
Bielefeld. Im Mai 2014 erwürgt Malik B. (alle Namen geändert) in Bielefeld seine Lebensgefährtin – sie hat seine Ehepläne abgelehnt. Es ist nicht sein erster Mord. Ob dieses Verbrechen hätte verhindert werden können und welche Umstände zu der Tat führten, erläutert Carsten Ernst beim „OstwestFälle“-Live-Event. Der Strafverteidiger vertritt den 39-Jährigen vor Gericht.
Malik B. wächst unter schwierigen Bedingungen in einem palästinensischen Flüchtlingslager im Libanon auf. Sein Vater kommt im Kampf ums Leben. Schon früh wird der Libanese selbst zum Kämpfer, bevor er sich dazu entschließt, nach Deutschland zu fliehen. 1995 stellt er in Berlin einen Asylantrag, der jedoch sogleich abgelehnt wird. Ohne anerkannten Status bleibt er in Deutschland.
Carsten Ernst begegnet Malik B. erstmals in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld in einer kleinen, vergitterten 10-Quadratmeter-Zelle. Aufgrund von Empfehlungen innerhalb der JVA nimmt er den Fall an. Sein Mandant, der bereits in der Vergangenheit als „Frauenwürger von Berlin“ wegen eines Tötungsdelikts in den Schlagzeilen stand, bestreitet die Tat von Anfang an. Er spricht gut Deutsch und hinterlässt einen sympathischen Eindruck, berichtet Ernst.
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Ostwestfälle: Der Live-Podcast im Video
Genau dieser Mann ist zu dem Zeitpunkt bereits ein verurteilter Mörder. Schon 1998 hat er eine Frau getötet. Malik B. trifft Xenia N. in der Hauptstadt. Ihre Beziehung entwickelt sich schnell. Sie leben zusammen, sie wird schwanger, und dann kommt es zur Trennung. Sie entscheidet sich für das Kind, aber nicht für ein Leben mit ihm. Das akzeptiert er so nicht. Es folgt ein Tötungsdelikt. Laut dem Protokoll der Gerichtsmedizin ist die Frau erwürgt worden. Der Leichnam habe auf einem Bett gelegen und sei mit einer Decke bis zum Hals bedeckt gewesen, erzählt Ernst. Der Fall wird vor dem Berliner Landgericht verhandelt. 1999 fällt das Urteil: 12 Jahre Freiheitsstrafe wegen Totschlags für B.
Im Gefängnis erhält er eine zusätzliche Verurteilung. Nach seiner Freilassung begeht er noch einen Mord. Über die möglichen Beweggründe und Hintergründe sprechen Birgitt Gottwald und Carsten Ernst, der Anwalt von Malik B., in der neuesten Folge von „OstwestFälle“, dem True-Crime-Podcast der „Neuen Westfälischen“.
Der Frauenwürger Malik B. – die Fakten im Überblick:
- Malik B. erwürgt 2014 seine Lebensgefährtin Darya K. Das Landgericht Bielefeld verurteilt ihn zu 13 Jahren Haft zuzüglich Sicherungsverwahrung.
- Bereits 1998 verübt er einen Mord an einer Partnerin und wird zu einer 12-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
- Im Gefängnis heiratet er eine deutsche Frau. Die Ehe wird jedoch später geschieden, und er erhält eine fünfmonatige Zusatzstrafe wegen Bedrohung und Stalkings.
- Nach seiner ersten Haftzeit soll er als staatenloser Palästinenser in den Libanon abgeschoben werden. Seine Abschiebung scheitert jedoch wegen eines Formfehlers.
- Malik B. wächst unter schwierigen Bedingungen im Libanon auf. 1995 flieht er nach Deutschland und stellt einen Asylantrag, der direkt abgelehnt wird. Er bleibt illegal im Land.
Zusatzstrafe und gescheiterte Abschiebung
Im Strafvollzug lernt er eine deutsche Frau kennen. Sie heiraten, doch später wird die Ehe geschieden. Seine Ex-Frau erwirkt eine einstweilige Verfügung gegen ihn, da er trotz der Trennung und während seiner Inhaftierung weiterhin Kontakt zu ihr aufnimmt und sie bedroht. Infolgedessen erhält er neben seiner zwölfjährigen Freiheitsstrafe wegen Totschlags zusätzlich fünf Monate Haft für Bedrohung, Stalking und Nachstellung.
Nach Verbüßung seiner Strafe steht seine Abschiebung an. Da Malik B. staatenloser Palästinenser ist, gestaltet sich die Suche nach einem aufnehmenden Staat schwierig. Obwohl für ihn eine Einreisegenehmigung aus dem Libanon vorliegt, scheitert die Abschiebung an einem Formfehler. Nach seiner Entlassung taucht er in Bielefeld unter.
Neue Liebe, altes Muster – Wiederholungstat in Bielefeld
Im Jahr 2011 kreuzen sich die Wege von Malik B. und Darya K. in einem Frauenhaus in Bielefeld, wo Darya Schutz vor ihrem gewalttätigen Ex-Partner sucht. Sie werden ein Paar, doch die Beziehung endet bereits nach drei Jahren. Durch eine versuchte Polizeikontrolle am 28. April 2014 mit anschließender Verfolgungsjagd kommt Malik B.s illegale Anwesenheit in Deutschland ans Licht. Seine Partnerin ist schockiert, verlässt ihn und setzt ihn vor die Tür. Daraufhin flieht der Libanese nach Dänemark.
Am 12. Mai 2014 wird Darya K. ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden. Malik B. hat versucht, die Tat zu verbergen und falsche Spuren zu legen. Schon eine Woche später, am 19. Mai, wird der Libanese in Dänemark festgenommen. Seine Verteidigungsstrategie ist zunächst unklar. Später behauptet er, nach einer Fahrt mit einer Mitfahrgelegenheit Darya tot in ihrer Wohnung gefunden zu haben. Die Angst, aufgrund seiner kriminellen Vergangenheit nicht glaubwürdig zu sein, habe ihn wieder nach Dänemark geführt.
Alle OWL-Crime-Folgen im Überblick
13 Jahre Haft plus Sicherungsverwahrung
Malik B. muss sich vor dem Landgericht Bielefeld verantworten. Der Prozess stützt sich auf Indizien. Es gibt keine Augenzeugen, der Angeklagte legt kein Geständnis ab. Staatsanwalt Christian Molls ist überzeugt, dass der Libanese seine Lebensgefährtin Darya erwürgt hat, was durch DNA-Spuren am Hals und an den Fingernägeln des Opfers sowie durch Hautabschürfungen an Malik B.s Oberkörper bekräftigt wird. Diese Beweise überzeugen das Gericht von seiner Täterschaft.
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Das Motiv hinter der Tat bleibt verborgen, da B. schweigt. Spekulationen reichen von Geldstreitigkeiten über Eifersucht bis hin zu Trennungsabsichten. Eine dominante Theorie zum Mord an Darya ist Malik B.’s gescheiterter Versuch, durch die Heirat mit einer deutschen Frau ein Aufenthaltsrecht zu erhalten. Dieses Scheitern könnte den Antrieb für das Verbrechen gebildet haben, so Ernst.
Im März 2015 fällt das Urteil: 13 Jahre Haft und Sicherungsverwahrung für Malik B. Seine erste Reaktion? Schuldabweisung, was zur Einlegung einer Revision führt. Allerdings ohne Erfolg. Der Bundesgerichtshof verwirft die Revision nach einigen Monaten. Am 13. November wird die Revision als unbegründet erklärt und das Urteil wird rechtskräftig.