Vergewaltigungen am Krankenhausbett: Worum ging es bei der Durchsuchung?

Bielefeld. Als die Polizei Bielefeld und die Staatsanwaltschaft Duisburg das Evangelische Klinikum Bethel (EvKB) am Mittwochnachmittag verlassen, haben sie mehrere Akten und Daten beschlagnahmt. Zuvor lief über Stunden eine Durchsuchung in dem Krankenhaus. Worum ging es? Rückblick: Der Assistenzarzt Philipp G. (32) betäubte und vergewaltigte zwischen 2019 und 2020 mehr als 30 Frauen, zum Teil auch aus seinem privaten Umfeld. Seine Taten filmte er. Obwohl sich mehrere Patientinnen über G. beschwerten - offenbar soll es bereits Anfang 2019 erste Beschwerden gegeben haben - konnte der Arzt weiter praktizieren. Bis die Ermittler G. schließlich auf die Schliche kommen: Im April 2020 wird seine Wohnung durchsucht, im September wird er festgenommen. Der damals 32-Jährige tötet sich darauf in seiner Zelle selbst.Die Ermittlungen - inzwischen in der Hand der Staatsanwaltschaft Duisburg - richten sich mittlerweile gegen die Vorgesetzten von G. Es geht um die Frage, ob sie wegen der Beschwerden und Indizien gegen den jungen Assistenzarzt früher hätten handeln müssen. Und ob der Serienvergewaltiger hätte gestoppt werden können.Stefanie Höke ist Anwältin und vertritt gleich mehrere Patientinnen, die im EvKB von G. vergewaltigt wurde. "Meine Mandantinnen sind generell froh, dass Bewegung in den Fall kommt. Das war lange Zeit nicht der Fall." Immerhin hatte die Bielefelder Staatsanwaltschaft und später auch die Generalstaatsanwaltschaft Hamm die Ermittlungen eingestellt und sich dazu entschieden, die unwissenden Opfer nicht zu informieren. Das NRW-Justizministerium übergab den Fall schließlich der Staatsanwaltschaft Duisburg - die die Entscheidung getroffen hat, die Opfer doch zu informieren. Zudem wird nun wieder gegen Vorgesetzte ermittelt.Patienten- und Personalakte beschlagnahmt Polizei und Staatsanwaltschaft beschlagnahmten bei der Durchsuchung am Mittwoch unter anderem die Personalakte des verstorbenen Assistenzarztes sowie Unterlagen im Zusammenhang mit der krankenhausinternen Überprüfung der Tätigkeit des Assistenzarztes. Die Beamten nahmen aber auch Patientenakten mit. Die Beweismittel wurden sowohl in Papierform, als auch als elektronische Unterlagen mitgenommen. Anwältin Stefanie Höke berichtet von einer Mandantin, die im Frühjahr 2020 von G. im Klinikum betäubt und vergewaltigt wurde. Sie habe sich noch daran erinnern können, dass ihr der Assistenzarzt in der Nacht etwas gespritzt habe. Sie sprach den Vorfall im Krankenhaus an. "Daraufhin wurde ihr Blut abgenommen", sagt Höke. Angeblich ein Coronatest. Später habe sich das Vergewaltigungsopfer auf Anraten der Anwältin ihre Patientenakte abgeholt. Doch darin sei die Blutentnahme nie aufgetaucht.G. durfte Propofol nicht verwenden Doch weil ihre Mandantin eine private Versicherung habe, liege ihr noch immer die Rechnung von einem medizinischen Labor über die Untersuchung vor. "Es ist also nachweisbar, dass die Untersuchung stattgefunden hat", sagt Höke. Sie halte es für möglich, dass durch den Bluttest untersucht werden sollte, ob ihr das Betäubungsmittel Propofol gespritzt worden war. Dieses Betäubungsmittel soll G. für seine Taten genutzt haben, um die Patientinnen zu narkotisieren. Eine Frau fand zum Beispiel ein Fläschchen des Medikaments morgens in ihrem Bett. Allerdings: In einem internen Gesprächsprotokoll des Klinikums soll G. nach Informationen von nw.de der Umgang mit dem Medikament untersagt worden sein. Grund für das Gespräch zwischen G. und mehreren leitenden Ärzten im Frühjahr 2020 sind wiederholte Vorwürfe gegen G. durch Patientinnen sowie verdächtige Beobachtungen durch Pflegekräfte. G. soll seine Vergewaltigungsserie dennoch fortgeführt haben.Die Staatsanwaltschaft Duisburg will sich zu Details nicht weiter äußern. Auch nicht auf die Frage, ob es Hinweise darauf gibt, dass weitere Akten von Opfern unvollständig sind oder Akten womöglich manipuliert wurden. Die Ermittlungen laufen weiter, das Klinikum Bethel betont immer wieder, mit den Ermittlungsbehörden umfangreich zu kooperieren. Höke und ihre Mandantinnen haben derweil nur ein Ziel: "Dass der Fall aufgeklärt wird. Wieso konnte der Assistenzarzt trotz all der Hinweise weiter praktizieren?" Alle weiteren Berichte zu dem Fall des Serienvergewaltigers gibt es hier.

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