Wie wird NRW nun regiert? Wüst will mit allen Demokraten sprechen

Düsseldorf. Als die CDU-Mitglieder bereits ausgelassen das Wahlergebnis feiern, kommt plötzlich ein alter Bekannter vorbei, der ein bisschen bedröppelt reinschaut und den Abend mit durchaus gemischten Gefühl betrachtet haben dürfte: Armin Laschet, seit einem halben Jahr als einfacher Abgeordneter im Berliner Bundestag, hat die Weichen für den Wahlerfolg der CDU in NRW gestellt. Der Aachener hatte den Koalitionsvertrag 2017 mit der FDP ausgehandelt und Wüst zunächst zum Verkehrsminister – und dann zu seinem Nachfolger gemacht. Wüst wiederum ist es in einem halben Jahr gelungen, die Arbeit der CDU innerhalb der Landesregierung ohne Fehler und Pannen möglichst gut zu vermarkten. Nicht Laschet, sondern er ist nun der neue starke Mann in der CDU, der großen Einfluss auf das Gesicht der neuen NRW-Regierung haben wird. Doch allein hat Wüst das nicht in der Hand. Zwar könnte der 46-Jährige nun theoretisch zwischen einem Bündnis mit den Grünen sowie mit der SPD wählen, doch zumindest Letzteres gilt in NRW bislang als sehr unwahrscheinlich. Und auch Sondierungsgespräche mit den Grünen dürften kein Zuckerschlecken für die CDU werden, da die Partei ein großes Interesse haben dürfte, den Preis für einen Bündnis-Beitritt möglichst hoch zu treiben. Dabei spielt den Grünen in die Karten, dass sie rechnerisch ja auch noch auf eine Ampel-Koalition ausweichen könnten. Am Tag nach der Wahl gab es indes für beide Varianten ersten Gegenwind. Stamp: Frage nach einer Ampel in NRW stelle sich nicht Ein sichtlich gefrusteter FDP-Spitzenkandidat Joachim Stamp dämpfte am Montag die Erwartungen für ein solches Bündnis. Die Frage nach einer Ampel in NRW stelle sich nicht, es werde jetzt &bdquo;Schwarz-Grün“, sagte der bisherige Vize-Regierungschef trotzig und fügte an: Die CDU werde für den Ministerpräsidentenposten im Zweifelsfall &bdquo;sämtliche Inhalte preisgeben“. Aus seinem Ärger über die Wahlschlappe und den bisherigen Koalitionspartner CDU versuchte Stamp offenbar keinen Hehl zu machen. Auch FDP-Chef Christian Lindner sieht für eine Ampel in NRW &bdquo;keine innere Legitimation“. Kutschaty sieht den Wahlgewinner am Zug Etwas zurückhaltender als noch am Wahlabend äußerte sich auch SPD-Landesparteichef Thomas Kutschaty, der das Erstvorschlagsrecht für Koalitionssondierungen &bdquo;beim Wahlgewinner“ sieht. Gleichwohl stünden er und die SPD für Gespräche mit Grünen und FDP und auch mit der CDU bereit, so Kutschaty, der am Abend Gespräche im Landesvorstand führte und sich heute auch im Kreise des SPD-Fraktionsvorstands berät. Mit dabei ist auch der Herforder Abgeordnete Christian Dahm. Der 58-Jährige konnte seinen Wahlkreis mit einem Ergebnis über dem Landestrend (36,6 Prozent) verteidigen, zeigte sich aber im Gespräch mit dieser Zeitung beim Blick auf das Abschneiden der SPD in OWL und NRW &bdquo;ein bisschen betrübt“. Für die nächsten Tage sei es wichtig, keine &bdquo;vorschnellen“ Personalentscheidungen zu treffen, empfiehlt der Fraktionsvize. Über die Hälfte der SPD-Fraktion sei neu; es bedürfe &bdquo;Ruhe und Beständigkeit“, so Dahm. Man solle keine &bdquo;vorschnellen“ Konsequenzen ziehen. Den Ball für Sondierungsgespräche sieht der Herforder klar im Feld von CDU und Grünen. &bdquo;Aber wenn die nicht zustandekommen, stehen wir als SPD bereit.“ Eine Einigung auf ein Bündnis selbst bis zu den Sommerferien sei &bdquo;ambitioniert“, so Dahm. Während am Tag eins nach der NRW-Wahl eine Ampel-Koalition somit zumindest nicht realistischer wirkte, gab es auch für ein mögliches Bündnis von CDU und Grünen ersten Gegenwind. Sie würde sich mit Schwarz-Grün &bdquo;sehr schwer tun“, ließ die Grüne Jugend NRW in einer Mitteilung wissen. Die CDU könne &bdquo;keine verlässliche Partnerin“ zur Bekämpfung der Klimakrise sein. Diplomatischer zeigte sich im Gespräch mit nw.de die Grünen-Politikerin Sigrid Beer aus Paderborn, die nach 17 Jahren nicht mehr erneut für den Landtag kandidiert hatte – aber bei Gesprächen vorerst weiter dabei ist. Es sei wichtig, dass jetzt alle demokratischen Parteien miteinander sprechen würden und sich sortierten, so Beer. &bdquo;Dann müssen wir Grüne schauen, wo wir uns inhaltlich am besten wiederfinden.“ Ihre Partei verzeichnet auch in der Region große Erfolge. Künftig werden fünf OWL-Abgeordnete der Grünen im Landtag vertreten sein. &bdquo;Über diesen enormen Zugewinn habe ich mich sehr gefreut“, so Beer. NRW-Wirtschaft für Schwarz-Grün Aus der Wirtschaft kamen derweil erste positive Reaktionen. NRW-Unternehmerpräsident Arndt Kirchhoff sprach sich für ein schwarz-grünes Regierungsbündnis in NRW aus. &bdquo;Trotz programmatischer Unterschiede kann in einer solchen Koalition eine echte Chance liegen“, sagte er. Wüst und Grünen-Chefin Mona Neubaur ließen sich gestern nicht in die Karten schauen. Es gehe nun darum: &bdquo;Wie kriegen wir es hin, das, wofür wir gewählt wurden, möglichst stark in einer nächsten Regierung zu verankern?“, sagte Neubaur am Abend. Wüst teilte nach einer Sitzung des Landesvorstands am Abend mit, dass man mit allen demokratischen Parteien Gespräche führen wolle und dazu nun Einladungen verschicke. Sein Ziel sei ein &bdquo;Zukunftsbündnis auf Augenhöhe“, geprägt von &bdquo;gegenseitigen Respekt und Vertrauen“, so Wüst.

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