Sorge um Stahlbranche

Krise bei Thyssenkrupp: Fallen Tausende Arbeitsplätze in NRW weg?

Pläne des Industrie-Giganten verunsichern Beschäftigte und Gewerkschaften im Land. Auch die Rolle von Ministerpräsident Wüst rückt nun ins Zentrum der Debatte.

Das Unternehmen Thyssenkrupp mit Sitz in Duisburg und Essen steht vor großen Veränderungen – und stimmt auf schwierige Zeiten ein. | © Fabian Strauch/dpa

Ingo Kalischek
04.06.2025 | 04.06.2025, 14:03

Düsseldorf. In Duisburg sind am Mittwoch Tarifverhandlungen bei Thyssenkrupp gestartet. Das Unternehmen will in seiner Stahlsparte 11.000 Arbeitsplätze abbauen. Mit der Gewerkschaft spricht der Konzern jetzt über einen Sozialplan. Derweil mehren sich Appelle an die Landesregierung, sich konkret einzumischen.

„Wo ist Wüst, wenn es wichtig wird für NRW?“, fragte SPD-Fraktionschef Jochen Ott am Mittwoch während einer Plenardebatte im Landtag. Seit Monaten höre man vom NRW-Ministerpräsidenten nichts, wenn es um die Zukunft des Konzerns gehe, sagte Ott und warf Wüst vor, Thyssenkrupp „abgeschrieben“ und „zu den Akten gelegt“ zu haben.

Das Unternehmen mit weltweit knapp 100.000 Mitarbeitenden steckt in der Krise und hat vor wenigen Tagen Pläne untermauert, seine Stahlsparte ausgliedern zu wollen, um schlanker und effizienter zu werden. 5.000 Stellen sollen bis Ende 2030 abgebaut und weitere 6.000 ausgelagert werden. Zudem will die Konzernleitung mit Sitz in Essen und Duisburg weitere Sparten verselbstständigen und für die Beteiligung Dritter öffnen.

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SPD bringt eine Beteiligung des Staates ins Spiel

Die SPD fordert die schwarz-grüne Landesregierung auf, die Beschäftigten des Unternehmens konkret zu unterstützen – und bringt unter anderem eine Staatsbeteiligung ins Spiel. Auch die AfD wirft dem Land vor, dem Unternehmen einerseits 700 Millionen Euro Förderzusagen für den klimaneutralen Umbau eines Hochofens gemacht zu haben. Und andererseits dafür keine Gegenleistung vereinbart zu haben.

SPD-Fraktionschef Jochen Ott wirft NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) mangelnden Einsatz in der Causa Thyssenkrupp vor. - © Roberto Pfeil/dpa
SPD-Fraktionschef Jochen Ott wirft NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) mangelnden Einsatz in der Causa Thyssenkrupp vor. | © Roberto Pfeil/dpa

Insgesamt stellt die deutsche Politik sogar zwei Milliarden Euro bereit. „Als Dank zerschlägt Thyssenkrupp jetzt den Konzern“, sagte der AfD-Abgeordnete Christian Loose und warf den anderen Parteien vor, mit Blick auf die Umbaupläne hin zu grünem Stahl „klimabesoffen“ zu sein. Der Stahlbereich werde systematisch gegen die Wand gefahren und 11.000 Familien würden „betrogen“, sagte Loose mit Blick auf den drohenden Arbeitsplatzverlust.

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FDP-Fraktionschef Henning Höne hielt NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) vor, dass das Land nun schon im dritten Jahr ohne Wachstum bleibe. Seitdem Neubaur Wirtschaftsministerin sei, trete die Wirtschaft auf der Stelle, meinte der FDP-Politiker. Schwarz-grüne Wirtschaftspolitik in diesem Land bedeute: „Die Grünen machen Politik und die Wirtschaft sieht schwarz“, sagte Höne.

Die CDU wirft der Opposition hingegen „billige Argumentationsketten“ und einen „hektischen Kampf um die nächste Überschrift“ vor. Die Landesregierung beschäftige sich „ehrlich“ mit der Stahlindustrie, beteuerte CDU-Mann Jan Heinisch. Die Probleme in der Stahlbranche seien nicht nordrhein-westfälischer, sondern weltweiter Natur.

Grüne Ministerin: Für Entlastungen ist der Bund zuständig

Neubaur ging in ihrer Rede nicht direkt auf das Unternehmen ein, sondern verwies ebenfalls auf internationale Herausforderungen und darauf, dass andere Länder den Stahlmarkt in Europa derzeit fluteten. Zudem sagte die Grünen-Politikerin, dass sie seit zwei Jahren eine Entlastung bei den Energiepreisen fordere – wofür der Bund zuständig sei.

NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erteilte SPD-Forderungen nach einer Staatsbeteiligung oder einem Sitz im Aufsichtsrat bei Thyssen eine Absage. Zudem nahm er den stark umstrittenen Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López indirekt in Schutz.

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Es sei Aufgabe eines Vorstandsvorsitzenden, Vorschläge zu machen, wie das Unternehmen eine gute Zukunft haben könne. „Das ist sein Job“, betonte Laumann. Doch natürlich sei in den vergangenen Wochen Vertrauen verloren gegangen. Zur Rolle der Landesregierung stellte Laumann grundsätzlich klar: „Wir übernehmen hier Verantwortung, aber wir ersetzen nicht den Unternehmer.“