Krankenhäuser geraten von der Pandemie in die Personalkrise

Bielefeld. Die Corona-Pandemie ist vorbei, doch in den deutschen Krankenhäusern herrscht weiterhin Krisenmodus. Anders als während der Pandemie jedoch nicht wegen der hohen Zahl an schwerkranken Covid-Patienten, sondern wegen des Mangels an Mitarbeitern. &bdquo;Die Viruskrise wurde von einer Personalkrise abgelöst“, erklärt der ärztliche Direktor im evangelischen Klinikum Bethel, Thomas Vordemvenne. &bdquo;Die Kliniken gehen geschwächt aus der Pandemie heraus.“ In der vergangenen Woche kommt der Krisenstab im evangelischen Klinikum Bethel (EvKB) ein letztes Mal zusammen. Noch einmal versammeln sich Vertreter aller Professionen an einem Tisch, um die aktuelle Lage zu bewerten. &bdquo;Wir sind froh, dass die Pandemie beendet und der Krisenstab nun nicht mehr nötig ist. Die Normalität ist auf allen Stationen zurückgekehrt, doch die sieht anders aus, als vor Beginn der Pandemie“, sagt EvKB-Pflegedirektorin Petra Krause. Die Pandemie habe den Klinikalltag nachhaltig verändert, erklärt Vordemvenne. &bdquo;Unser Alltag ist digitaler und flexibler, hier hat die Krise zu einem Schub geführt. Wir sind außerdem krisenerprobt und werden die vielen Konzepte zu Besuchsbeschränkungen, Isolierstationen oder Triage für kommende Katastrophen nutzen können.“ Zudem habe die Krise das Zusammengehörigkeitsgefühl der Teams und die interprofessionelle Zusammenarbeit gestärkt, sagt Krause. &bdquo;Mitarbeiter stehen füreinander ein, und Beratungsangebote wie das Krisentelefon für das Personal bleiben bestehen.“ &bdquo;Personal geht erschöpft aus der Pandemie heraus“ Doch diese positiven Effekte der Pandemie stehen nach Angaben Vordemvennes im Schatten der neuen Krise. &bdquo;Der Personalmangel ist das größte Problem, das die deutsche Kliniklandschaft hat.“ Während der Krise haben Mitarbeiter ihre Belastungsgrenzen überschreiten müssen, um das Gesundheitswesen vor einem Zusammenbruch zu bewahren, sagt Vordemvenne. &bdquo;Alle Berufsgruppen haben mehr gearbeitet als je zuvor.“ Und dieser dauerhafte Druck habe dazu geführt, dass Mitarbeiter ihre Arbeitszeit reduziert oder sich ganz aus ihrem Beruf zurückgezogen haben. &bdquo;Das Personal geht erschöpft aus der Pandemie heraus.“ Zudem leiden mehrere Mitarbeiter nach Infektionen mit dem Coronavirus an Post-Covid. &bdquo;Sie haben Probleme mit der Herz- und Lungengesundheit, und viele leiden an chronischer Erschöpfung“, erklärt Krause. &bdquo;700 Mitarbeiter haben sich nachweislich während der Arbeit mit dem Coronavirus infiziert. Die Berufsgenossenschaft hat diese Fälle als Berufskrankheit anerkannt.“ Doch diese Zahl bilde nicht die tatsächliche Zahl erkrankter Mitarbeiter ab, sagt Krause. &bdquo;Es gab sehr viel mehr Infektionen im Team, auch im privaten Umfeld. Doch es kann nicht immer sicher nachgewiesen werden, bei wem sich Mitarbeiter infiziert haben.“ Mangel an Respekt für Klinikpersonal All diese Folgen der Pandemie erschweren nach Einschätzung Krauses auch die Suche nach Nachwuchskräften. &bdquo;Das Image der Berufe im Krankenhaus hat gelitten. Vor allem das der Pflege, obwohl es kaum einen anderen Beruf gibt, der so sinnstiftend und vielfältig ist.“ Doch die Gefahr drohe, dass nur die Bilder in Erinnerung bleiben, die erschöpfte Pfleger in Schutzkleidung zeigen, die auf Intensivstationen um das Leben beatmeter Covid-Patienten kämpfen. Um den Personalmangel zu bekämpfen, fordern Vordemvenne und Krause mehr gesellschaftliche und politische Anerkennung für das Klinikpersonal: &bdquo;Es fehlt an Respekt für die Menschen, die sich auch in Krisenzeiten für andere Menschen mit vollem Einsatz engagieren und sich selbst und ihre Bedürfnisse zurücknehmen.“ Sie sehen sich aber auch selbst in der Pflicht. &bdquo;Es braucht neue Strukturen, Entlastung durch Hilfskräfte und Verbesserungen in der Kommunikation, der Digitalisierung und der Zusammenarbeit der verschiedenen Berufsgruppen“, sagt Vordemvenne. Nötig seien zudem flachere Hierarchien, Bürokratieabbau und mehr Flexibilität samt neuer Arbeitszeitmodelle, erklärt Krause. &bdquo;All das ist nötig, um erfahrene Mitarbeiter zu binden und neue zu finden.“ Ein wichtiger Schritt ist laut Krause mit der Gründung der Pflegekammer bereits getan.

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