Düsseldorf (dpa). Antisemitische Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze sollen an allen Schulen in Nordrhein-Westfalen besser dokumentiert werden. Dafür würden nun Meldeformulare entwickelt, sagte die Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, am Donnerstag in Düsseldorf. Dass es antisemitische Äußerungen und Beschimpfungen an Schulen gebe, sei ein „unstreitiger Sachverhalt“. Aktuelle Studien kämen zu dem Schluss, dass Antisemitismus an Schulen in den vergangenen Jahren „deutlich zugenommen“ habe, sagte die frühere FDP-Bundesjustizministerin.
Die Diskrepanz zwischen den angezeigten antisemitischen Vorfällen bei den Schulbehörden und den Berichten von Betroffenen lasse auf ein „entsprechendes Dunkelfeld“ schließen, heißt es in dem von Leutheusser-Schnarrenberger vorgelegten Antisemitismusbericht 2022 für NRW. Die Meldewege müssten vereinfacht und vereinheitlicht werden. Das Meldeformular solle „schnellstmöglich umgesetzt und entsprechend an allen Schulen bekannt gemacht und beworben werden“.
Im Bereich des Antisemitismus könne sie trotz sinkender Zahlen bei Straftaten im vergangenen Jahr keine Entwarnung geben, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Denn das Ausmaß an Hass und Gewalt der Straftaten scheine eher zuzunehmen. Das zeigten etwa die Schüsse auf das ehemalige Rabbinerhaus der Alten Synagoge Essen im November.
„Für Jüdinnen und Juden in Deutschland ist die Konfrontation mit Antisemitismus Teil ihres Alltags“, sagte die Landesbeauftragte. Es müssten auch aktiver Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze in den Blick genommen und auf diese reagiert werden. Ein wichtiger Faktor seien dabei Hass und Hetze im Internet.
Der kürzlich vorgelegte NRW-Verfassungsschutzbericht 2022 verzeichnete bei den antisemitischen Straftaten einen deutlichen Rückgang von fast 440 auf 330 Taten. Nach dem Zehn-Jahres-Hoch von 2021 war dies aber immer noch der vierthöchste Wert der vergangenen zehn Jahre.