„Eklatante Fehler“: Bielefelder Chefarzt geht gegen Lippstädter Urteil in Berufung

Bielefeld/Lippstadt. Im Rechtsstreit um das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen im Klinikum Lippstadt hat der Chefarzt des Zentrums für Frauenheilkunde, Joachim Volz, Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm eingelegt. Der Bielefelder kämpft juristisch dafür, weiterhin Abbrüche bei medizinischer Indikation durchführen zu dürfen. In erster Instanz wurde seine Klage vom Arbeitsgericht Hamm Anfang August jedoch abgewiesen. Das Arbeitsgericht Hamm sieht es als rechtmäßig an, dass das Klinikum Lippstadt Volz Schwangerschaftsabbrüche untersagen darf, die vor der Fusion des evangelischen Krankenhauses Lippstadt mit dem katholischen Dreifaltigkeits-Hospital in Lippstadt und dem Marien-Hospital in Erwitte bei medizinischer Indikation erlaubt waren. Das Verbot gilt nach Angaben des Gerichts auch für seine Praxis für Reproduktionsmedizin in Bielefeld. Volz hatte die Berufung bereits nach der ersten Verhandlung angekündigt, jedoch die schriftliche Urteilsbegründung des Gerichts abgewartet. Die liegt nach Angaben des Arbeitsgerichts Hamm nun vor. &bdquo;Die Begründung ist eine Steilvorlage für die Berufung, weil sie eklatante Fehler enthält“, moniert Volz. Sein Rechtsanwalt Till Müller-Heidelberg bestätigt das. &bdquo;Das Gericht führt aus, dass Schwangerschaftsabbrüche nach medizinischer Indikation zwar straffrei, aber rechtswidrig sind und deshalb auch die Weisung des Klinikums rechtmäßig ist. Das stimmt aber nicht.“ Müller-Heidelberg verweist auf Paragraf 218a Absatz 2 im Strafgesetzbuch. Darin steht, dass Schwangerschaftsabbrüche bei medizinischer Indikation nicht rechtswidrig sind. &bdquo;Die Urteilsbegründung macht mich fassungslos. Wie gelangt so ein Unfug in eine Urteilsbegründung?“ Lesen Sie auch: Klage gegen Abtreibungsverbot abgewiesen: Bielefelder Arzt scheitert vor Gericht Arbeitsvertrag erlaubt Schwangerschaftsabbrüche Müller-Heidelberg kritisiert zudem, dass das Urteil auf das Direktionsrecht nach Paragraf 106 der Gewerbeordnung gestützt wird. &bdquo;Darin steht, dass Weisungen eines Arbeitgebers nur im Rahmen des Arbeitsvertrags gegeben werden dürfen und im Arbeitsvertrag von Joachim Volz sind Schwangerschaftsabbrüche nach medizinischer Indikation zugelassen.“ Nach Angaben Volz war das die Voraussetzung für seine Tätigkeit im Klinikum Lippstadt. &bdquo;Nach der Fusion habe ich keinen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben. Alle Mitarbeiter wurden darüber informiert, dass die bestehenden Verträge unverändert gelten.“ Zudem verweist Müller-Heidelberg darauf, dass das Direktionsrecht nur für Volz’ Tätigkeit als Chefarzt gilt und nicht für seine Arbeit als Kassenarzt in seiner Praxis in Bielefeld. Lesen Sie auch: &bdquo;Kann ich nicht akzeptieren“: Bielefelder Arzt kämpft nun vor Gericht gegen Abtreibungsverbot Weiter beruft sich das Gericht in der Urteilsbegründung auf das Selbstverwaltungsrecht der katholischen Kirche. &bdquo;Anders als vom Gericht behauptet ist das Klinikum Lippstadt jedoch kein katholisches Krankenhaus, sondern ein christliches. Die katholische und die evangelische Kirche halten jeweils 50 Prozent der Geschäftsanteile“, erklärt Müller-Hiedelberg. &bdquo;Und zum Thema Schwangerschaftsabbruch gibt es keine einheitliche christliche Auffassung.“ Der Anwalt verweist zudem darauf, dass nicht nur Krankenhäuser in evangelischer Trägerschaft Abbrüche anbieten, sondern auch in katholischer Trägerschaft. &bdquo;In Berlin, Hamburg und Erfurt zum Beispiel. Dort wird dann offenbar gegen das vermeintliche katholische Selbstverständnis verstoßen.“ Bielefelder Arzt Volz: &bdquo;Werde alles dafür tun“ Volz und Müller-Heidelberg gehen positiv in die nächste Verhandlung, die der Anwalt im Sommer 2026 erwartet. &bdquo;Unabhängig von der gesellschaftlichen und politischen Stimmung im Land haben wir die rechtlichen Argumente auf unserer Seite“, sagt Müller-Heidelberg. Volz ist bereit, die Auseinandersetzung über weitere Instanzen zu führen. &bdquo;Ich werde alles dafür tun, dass ich als Arzt wieder meine Patientinnen in existenziellen Notlagen versorgen darf.“ Dabei erfährt der Bielefelder eine überwältigende Unterstützung. &bdquo;Ich gehe mit viel Rückhalt in die nächste Verhandlung, doch schon jetzt ist klar, dass sich auf der politischen Ebene viel bewegt, und ich hoffe sehr, dass es so weitergeht.“

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