60 Unternehmer retten Fluglinie vom Paderborner Flughafen in die Welt

Paderborn. Ganz so einfach war es nicht. Als im vergangenen Jahr in Paderborn durchsickerte, dass die Lufthansa ihre Flüge von und nach München streichen würde, war das erst mal eine schlechte Nachricht. Für die Lufthansa waren die innerdeutschen Flüge wirtschaftlich unrentabel geworden, auch andere Linien wurden eingestellt. Den Verantwortlichen in Paderborn war klar, dass der Staatskonzern der Region OWL die Tür zur Welt vor der Nase zugeschlagen hatte. Denn die Verbindung nach München nutzen viele Geschäftsreisende, aber auch Privatpersonen, um von dort in die USA, nach Asien oder Afrika oder innerhalb Europas weiterzufliegen. Was tun? Im Oktober 2024 schalten sich Paderborns Landrat Christoph Rüther als Aufsichtsratsvorsitzender des Flughafens und der heimische Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann mit wenigen Vertrauten mehrfach zu Videokonferenzen zusammen. Manchmal noch spätabends. Und gleich am nächsten Morgen wieder. Dabei wird die Idee geboren: Dann betreiben wir eben selbst solch eine Fluglinie. Natürlich gibt es Zweifel, ob das zu organisieren ist. Und vor allem muss Geld beschafft werden. Die Banken winken im ersten Schritt ab. Zuerst spricht Carsten Linnemann den Paderborner Unternehmer Christoph Plass an. Immerhin Vizepräsident der IHK in Ostwestfalen. Er erreicht ihn in Japan. Der ist sofort an Bord und alle gemeinsam tickern ihre Netzwerke an. Wer sich kennt, vertraut sich, und es stellt sich schnell heraus, dass mehrere Unternehmen schwer bedauern, dass die Lufthansa die München-Linie nicht mehr bedienen wollte. Eine eigene Fluggesellschaft wird gegründet – Skyhub PAD. Dann kommen immer mehr Gesellschafter hinzu Nach und nach kommen immer mehr Gesellschafter hinzu. Bis heute sind es knapp 60 Vertreter und Inhaber von mittelständischen Unternehmen. Meist aus Paderborn und Umgebung. Aus Bielefeld gesellt sich DMG Mori mit Maurice Eschweiler dazu, aus Verl Beckhoff. Alle zusammen haben mehr als zwei Millionen Euro zusammengelegt und in den Skyhub PAD eingezahlt. Drei Möglichkeiten der Beteiligung oder Unterstützung sind möglich. Erstens die Einlage, die allerdings nicht planmäßig auf Rendite hoffen lässt, zweitens der Kauf von Ticket-Kontingenten und drittens Marketing außen auf dem Flugzeug oder in der Kabine. Plass, der mit seiner Unternehmensberatung direkt am Flughafen sitzt, bringt in Erfahrung, dass es so etwas wie eine virtuelle Airline gibt. Eine Fluggesellschaft mietet bei einer Airline ein Gesamtpaket aus Flugzeug, Crew und Versicherung. Die beauftragte Airline, die dänische DAT, stellt alle Details inklusive der notwendigen Zertifizierungen für das operative Geschäft bereit. Also los. Dreimal täglich starten die Flieger von Paderborn nach München Dreimal täglich wird ab 1. September die Linie Paderborn-München bedient. Morgens um 7 Uhr (Ankunft München 8:25 Uhr) startet die erste Maschine. Weitere um 13:55 (15:20) und 18:30 (19:55). Die Rückflüge von München sind um 9 Uhr (Ankunft in Paderborn 10:30), 16:10 (17:35) und 20:35 (22 Uhr). Als Flugzeug steht eine Turboprop-Maschine mit 70 Plätzen zur Verfügung, die effizient und für solche Strecken bestens geeignet ist, heißt es von Skyhub PAD. Auch spannend zu lesen: Seit einigen Monaten werkeln die Paderborner an der neuen Fluglinie Damit nicht genug, denn Geld allein reicht nicht. Es gilt, die genannten Slots zu organisieren, die auf allen Flughäfen heiß umstritten sind. Carsten Linnemann ist als CDU-Generalsekretär bundesweit vernetzt, ihm tun sich Türen auf, die anderen verschlossen sind. Er hat sich bei Lufthansa-Chef Carsten Spohr für die Slots eingesetzt. Und es muss organisiert werden, dass das Gepäck durchgeleitet wird. Wer international weiterfliegen will, möchte nicht zwischendurch seine Koffer einsammeln und wieder neu aufgeben. Das ist wirklich gut gelungen &bdquo;Das ist wirklich gut gelungen. Die Maschinen von Paderborn landen zeitlich so in München, dass ich gut meinen Anschlussflug erreichen kann und nicht stundenlang Aufenthalt habe. So kann ich morgens zu einem Termin nach London fliegen und bin abends zurück in Paderborn und kann Ehrenamtsarbeit machen“, sagt Ralph-Jörg Wezorke, Chef von Lightpower und Skyhub PAD-Gesellschafter. Meinung: Neue Paderborn-Verbindung ist Beispiel herausragender Zusammenarbeit Maurice Eschweiler sieht das Thema noch umfassender: &bdquo;Die Linie ist für ganz OWL wichtig und für uns als DMG Mori auch. Nur so kommen wir unproblematisch und schnell zu unseren internationalen Kunden und bekommen sie umgekehrt zu uns nach Bielefeld.“ Da DMG Mori derzeit gerade das europäische Headquarter in München aufbaue, sei die schnelle Verbindung dorthin besonders wichtig. Und die Startzeiten seien optimal. &bdquo;Wir haben uns darüber hinaus als Kommanditist beteiligt, weil wir ein Signal setzen wollen.“ Um das Projekt auch im übertragenen Sinn ans Fliegen zu bekommen, müssten nun alle die Werbetrommel rühren. Denn nur wenn Skyhub PAD dauerhaft schwarze Zahlen schreibe, werde die Linie auch langfristig funktionieren. Dass Skyhub PAD die Linie im Unterschied zur Lufthansa wirtschaftlich betreiben könnte, liege an der schlankeren Kostenstruktur. Das bestätigt Christoph Plass. Bei einem von dieser Redaktion initiierten Treffen fast aller Gesellschafter am Paderborner Flughafen am Freitag rief er seinen Mitgesellschaftern zu: &bdquo;Jetzt kann und muss gebucht werden. Wir müssen die Werbetrommel rühren, denn bisher haben wir erst einen kleinen Teil des Jahreszieles erreicht. Und wir brauchen noch weitere Gesellschafter. Jetzt brauchen wir die großen.“ Selbst der Lufthansa-Chef ist darüber angetan, was in OWL möglich ist CDU-General Carsten Linnemann hat sich reingehängt, weil ihm klar ist, dass der Flughafen ohne die Linie weniger attraktiv und die Verbindung wichtig für OWL ist. &bdquo;Es ist der Mittelstand, der anpackt. Die inhabergeführten Unternehmen haben kurze Entscheidungswege und niemand muss irgendjemanden fragen, ob man sich beteiligt. Und das Projekt bedeutet: Einfach mal machen“, sagt er gegenüber dieser Redaktion. Selbst Lufthansa-Chef Carsten Spohr sei nach anfänglicher Skepsis nun sehr überzeugt und habe ihm gesagt: &bdquo;So etwas habe ich noch nie erlebt. Das ist einzigartig in Deutschland“. OWL hat jetzt eine eigene Fluglinie. Welche Region kann das sonst von sich behaupten?

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