
Bünde. Es sind nur noch ein paar Minuten bis zum Ladenschluss am Abend des 21. Januar 2020. Es ist ein eiskalter, aber trockener Abend. Im Penny-Markt in Südlengern (Kirchlengern) suchen die letzten drei Kundinnen ihre Waren zusammen, um dann zur Kasse zu gehen. Während eine der noch anwesenden zwei Penny-Mitarbeiterinnen die Kasse bedient, trifft die andere letzte Vorkehrungen für den Ladenschluss. Doch die Feierabendstimmung wird um 20.50 Uhr jäh zerstört.
Zwei Männer mit Sturmhauben über Kopf und Gesicht stürmen in das Geschäft. Sie tragen etwas bei sich, das später als Axt und Vorschlaghammer identifiziert wird, und bedrohen die Anwesenden damit. Die Täter erbeuten 4.500 Euro, die in einem Tresor liegen. Doch sie rechnen nicht damit, dass ihre Tat schneller auffliegt, als ihnen lieb ist.
In der neuesten Episode von „OstwestFälle“, dem True-Crime-Podcast der „Neuen Westfälischen“, geht es um den spektakulären Polizeieinsatz und die folgenden Ermittlungen, die die traurigen Hintergründe der Tat aufdecken. Birgit Gottwald und Gerald Dunkel, Redakteur der „Neuen Westfälischen“, sprechen darüber.
Penny-Raub – der Fall im Überblick:
- Kurz vor Ladenschluss stürmen zwei Männer mit Sturmhauben über ihrem Kopf den Penny-Markt in Südlengern. Sie erbeuten 4.500 Euro aus dem Tresor.
- Vor der Tat fährt eine Polizeistreife am Penny-Parkplatz vorbei und sieht, wie die Täter aus ihrem Auto aussteigen. Die Polizisten rufen sofort ein Spezialeinsatzkommando.
- Einer der Täter flieht und lässt seinen Komplizen im Tresorraum zurück. Der andere wird unweit des Penny-Marktes festgenommen.
- Die Täter geben an, vor der Tat mindestens zwei Flaschen Whiskey getrunken zu haben. Eine dritte Flasche finden die Polizisten im Auto.
- Nach einer Reise in die Türkei wird der flüchtende Täter am Flughafen festgenommen. In der Vernehmung finden die Ermittler die Hintergründe der Tat heraus.
Polizeistreife sieht Täter vor der Tat – und ruft Verstärkung
In dem Moment, als sie vor der Tat auf dem Parkplatz aus ihrem Auto aussteigen und die Sturmhauben über ihre Köpfe ziehen, fährt – ohne dass die Täter es wahrnehmen – eine Polizeistreife vorbei, die sofort weitere Einheiten und ein Spezialeinsatzkommando alarmiert.
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Während sich der eine der beiden Täter mit einer der Penny-Mitarbeiterinnen im Tresorraum befindet, bemerkt der andere, der im Verkaufsraum auf die Geiseln aufpasst, dass sich draußen ein größeres Polizeiaufgebot bildet. Er flieht schließlich – ohne Beute – und lässt seinen Komplizen zurück. Der Mittäter mit dem Geld kann ebenfalls noch den Penny-Markt verlassen, wird aber von Polizeibeamten in einem Polizeihubschrauber mit Wärmebildkamera gesichtet und schließlich unweit des Tatorts festgenommen.
Der andere Täter verlässt Deutschland kurz darauf und wird zwei Wochen später am Flughafen Hannover bei der Wiedereinreise aus der Türkei von der Bundespolizei festgenommen.
Täter hatten großen Schuldenberg angehäuft
In Vernehmungen erklären die beiden in Lübbecke wohnenden Täter, dass sie Schulden hätten. Der eine, ein 36-Jähriger, hat einen Schuldenberg von 200.000 Euro angehäuft, der durch seine Spielsucht zusammenkam. Sein 48-jähriger Mittäter, der zunächst flüchten konnte, hatte eigenen Angaben zufolge 60.000 Euro Schulden, die durch Konsumkredite zustande kamen. Auch Alkohol hat bei beiden eine große Rolle gespielt.
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So geben beide an, vor der Tat in Südlengern mindestens zwei Flaschen Whiskey getrunken zu haben. Eine dritte, noch volle Flasche, finden Ermittler im Privatwagen des jüngeren Täters, mit dem sie am 21. Januar 2020 zum Überfall in Südlengern angereist waren, bei dem sie eigentlich eine Beute von 50.000 Euro erwarteten.
Der 36-Jährige wird im Juni 2020 zu 3 Jahren und 9 Monaten Haft im offenen Vollzug verurteilt und wird damit geringer bestraft als ein Mittäter. Grund dafür ist seine Mithilfe bei der Aufklärung und eine „gute Sozialprognose“. Der ältere Täter erhält 4 Jahre und 6 Monate ohne Hafterleichterung. Ihm wird der offene Vollzug verweigert, weil er sich einem Alkoholentzug unterziehen muss.