Luxus statt Ekel: Toilettenservice kostet Bielefelder Schule 12.000 Euro pro Jahr

Bielefeld. Viele Schultoiletten sind so eklig, dass Schüler sie meiden, selbst wenn sie müssen. Oder sie sind mal wieder gesperrt, weil einige es nicht lassen können, sie mit Papierrollen zu verstopfen und Videos davon auf Tiktok zu posten. Schultoiletten seien &bdquo;ein echtes Problem und ein Riesenthema“, sagt auch Schuldezernent Udo Witthaus. Die Mängel seien &bdquo;gigantisch“, wenn auch von Schule zu Schule unterschiedlich. Mit Urin verklebte Klobrillen und Böden, zerbrochene Spiegel, defekte Kabinentüren, abgesprungene Kacheln, verdreckte Klinken, die man nicht berühren möchte – die Liste der Gruseligkeiten und Mängel ist lang, Sanitärräume, die oft Jahrzehnte alt und in einem erbärmlichen Zustand sind – und es stinkt fürchterlich. Oft sind die Schüler aber selbst mit Verursacher. Die Martin-Niemöller-Gesamtschule (MNGE) setzt da auf ein besonderes Konzept: die &bdquo;Betreute Toilette“. Wer muss, muss zahlen – ähnlich wie beim Modell Autobahn-Raststätten: So startete der Förderverein bereits vor 20 Jahren mit dem &bdquo;von allen Schulgremien geforderten Projekt“. Bielefelder Schule zahlt 12.000 Euro für saubere Toiletten Zehn Cent kostete der Toilettenbesuch. Aber &bdquo;schon lange“ sei die Nutzung jetzt für die Schüler gratis, berichtet Schulleiter Torsten Schätz. Der Förderverein lasse sich den Service einiges kosten: aktuell etwa 12.000 Euro pro Jahr für die Personalkosten der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen. Lesen Sie auch: Alarmierende Zustände: So verdrecken Schüler in OWL ihre Schultoiletten Ein vierköpfiges Team betreut die Toilettenanlage im Eingangsbereich der Bielefelder Gesamtschule. &bdquo;Täglich von 9 bis 15.30 Uhr ist jemand hier und schaut, dass alles in Ordnung ist“, berichtet Andrea Kimmeskamp. Sie hat vor ihrer Pension an der Schule als Kunst- und Musiklehrerin gearbeitet und koordiniert den Toilettenservice. Die Investition mache sich bezahlt, sagen Schätz und auch Sonja Hädrich, eine der Servicekräfte, die auf Übungsleiterbasis für den Förderverein arbeiten und laut Kimmeskamp &bdquo;etwas mehr als den Mindestlohn“ verdienen. Das Putzen der Schultoiletten gehöre aber nicht zu ihren Aufgaben. &bdquo;Wir füllen Toiletten- und Handtuchpapier und Seife auf und achten darauf, dass nichts auf dem Fußboden herumfliegt und sich hier alle anständig und respektvoll benehmen“, berichtet Hädrich. Für die Mädchen gibt es kostenlos Tampons und Binden. Und für zehn Cent ein Päckchen Taschentücher. Schulen kämpfen mit Toilettenproblemen Zwar seien die Toiletten alt, wie an vielen Schulen in der Stadt, ergänzt Schätz. Das Urinal auf der Jungtoilette der Anfang der 1970er Jahre gebauten Schule hat keine Spülung. Gegen den Uringeruch könne man nichts machen. Ebenso wenig wie gegen die Schmierereien an den Wänden auf den Mädchenklos. &bdquo;Aber wir haben das Beste herausgeholt, was möglich ist“, sagt Schätz. Auch im Neubau wolle die Schule den Toilettenservice fortführen. Mehr zum Thema: 132 Millionen Euro: Der Bau von Bielefelds teuerster Schule startet Auch andere Schulen haben das Toilettenproblem erfolgreich bekämpft. 2024 gab es zum dritten Mal den deutschlandweiten Wettbewerb &bdquo;Toiletten machen Schule“ der Deutsche Toilettenorganisation (GTO). Er zeichnet Schulen für besonders innovative Konzepte aus, um die Toiletten sauberzuhalten und in Wohlfühlorte zu verwandeln – auch mit Hilfe und Einbindung von Schülern. Beteiligt hatten sich laut Koordinatorin Svenja Ksoll 135 Schulen aus 14 Bundesländern. Die Hellweg-Realschule in Unna gehört zu den Preisträgern. Dort wurden Kabinenwände durch Folien verschönert, Pflanzen angeschafft, Duftspender angebracht, Discolicht und Radiosound durch Bewegungsmelder installiert und Leuchtsterne unter die Decke geklebt. Es gibt Kleiderhaken und Handyhalterungen, neue Toilettenbürsten, Mülleimer und mit Smileys beklebte Klodeckel. Seitdem ihre Schülerinnen und Schüler die Toiletten neu gestaltet haben und sich jeder – außerhalb der Pausenzeiten – vor dem Gang aufs Klo in eine Liste eintragen muss, gebe es keine Schäden mehr, berichtet die Schulleiterin. Vogelgezwitscher auf Schulklo von Bielefelder Grundschule Und auch andere Schulen in Bielefeld versuchen im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten, die Toilettensituation angenehmer zu gestalten. Mit dem Thema haben sich kürzlich auch das Schülerparlament und engagierte Eltern der Sudbrackschule beschäftigt. Lesen Sie auch: &bdquo;Widerlich“: Eltern entsetzt über Zustände an Bielefelder Schulen Das Gebäude ist mehr als 100 Jahre alt, die Toiletten befinden sich im Keller. Boxen mit Vogelgezwitscher sollen dort jetzt für eine angenehmere Atmosphäre sorgen. Zudem wurden Spender bestellt, die immer blattweise das Toilettenpapier ausgeben. Auch eine Wechselausstellung mit Werken der Schüler und &bdquo;Duftelemente für frisches Flair“ sind geplant. Gemeinsam sei ein Toilettenkonzept entwickelt worden, berichtet Schulleiterin Ulrike Stukemeier. Jede Klasse soll für eine dann genderneutrale Einzelkabine verantwortlich sein. Die Stadt prüfe jetzt, ob die Sudbrackschule da als Pilotschule infrage komme. Mehr zum Thema: &bdquo;Nicht ohne meine Eltern“: So besonders tickt die neue Leiterin einer großen Bielefelder Schule

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