Alarmierende Zustände: So verdrecken Schüler in OWL ihre Schultoiletten

Gütersloh/Löhne. Mit Urin verklebte Klobrillen und Böden, zerbrochene Spiegel, defekte Kabinentüren, abgesprungene Kacheln, verdreckte Klinken, die man nicht berühren möchte – die Liste der Gruseligkeiten und Mängel in den Schultoiletten in Ostwestfalen-Lippe ist lang. Schüler ekeln sich, Eltern sind auf dem Baum, weil die Zustände häufig auch damit zu tun haben, dass es nicht genug Reinigungspersonal gibt. Gespräche mit Zuständigen zeigen aber auch: An den meisten Schulen müssen sich die Schülerinnen und Schüler an die eigene Nase fassen, statt mit dem Finger auf andere zu zeigen. Lesen Sie auch: Warum diese Schule in Unna einen Preis für ihre Toiletten bekommt &bdquo;Schultoiletten?“ Kurz und trocken lacht Andreas Schleef, Schulleiter der Goethe-Realschule in Löhne, auf, als er hört, worum es geht. &bdquo;Dabei ist es eigentlich nicht witzig. Ich bin seit 38 Jahren im Schuldienst, war an sechs Schulen und es gab keine Zeit und keine Einrichtung, wo das nicht ein Problem war.“ Zuletzt war es an der Goethe-Realschule aber so schlimm geworden, dass Schleef derzeit in jeder großen Pause eine männliche und eine weibliche Lehrkraft zur Aufsicht vor den Haupttoiletten postiert. &bdquo;Es gab massive Zerstörungen, teilweise wurde Kot an die Wände geschmiert. Das ist schon ziemlich unvorstellbar.“ Auch andere Schulleiter aus OWL berichten über unhaltbare Zustände. An der Gesamtschule Brakel war es zwischenzeitlich so schlimm, dass die neu sanierten Sanitärräume während der Unterrichtszeit verschlossen wurden. Schüler durften die Klos nur noch benutzen, wenn sie sich den Schlüssel aus dem Sekretariat holten und dafür unterschrieben. Mütter aus Schloß Holte-Stukenbrock putzen Schulklos selbst Auch Sarah Steinbeck weiß ziemlich genau, wovon sie spricht, wenn es um verdreckte, unzumutbare Schultoiletten geht. Vor anderthalb Jahren packte die Mutter dreier Jungs aus Schloß Holte-Stukenbrock kurzerhand gemeinsam mit zwei anderen Müttern Putzmittel, Geräte und viele Einweghandschuhe zusammen und reinigte die Klos in der Elbrachtschule, der Grundschule ihres Sohnes, selbst. Immer wieder hatten Kinder berichtet, wie schlimm es dort aussähe und dass sie die Räume nicht benutzen würden. &bdquo;Und trotzdem waren wir dann noch erschrocken, als wir ankamen.“ Verklebte Böden, vor Dreck starrende Toilettenschüsseln und Waschbecken waren das eine. &bdquo;Am übelsten sah aber die Kabine mit barrierefreiem Zugang aus. Die war abgeschlossen, den Schlüssel konnte auch zuerst niemand finden. Als wir sie dann öffneten, prallten wir förmlich zurück. Dort war seit Monaten nicht gereinigt worden, man kann wirklich sagen: Es lebte“, beschreibt Steinbeck die Kabine und ihrer Stimme ist der Ekel noch deutlich anzuhören. Herbeigeführt hatte die Zustände eine Situation, die in vielen Kommunen in OWL die gleiche ist: Regelmäßig müssen die Städte die Reinigung der Schultoiletten neu ausschreiben, sodass die Dienstleister ständig wechseln. Häufig übernehmen die neuen Dienstleister die vor Ort tätigen Reinigungskräfte, oft eben aber auch nicht. Grundsätzlich gibt es auch hier zu wenig Personal, denn häufig zahlen die Nachfolger schlechter. Unhaltbare Zustände an Schulen in ganz NRW Christian Beckmann, Vorsitzender der Landeselternkonferenz NRW aus Gütersloh, weiß: Immer und immer wieder führt diese Situation an Schulen in ganz NRW zu unhaltbaren Zuständen. Wobei sein Kollege Sven Orthmann von der Gütersloher Stadtschulpflegschaft auch klar formuliert, was viele Schulleiter beklagen: &bdquo;Das Problem sind zu 70 Prozent die Schülerinnen und Schüler. So wie viele von ihnen die Toiletten benutzen und hinterlassen, kann man so viel Reinigung reinstecken wie man will, da kommt man nicht gegen an.“ An den Grundschulen gibt es aber vielerorts noch ein anderes Problem, weiß Yvonne Schormann-Budde, Leiterin des Grundschulverbundes Dornberg-Schröttinghausen im Bielefelder Westen. &bdquo;Wir haben an einem unserer Standorte Sanitärräume, die Jahrzehnte alt und in einem erbärmlichen Zustand sind. Wenn da Urin auf den Boden spritzt, und Erstklässler sind eben noch nicht so treffsicher, dann lagert sich der in den Fugen ab und verbreitet einen fürchterlichen Gestank.“ Fast schon lustig, aber auch problematisch ist ein anderes Problem: Die Toiletten sind nach wie vor mit einer lauten Hochdruckspülung ausgestattet. &bdquo;Die meisten unserer kleineren Schüler haben große Angst vor diesen Spülungen und benutzen die einfach nicht.“ Seit Jahren fragt Schormann-Budde deshalb bei der Stadt nach einer Sanierung der Räume. &bdquo;Jetzt im Sommer soll es endlich so weit sein. Wir freuen uns alle sehr. Aber es hat einfach viel zu lange gedauert.“ Erster deutscher Toilettengipfel zeichnet Konzepte aus Schulleiter Harald Schleef hat sich für das neue Schuljahr unterdessen von den Ergebnissen des ersten deutschen Toilettengipfels inspirieren lassen. Hier wurden jüngst Schulen für besonders innovative Konzepte ausgezeichnet, um die Toiletten sauber zu halten – auch mit Hilfe und Einbindung von Schülern. &bdquo;Wir werden mit den Gewinnern aus Unna in Kontakt treten, um uns Anregungen zu holen, wie wir das auch hier umsetzen können.“ Vielversprechend klingt auch das Konzept einer großen Gesamtschule aus Hagen. Hier sollen künftig Oberstufenschüler Aufsicht in und vor den Toiletten führen – gegen Entgelt, das sie für ihre Abschlussfeierlichkeiten verwenden müssen. &bdquo;Das nehmen wir aber nicht aus Fördertöpfen“, sagt Natascha Veneziano, Mitglied der Stadtschulpflegschaft. Stattdessen sollen die Schüler es selbst erwirtschaften durch den Verkauf von Waffeln, an dem alle Klassen teilnehmen sollen. &bdquo;Bei 42 Klassen kommt da einiges zusammen.“ Noch muss der Plan durch die Schulkonferenz. Veneziano ist sich aber sicher, dass das Konzept &bdquo;Waffelduft gegen eklige Örtchen“ gute Chancen hat.

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