Rechtsextreme, Querdenker und Co. treffen sich bei Rockern in Lippe

Tim K. ist Autor, Ex-Polizist und YouTuber. 400.000 Menschen folgen ihm alleine auf der Video-Plattform. Doch K. ist auch Rocker-Chef der Gruppe Brothers Guard MC in Horn-Bad Meinberg - und er wird von den Behörden der rechtsextremistischen Szene zugeordnet. Bei Feiern der Rocker-Gruppe kommen mittlerweile auch weitere bekannte Rechtsextreme und Personen, die der Reichsbürger-Szene nahestehen. Was steckt dahinter? Er nennt es sein "großes Comeback". Immerhin hatte K. eine schwere Krankheit zurückgeworfen. Zum Sommerfest des Brothers Guard MC "Salt City" (laut Polizei zehn bis 15 Mitglieder) kamen laut Angaben des YouTubers "700 Bikes und tausende Gäste" Mitte August in das kleine Örtchen Horn-Bad Meinberg im Kreis Lippe. Kein Wunder, immerhin folgen K. bei YouTube, Facebook und Telegram mehrere hunderttausend Menschen, viele Fans dürften angereist sein. Doch wer ist Tim K. eigentlich? K. war früher Polizist in Bielefeld. Wohl seine persönlichen Verhältnisse zu Mitgliedern der Bielefelder Hells Angels wurden ihm zum Verhängnis, er verlor seinen Job. Später schrieb er ein Buch über die Ereignisse. Danach folgten weitere Werke, teils autobiografisch - teils Abrechnungen mit der Flüchtlingspolitik der Regierung. Seinen Bezug zur Rocker-Szene, so schreibt es K., hatte er offenbar nie wirklich verloren und bewegte sich im Umfeld verschiedener sogenannter "Outlaw Motorcycle Gangs", kurz OMCGs, die im Fokus der Polizei stehen. 2015 gründete K. mit anderen Personen, teils Ex-Mitgliedern von großen Rockerclubs wie den Bandidos, den Brothers MC mit Chaptern im Rheinland - und im Kreis Lippe. Hier ist K. Chef. Der Brothers MC wird vom Landeskriminalamt noch immer als polizeilich relevant eingestuft. Irgendwann gab es internen Streit, K.s Club spaltete sich von den übrigen Ortsgruppen ab. Vor einigen Monaten benannte sich der Club schließlich in "Brothers Guard" um. Videos beliebt bei Querdenkern Zu dem Zeitpunkt hatte K. bereits einen YouTube-Kanal. Hier landen täglich rechtspopulistische Inhalte. Mal geht es gegen die Regierung. Mal geht es gegen die Corona-Maßnahmen. Mal geht es gegen Politiker. Nicht zuletzt deshalb schreiben die Sicherheitsbehörden in Berichten von einem "reichweitenstarken und der rechtsextremistischen Szene zugeordneten YouTuber". Seine Videos landen hundertfach in den Gruppen von Querdenkern und Co., viele seiner Fans sind in dieser Szene zu verorten. Der Bielefelder Staatsschutz urteilt mit Blick auf die Club-Feiern: "Aufgrund der in seinen Veröffentlichungen staatskritischen Äußerungen K.s, liegt der Verdacht nahe, dass Personen teilnehmen, die diese Haltung teilen." Die Nähe zu Rechtsextremisten scheint K. ebenfalls nicht zu scheuen: Auf einer Corona-Demo in Lippstadt spazierte er gemeinsam mit einem ehemaligen Funktionär der verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" aus Lippe, später postete K. ein gemeinsames Bild. Vor Jahren stand er mit Martin Sellner, Chef der Identitären Bewegung in Österreich, vor der Kamera. Mehrfach war er als Gast auf der Bühne bei Veranstaltungen eines Vereins aus Paderborn, der dem AfD-Flügel zugerechnet wird. Im Internet setzt er sich aktuell gemeinsam mit dem Frontmann der rechtsextremen Band Kategorie C aus Bremen für den Tierschutz ein, tauchte in seinem neuesten Musikvideo auf. Es gibt weitere Beispiele, für entsprechende Vernetzungen in die rechtsextreme Szene. Und auch bei seiner "Comeback-Party" baute er offenbar ein Netzwerk mit einem weiteren Rechtsextremisten. Tim K. steht im Fokus der Sicherheitsbehörden Andy H. ist Frontmann der rechtsextremen Band "Wutbürger" aus dem Raum Berlin-Brandenburg, steht dort unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Er besuchte K. bei seiner "Comeback-Party". Später schreibt die Band in sozialen Medien, man freue sich auf "gemeinsame Projekte". Unter weiteren Besuchern der Feier waren auch Anhänger der Corona-Proteste - und Peter R., der in sozialen Medien esoterische Botschaften verbreitet. In der Vergangenheit suchte er die Nähe zu den Reichsbürgern des "Königreichs Deutschland", gab SpiegelTV bei einem entsprechenden Besuch gar ein Interview. Auch bei R. sind Reichsbürger-Tendenzen zu erkennen. Mittlerweile sind die Sicherheitsbehörden auch alarmiert. Beim Verfassungsschutz steht K. bereits im Fokus. In NRW berichtet der Nachrichtendienst in seinem Zusammenhang vom "einem der bedeutendsten Influencer innerhalb der Delegitimierungsszene", also dem Milieu der Corona-Demonstranten. "Das markanteste rhetorische Stilmittel von Kellner ist Ironie, womit er einerseits unterhalten, und andererseits seine menschenrechts- und demokratiefeindlichen Äußerungen verbrämen möchte", urteilen die Verfassungsschützer, denen K.s Verbindungen in die rechtsextreme Szene bekannt sind: "K.s Aktivitäten tragen zu einer Entgrenzung des Extremismus bei, indem er versucht, Anschlussfähigkeit in der Gesellschaft für extremistische Positionen zu erzielen." Mittlerweile sind die regelmäßigen Clubfeiern so manchem Nachbarn der Rocker offenbar ein Dorn im Auge. Die Polizei berichtet, dass es unter anderem zu Beeinträchtigungen der Anwohner durch Falschparken, Lärmbelästigung und wildes Urinieren kam. Tim K. ließ eine Anfrage von nw.de unbeantwortet. (lb)

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