ohne sie gar nichts ging. Das macht wenig Hoffnung für die Landtagswahl im übernächsten Jahr.
Doch das Thema „aus Rot wird Blau“ haben die Sozialdemokraten verhindert. Die AfD hat nicht flächendeckend profitiert, auch wenn ihre Zugewinne gegenüber der vorigen Kommunalwahl beträchtlich sind. Die CDU hat durch das ruhige Vor-sich-Hinregieren von Ministerpräsident Hendrik Wüst den Spitzenplatz verteidigen können. Da hat die Landespolitik sicher Auswirkungen auf die Wahlentscheidungen in den Kommunen gehabt.
Damit ist der NRW-Denkzettel auch für die Kanzlerschaft von Friedrich Merz (CDU), also die Bundespolitik, ausgeblieben. Die war zuletzt sehr in die Kritik geraten.
Liveticker: Alle Infos zur Kommunalwahl in OWL
AfD schneidet schlechter ab als erwartet
Überraschend ist das Wahlergebnis der AfD: Nach ersten Zahlen sind die von ihr erhofften 20 Prozent und mehr in weiter Ferne. Die Blauen übernehmen im Westen nicht, was einige Experten im Vorfeld erwartet hatten.
Doch der Politikwissenschaftler Martin Florack stellt fest: „Die AfD ist auch in Westdeutschland angekommen und eine politische Kraft geworden. Man darf gespannt sein, was 2027 bei der Landtagswahl herauskommt.“ Die AfD speise sich inzwischen aus mehreren Quellen, nicht mehr nur aus dem Lager der Protestwähler. Da sei die sich bedroht fühlende Mitte und eben auch „klar rechtsorientierte Wähler, die nun „ihre Partei“ wählten.
Die Grünen haben zwar große Verluste erlitten und sind deutlicher Verlierer, aber nicht komplett abgestraft worden. Sie können zwar die Verluste gegen den Bundestrend und vor allem gegenüber den Zahlen in Ostdeutschland begrenzen. Gleichwohl ist ihr Höhenflug vorbei.
Eklatante Wahl-Panne in Bielefeld: Betroffene Wähler bekommen Hausbesuche
Themenkonjunktur ist über die Grünen hinweggegangen
Politologe Martin Florack sieht die Gründe dafür darin, dass „die Themenkonjunktur über die Partei hinweggegangen ist“. Offen ist derzeit, welche Auswirkungen diese Verschiebung für die schwarz-grüne Landesregierung in Düsseldorf bedeutet. Die CDU ist gestärkt, die Grünen geschwächt.
Dazu will sich Britta Haßelmann am Wahlabend noch nicht konkret äußern. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag aus Bielefeld sieht das Gewicht der Wahlentscheidungen auf kommunaler Ebene. Aber sie sagt: „Wir haben damit gerechnet, dass das Ergebnis nicht so gut wird wie 2020. Damals war es die Hochphase der Auseinandersetzung um die Klimakrise. Für uns heißt das Ergebnis, entschlossen weiterkämpfen für den Klimaschutz und dafür, dass das Leben für die Menschen bezahlbar bleibt.“
Felix Banaszak als Grünen-Bundesvorsitzender verbreitet Zuversicht: „Es war klar, dass wir das Ergebnis von 2020 nicht wiederholen konnten. Der Zeitgeist ist derzeit nicht auf unserer Seite, das haben wir schon bei der Bundestagswahl zu spüren bekommen.“ Progressive Politik habe es im Moment schwer, der Wind komme von vorn.

CDU-Generalsekretär zufrieden mit Wahlergebnis
Mächtig stolz ist CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak: „Wir haben klar gewonnen und sind die eigentliche Volkspartei in NRW.“ Man habe zwar einen AfD-Erfolg befürchtet, aber „landesweit ist die Partei deutlich unter dem Bundestrend geblieben“.
Überraschend haben bei der Wahlentscheidung die Themen Wirtschaftspolitik und Migration laut Umfragen eine wichtige Rolle gespielt. Beides sind Punkte, bei denen die Kommunen nur eine nachgelagerte Rolle spielen.
Vor allem die Bundespolitik gibt hier den Ton an. Städte und Gemeinden sind oft nur die ausführenden Organe, die dann zum Beispiel die Integration organisieren müssen. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ist ebenfalls zurückhaltend, was die Auswirkungen des Wahlergebnisses auf die Landespolitik betrifft. „Ich bewerte die Ergebnisse des Koalitionspartners nicht.“
CDU und SPD betonen Stärke in der Kommunalpolitik
Und: „Wir sind die kommunalpolitische Partei Nr. eins.“ Einen kleinen Sidekick gegen die Bundespartei kann er sich nicht verkneifen: „Wenn man sich anschaut, dass die Bundes-CDU aktuell bei 26 Prozent liegt, sehen wir in NRW doch gut aus.“ Das starke Ergebnis der AfD allerdings dürfe „uns nicht ruhen lassen, da stellen sich Fragen an uns“.
Ähnlich sieht das der SPD-Landesvorsitzende Achim Post aus Espelkamp: „Die SPD hat besser abgeschnitten als zuletzt bei der Bundestagswahl, das zeigt, wie stark wir verankert sind.“ Aber er hat auch Selbstkritik parat: „Wir können nicht zufrieden sein, wenn eine rechte Partei in NRW so stark abschneidet.“
Alle Parteien der Mitte müssten sich fragen, wie das sein könne, sich am Riemen reißen und zur Debattenkultur zurückkehren. Post: „In Düsseldorf allerdings wird es angesichts des Verlustes der Grünen schwierig, von einer Regierungsmehrheit zu sprechen.“
Alle Wahlergebnisse aus OWL
Bielefeld: Liveticker zur Kommunalwahl
Kreis Gütersloh: Liveticker zur Kommunalwahl
Kreis Herford: Liveticker zur Kommunalwahl
Kreis Höxter: Liveticker zur Kommunalwahl
Kreis Lippe: Liveticker zur Kommunalwahl
Kreis Minden-Lübbecke: Liveticker zur Kommunalwahl
Kreis Paderborn: Liveticker zur Kommunalwahl