Erst drei Monate alt: Ein neues Herz für Baby Harleen

Bad Oeynhausen. Als Vivian H. im Juni ihre Tochter Harleen zur Welt bringt, läuft alles wie geplant. Mutter und Tochter sind gesund und sollen das Krankenhaus nach drei Tagen wieder verlassen. Doch kurz vor der Entlassung läuft gar nichts mehr nach Plan, denn der Sauerstoffgehalt im Blut von Harleen ist viel zu niedrig. Untersuchungen zeigen, dass ihr Herz nicht richtig arbeitet, weshalb sie kurz darauf ins Herz- und Diabeteszentrum (HDZ) NRW nach Bad Oeynhausen verlegt wird. Dort beginnt eine Zeit, in der die frischgebackenen Eltern um das Leben ihrer Tochter bangen müssen, denn Harleen leidet an einem der schwersten angeborenen Herzfehler. &bdquo;Wir waren geschockt. Nichts deutete vor, während oder nach der Geburt daraufhin, dass Harleen so krank werden könnte“, sagt Vivian H., die ihren Familiennamen nicht öffentlich nennen möchte. Doch genau das passiert, denn Harleen leidet an einem angeborenen Herzfehler, dem hypoplastischen Linksherzsyndrom. Das war bis zum Ende der Schwangerschaft nicht bekannt. &bdquo;Die linke Herzkammer, die das Blut in den Körperkreislauf pumpen soll, ist unterentwickelt, und die Herzklappen sind verengt.“ Um zunächst die Herz- und Lungenfunktion sicherzustellen, muss Harleen drei Mal in Bad Oeynhausen operiert werden. &bdquo;Doch im September stand dann fest, dass sie nur überleben wird, wenn sie ein Spenderherz bekommt“, erklärt Vivian H. &bdquo;Das war ein Tiefschlag, denn wir haben lange gehofft, dass Harleen mit ihrem Herzen weiterleben kann. Außerdem wusste ja niemand, wann sie die Chance auf ein neues Herz bekommen würde.“ Kinder warten etwa zwei Jahre auf Spenderorgan Im September wird die damals drei Monate alte Harleen dann wie alle Kinder, die ein Spenderherz benötigen, mit höchster Dringlichkeit auf der Warteliste bei Eurotransplant gelistet. &bdquo;Auf unserer Station konnten wir Harleen zunächst noch einigermaßen stabil halten, ohne dass eine weitere große Operation, zum Beispiel die Implantation einer künstlichen Herzpumpe, notwendig geworden wäre“, erklärt Stephan Schubert, Direktor der Klinik für Kinderkardiologie und angeborene Herzfehler im HDZ. Kinder warten laut Schubert durchschnittlich etwa zwei Jahre auf ein Spenderorgan. &bdquo;Aber die tatsächliche Wartezeit im Einzelfall ist natürlich völlig ungewiss.“ Doch Harleen hat Glück, denn bereits nach 30 Tagen auf der Warteliste kommt der entscheidende Anruf. Die Stiftung Eurotransplant meldet sich im Oktober im HDZ mit einem Angebot für Harleen. &bdquo;Wichtig bei Kinder-Herztransplantationen ist, dass das Spenderorgan ungefähr mit der Größe des Herzens des Empfängers übereinstimmt, doch in der Regel können Herzen auch dann noch transplantiert werden, wenn sie nahezu doppelt so groß sind“, erklärt Kinderherzchirurg Eugen Sandica, der Harleen transplantiert hat und das Kinderherzzentrum mit Schubert leitet. &bdquo;Als Faustregel gilt, dass ein Kind, das 15 Kilogramm wiegt, das Herz von einem Kind erhalten kann, das 30 Kilogramm wiegt.“ Das Herz eines gesunden Säuglings sei etwa so groß wie eine Walnuss. &bdquo;Doch kranke Herzen sind oft vergrößert und schaffen so vorab Platz im Brustkorb für größere Spenderorgane.“ Der entscheidende Anruf: Die Familie erlebt Gefühlschaos Als Harleens Eltern von dem Angebot erfahren, erleben sie ein Gefühlschaos. &bdquo;Zum einen waren wir erleichtert, glücklich und dankbar für die Chance. Zum anderen hatten wir große Angst wegen der schweren Operation und empfanden Trauer für die andere Familie, die gerade ihr Kind verloren hatte“, sagt Vivian H. Der Tag der Herztransplantation bewegt die Familie deshalb auch heute noch sehr. &bdquo;Das waren die längsten Stunden unseres Lebens, doch als der Anruf von Professor Sandica kam, dass es Harleen gut geht und ihr neues Herz pumpt, sind alle Sorgen von uns abgefallen." Auf der Intensivstation treffen die Eltern dann auf ein völlig verändertes Kind. &bdquo;Trotz der vielen Schläuche und Geräte war sie wie ausgewechselt. Wach, beweglich und mit ordentlich Farbe im Gesicht. Vor der Transplantation war sie immer sehr schwach und blass und hatte Augenringe und blaue Fingerspitzen", erklärt Vivian H. Inzwischen konnte die Familie die Klinik verlassen, nach Hause ins Tecklenburger Land zurückkehren und das erste Mal Familienalltag erleben. &bdquo;Wir sind dem Kinderherzzentrum unendlich dankbar“, sagt Vivian H. &bdquo;Für uns ist es das schönste Weihnachtsgeschenk, denn wir wussten ja lange nicht, ob wir dieses Fest mit unserer Tochter überhaupt erleben dürfen. Wir freuen uns jetzt über jeden neuen Tag.“

Meistgelesen