Kampf gegen Ärztemangel: Medizinfakultät OWL in Rekordzeit aufgebaut

Bielefeld. In OWL ist in Rekordzeit die erste medizinische Fakultät entstanden, um dem Ärztemangel in der Region zu begegnen. Nur vier Jahre nach der Koalitionsvereinbarung der schwarz-gelben NRW-Landesregierung, eine medizinische Fakultät in OWL zu errichten, haben Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nun den Lehrbetrieb der medizinischen Fakultät OWL an der Universität Bielefeld eröffnet. Am 11. Oktober werden die ersten 60 Studenten ihr Medizinstudium beginnen. &bdquo;In NRW kann damit nun an acht staatlich getragenen Universitäten Medizin studiert werden. Davon profitieren die Studenten und der Gesundheitsstandort NRW, insbesondere die medizinische Versorgung in OWL", sagt Pfeiffer-Poensgen. Abgeschlossen ist der Aufbau der Fakultät jedoch noch nicht: &bdquo;Bis 2025 wird die Zahl der Studenten auf jährlich 300 anwachsen. Dafür wird die Universität bis zum Sommersemester 2026 insgesamt acht neue Gebäude aufbauen." Medizinerausbildung mit dem Schwerpunkt Allgemeinmedizin Zudem setzt die Universität in der Ausbildung ihrer Medizinstudenten den Schwerpunkt Allgemeinmedizin als Vorgabe der Landesregierung um. Die Medizinstudenten absolvieren ihre Ausbildung nach Angaben von Gründungsdekanin Claudia Hornberg deshalb nicht nur im Universitätsklinikum OWL, das aus dem evangelischen Klinikum Bethel, dem Klinikum Lippe und dem Klinikum Bielefeld besteht, sondern auch in Arztpraxen. &bdquo;Für die ersten 60 Studenten stehen dafür 60 Lehrpraxen in OWL bereit", sagt Hornberg. Damit zeigt die Universität laut Laumann, dass sie eine neue Generation von Medizinern ausbilden wird: &bdquo;Die hausärztliche Versorgung ist eine unverzichtbare Basisversorgung für die gesamte Bevölkerung in NRW. Der Hausarzt ist erster Ansprechpartner, Wegweiser im komplizierten Gesundheitssystem und uneigennütziger Ratgeber, deshalb müssen wir die Allgemeinmedizin stärken." Neben der Einführung der Landarztquote, zusätzlichen Professuren für Allgemeinmedizin an allen medizinischen Fakultäten in NRW und einem Förderprogramm für Hausärzte in unterversorgten Regionen ist die neue medizinische Fakultät OWL laut Laumann der zentrale Baustein für die Verbesserung der medizinischen Versorgung in OWL. &bdquo;Wir hoffen darauf, dass der Region viele der neuen Mediziner auch als praktizierende Ärzte erhalten bleiben. OWL hat nämlich viel zu bieten." Neue Ärzte sollen Gesundheitsversorgung revolutionieren Bei der Eröffnung der neuen Fakultät sind einige wenige Studenten im neuen Hörsaal bereits zu sehen. Verbunden ist der Studienstart mit hohen Erwartungen an die Studenten. Die 60 Studenten, die im Oktober ihr Medizinstudium beginnen, werden in etwa zehn Jahren als Ärzte praktizieren dürfen. Nach Wünschen der Landesregierung, der Universität und den ärztlichen Berufsverbänden sollen sie nicht nur die ambulante Versorgung in den Kliniken und Praxen in OWL verbessern, sondern als neue Generation von Ärzten auch die medizinische Versorgung einer älter und damit kränker werdenden Gesellschaft revolutionieren, Patienten in den Mittelpunkt ihres Handels stellen und Hierarchiedenken im Umgang mit anderen Gesundheitsberufen abbauen. Ob die Studenten diese hohen Erwartungen erfüllen können, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Doch die Universität geht dafür neue, noch nicht erprobte Wege mit einem Modellstudiengang, der neben der Allgemeinmedizin die Schwerpunkte Interprofessionalität und Interdisziplinarität, Technik und Zukunftsorientierung sowie Wissenschaftlichkeit setzt. Bundesweit freuen sich Ärzte über die Medizinfakultät OWL &bdquo;Ich bin überzeugt, dass wir mit unserem innovativen Modellstudiengang wie auch mit unserem universitätsmedizinischen Forschungsprofil Medizin für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen unseren Beitrag zur Medizin der Zukunft leisten", sagt Universitätsrektor Gerhard Sagerer. &bdquo;Wir bilden in OWL Ärzte aus, die sehr früh praktisch arbeiten. Ziel ist Medizin für alle Menschen und das ist nur möglich mit Kontakt zu Betroffenen, wie Menschen mit Behinderungen, die uns sagen, was sie brauchen", ergänzt Gründungsdekanin Hornberg. Beeindruckt von dem Pioniergeist der Universität, verbinden Mediziner auch außerhalb der Region die medizinische Fakultät OWL mit einer neuen Generation von Ärzten. &bdquo;Mit dem Forschungsprofil Medizin für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen hat die Universität Bielefeld ein Alleinstellungsmerkmal, das wie kein anderes Thema für die Zukunft der Medizin steht", sagt der Direktor der Universitätsklinik für Neurologie an der Universität Magdeburg, Hans-Joachim Heinze, Vorsitzender des medizinischen Beirats für den Aufbau der medizinischen Fakultät OWL. &bdquo;Die ärztliche Versorgung wird komplexer" &bdquo;Die ärztliche Versorgung wird komplexer. Klimakrise, Digitalisierung und nicht zuletzt die Corona-Pandemie zeigen uns, dass insbesondere die hausärztliche Versorgung vor immer neuen Herausforderungen steht. Darauf müssen Ärzte vorbereitet werden", sagt Martin Scherer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Diesen neuen Aufgaben können Mediziner nach Ansicht von Hans-Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, jedoch nur gerecht werden, wenn sie interprofessionell arbeiten. &bdquo;Bewältigt werden kann diese Komplexität nur in Zusammenarbeit mit den anderen Gesundheitsberufen, und zwar auf Augenhöhe." &bdquo;Wir brauchen Mediziner, die nah am Patienten sind" Zudem fordert Gehle eine Stärkung der Kommunikation zwischen Ärzten, Patienten und auch Angehörigen. &bdquo;Wir brauchen Mediziner, die nah am Patienten sind und diese und ihre Angehörigen bei allen Entscheidungen mit verständlichen Worten mitnehmen." Dafür setzt sich auch Christiane Muth, Lehrstuhlinhaberin der Allgemein- und Familienmedizin der medizinischen Fakultät OWL, ein: &bdquo;Ziel der Medizinerausbildung in OWL ist, dass Ärzte mit ihren Patienten individualisierte Therapien entwickeln und Patienten nach ihren individuellen Risiken und Schweregraden ihrer Erkrankung beurteilen, um sie vor zu viel Medizin zu bewahren." All diese Pläne und Hoffnungen begeistern Mediziner Eckart von Hirschhausen, der als Moderator durch die Eröffnung führt, für ein erneutes Medizinstudium: &bdquo;Wenn ich noch mal studieren könnte, wüsste ich, wo: in Bielefeld."

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