Blick hinter die Kulissen: Wenn der Roboter bei der OP hilft

Bielefeld. Der Patient liegt in der Mitte des neuen Operationssaals im Klinikum Bielefeld. Chirurg Daniel Valdivia entfernt dem 28-Jährigen gerade einen Tumor, der zwischen seinen Lungenflügeln gewachsen ist. Dafür steht Valdivia jedoch nicht neben dem Patienten, sondern sitzt etwa zwei Meter entfernt an einer Konsole. Möglich macht das ein roboterassistiertes Chirurgiesystem, das Valdivia als verlängerten Arm nutzt, um den Tumor präzise vom gesunden Gewebe zu trennen und aus dem Körper seines Patienten zu entfernen. Nach anderthalb Stunden ist es geschafft, der Tumor ist raus. Im Klinikum Bielefeld gehört diese Art der Chirurgie inzwischen zum Alltag, denn im neu gegründeten Zentrum für roboterassistierte Chirurgie arbeiten Operateure mit zwei Systemen, um Menschen mit verschiedenen Erkrankungen zu behandeln. Zehn Millionen Euro hat das Klinikum Bielefeld nach Angaben von Geschäftsführer Michael Ackermann in das Zentrum investiert. 5,5 Millionen Euro für zwei neue Operationssäle und 4,5 Millionen Euro für zwei roboterassistierte Chirurgiesysteme. &bdquo;Seit 2018 arbeiten wir in der Knochenchirurgie bereits mit dem Mako-Roboterarm, mit dem die Operateure Knie- und Hüftprothesen implantieren. Mit dem neuen Da-Vinci-Operationssystem bieten wir seit November 2022 nun auch in der Weichteilchirurgie roboterassistierte Eingriffe an - und zwar interdisziplinär.“ Einsatzgebiete sind die Thorax-, Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie die Fachbereiche Gynäkologie und Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde. Das Klinikum Bielefeld ist das einzige Krankenhaus in OWL, das beide Systeme anbietet. Die Chirurgen im Klinikum freuen sich über die neuen elektronischen Kollegen im Team, die fünf Tage pro Woche im Einsatz sind. &bdquo;Die minimalinvasive Chirurgie mit Roboterunterstützung bietet Patienten und auch uns Operateuren viele Vorteile“, erklärt Daniel Valdivia, Chefarzt der Klinik für Thoraxchirurgie. &bdquo;Patienten profitieren von kürzeren Schnitten, weniger Blutverlust, geringerer Komplikationsrate, weniger Schmerzen, guten kosmetischen Ergebnissen, schnellerer Genesung und kürzeren Klinikaufenthalten.“ Operateure können laut Valdivia entspannter arbeiten, weil sie sich nicht mehr stundenlang über Patienten lehnen müssen. Roboter übertreffen viele menschliche Fähigkeiten Insgesamt erhöht Roboterunterstützung laut Valdivia die Patientensicherheit im Operationssaal. &bdquo;Der Roboter übertrifft die Fähigkeiten der menschlichen Hand, weil er freier in der Bewegung ist und nicht zittert.“ Eine menschliche Hand benötige etwa fünf Zentimeter Platz, die des Roboters nur einen Zentimeter. Zudem ermögliche das Auge des Roboters - eine Kamera -, dem Operateur einen 3D-Blick in das Innere des Patienten. &bdquo;Nötig ist dafür nur ein kleiner Schnitt, denn das System zeigt die Aufnahmen in zehnfacher Vergrößerung an.“ Übertragen wird dieses Bild auch auf einen großen Bildschirm im Operationssaal, so dass auch das gesamte Team die Arbeit des Chirurgen sehen kann. Das schafft nach Angaben von Gynäkologe Werner Bader auch Verbesserungen in der Ausbildung von Assistenzärzten und Medizinstudenten. &bdquo;So haben alle im Operationssaal ebenso gute Einblicke in das Innere des Patienten wie der Operateur“, erklärt der Chefarzt des Zentrums für Frauenheilkunde. &bdquo;Möglich sind Operationen auch mit zwei Systemen", ergänzt der leitende Oberarzt Andrius Klibavicius. Während einer Operation könne der Assistent übernehmen, aber der Hautoperateur jederzeit eingreifen. Patienten haben nur wenig Vorbehalte gegen die Hilfe von Robotern Auch mit Blick auf die Versorgung von Patienten durch Chirurgen, die sich immer weiter spezialisieren müssen, bietet die Roboterunterstützung nach Einschätzung von Chirurg Mathias Löhnert viele Vorteile. &bdquo;Diese Technik ermöglicht standortübergreifende Eingriffe. Der Operateur und der Patient müssen sich nicht mal in einem Land befinden. So kann Patienten unabhängig von ihrem Standort geholfen werden“, erklärt der Chefarzt der Klinik für Allgemeinchirurgie. Vorbehalte gegen Roboter werden bei Patienten nach Angaben von Chirurg Christoph Barkhausen immer seltener. &bdquo;Ab und an fragen uns Patienten noch, ob wir den Eingriff nicht beherrschen, wenn wir ihnen anbieten, einen Roboterarm als Unterstützung für den Eingriff zu nutzen. Doch vielen Patienten sind die Vorteile bereits klar.“ Bei dem Einsatz künstlicher Knie- oder Hüftgelenke ist die Roboterunterstützung laut Barkhausen nicht mehr wegzudenken. &bdquo;Vor der Arbeit mit dem Roboterarm mussten Patienten nach dem Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks zwölf Tage im Krankenhaus bleiben, bevor sie rehafähig waren. Inzwischen sind die meisten Patienten nach fünf Tagen soweit“, erklärt der kommissarischer Leiter der orthopädischen Klinik, in der bereits mehr als 1.000 Operationen mit dem Mako-Roboterarm durchgeführt wurden. Zudem ergeben sich nach Angaben des ärztlichen Direktors Holger Sudhoff durch den technischen Fortschritt immer neue Einsatzgebiete für die Roboter. &bdquo;Inzwischen sind auch Eingriffe im Mund und Rachen mit Roboterunterstützung möglich, wodurch die Versorgungsqualität steigt, weil Tumore sicher entfernt werden können und seltener Komplikationen auftreten“, erklärt der Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde.

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